Mythen, Macht + Menschen durchschaut!. Christoph Zollinger

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Mythen, Macht + Menschen durchschaut! - Christoph Zollinger


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Was verändert werden soll? Wirtschaftliche Konzepte, politische Strukturen, gesellschaftliche Usanzen.

      Verändern zu wollen heißt auch kritisieren. Dies wiederum hat nichts damit zu tun, dass ich die Schweiz schlecht machen will. Das Gegenteil trifft zu. Doch, nochmals: Was gut bleiben soll, muss sich rechtzeitig verändern. Und schließlich war auch Albert Einstein überzeugt: »Ich gedenke, in der Zukunft zu leben.«

      Gehandelt

      Während 40 Jahren war ich an vorderster Front im Food-Detailhandel involviert bei der Veränderung dieser Landschaft. In den Führungsetagen bei Denner (1. Discounter der Schweiz), Metro (1. Cash+Carry Europas), Jelmoli (1. Warenhaus mit Food-Center) pflügten wir in diesen Pionierfirmen eine ganze Branche radikal um (1961–1981). Als selbständiger Unternehmensberater habe ich in der Folge – oft auch gegen Widerstände von Firmeninhabern, sogenannten Patriarchen – als Erster in der Schweiz neue Verkaufsformen eingeführt (1981–2001), über deren Rentabilität sich meine Auftraggeber nicht zu beklagen hatten und die langfristig Erfolge generierten. Diese modernen Konzepte (Autobahnshops, Tankstellenshops, Hotelshops, Bahnhofshops APERTO, Globus DELICATESSA etc.) waren ihrer Zeit voraus.

      Als Gemeinderat (Exekutive) meines Wohnorts Kilchberg handelte ich (1994–2002), nachdem ich mich vorgängig als politischer Schreibtischtäter nicht nur beliebt gemacht hatte (Pseudonym »Libero«). Und siehe da: Entgegen der landläufigen Meinung, sie, die Politik, bewege sich kaum, ließ sie sich durchaus bewegen: So gründete ich – als Sozialvorstand – den Jugendverein, den Jugendtreff, die Kinderkrippe, den Mittagstisch für Schülerinnen und Schüler, den regionalen »Runden Tisch« für Altersfragen.

      Was die Gesellschaft betrifft, habe ich aktiv die Idee verfolgt, dass politische Mitwirkung nicht parteigebunden sein muss. 10 Jahre (2002–2012) koordinierte ich motivierte Kilchbergerinnen und Kilchberger bei ihrer Arbeit in Behörden und Kommissionen der Gemeinde (Vereinigung der Parteilosen, Kilchberg).

      Engagierte Menschen aus der Bevölkerung in politischen Ämtern aktiv werden zu lassen, ohne vorgängig Parteikarriere gemacht zu haben, hat sich zu einem Erfolgsmodell entwickelt; die Parteilosen in Kilchberg sind inzwischen klar die zweitstärkste politische Kraft. Ja, sie sind, seit 2011, vielleicht so etwas wie ein Musterbeispiel für die Entwicklung der Parteilosenidee auf nationaler Ebene.

      Die Suche nach dem roten Faden über die nächsten Seiten will ich nicht erschweren. Schon bald wird ja eine mehr oder weniger versteckte Absicht offensichtlich: Ich bin dezidiert gegen polarisierende Elemente in Politik und Wirtschaft. Mit Elementen sind »wichtige« Menschen und Machtträger gemeint. Die Brandstifter links und rechts außen auf der Politskala verhindern zu oft tragfähige und sinnvolle Lösungen. Diese Personen mögen ideologisch verblendet oder finanziell zu gut gepolstert sein. Ihr Gehabe entspringt einer perfektionierten, sektoriellen Wahrnehmungsfähigkeit. Das heißt im Klartext: Wer nur die eine Hälfte des Ganzen sieht, wird immer den Gegendruck der anderen Hälfte stärken und letztlich, statt langfristig weiterzukommen, an Ort treten.

      Gefunden

      Wenn ich in meinen Beiträgen und Büchern immer wieder Sokrates und andere Leuchtfiguren aus dem antiken Griechenland zitiere, so aus zwei Gründen. Im Allgemeinen: Es ist für mich schlicht staunenswert, was vor 2500 Jahren im alten Athen gedacht wurde. Im Speziellen zu Sokrates: »Erkenne dich selbst«, jene berühmte Aufforderung am Tempel des Apollon in Delphi, erinnert seither daran, wir sollten uns auf die Suche begeben, um an deren Ende schließlich zu erkennen, dass die Weisheit im Wissen um unsere eigene Unwissenheit besteht.

      Gesellschaft, Wirtschaft, Politik und – Philosophie. Das sind meine Themen als Zeitdiagnostiker. Ein wichtiger Bestandteil des Verstehenwollens unserer Zeit ist deren Durchschauen aus philosophischer Perspektive. Sowohl die Ergebnisse empirischer Forschung als auch die Ergebnisse wissenschaftlicher Erhebungen sind – das ist wenigstens meine Überzeugung – immer kritisch zu hinterfragen. Wie kämen wir sonst zu ethischen Fragen oder nachhaltigen Kriterien? Dazu eignet sich philosophisches Gedankengut aus 2500 Jahren. Tatsächlich können wir daraus eine Menge lernen. »Wir« heißt in diesem Fall jene unverbesserlich optimistische Gruppe von Menschen, die Geschichte und Philosophie als einander bedingend, beeinflussend und äußerst spannend und abenteuerlich erachten.

      Schreiben ist meine Leidenschaft. »Und wenn mich kein Mensch lesen wird, habe ich deswegen meine Zeit damit verloren, dass ich so manche müßige Stunden mit solch nützlichen und angenehmen Gedanken verbracht habe?«, fragte sich Montaigne schon vor einiger Zeit. Angesichts der eher bescheidenen Auflagen meiner Bücher erkenne ich mich in diesen Gedanken selbst; die aufmunternden Worte meiner Gattin, »da hast du etwas in die Welt gesetzt«, waren jedenfalls verdankenswerter Trost und beruhigende Motivation. Ich schreibe offensichtlich keine massenkompatiblen Bücher.

      Geschrieben

      Ich habe mich entschlossen, meine Aufsätze chronologisch, mit dem letzten beginnend, aufzuführen. Den Anfang macht deshalb eine Auswahl meiner 100 Internetkolumnen durchschaut!, die ab 2012 auch in der Internetzeitung »Journal 21« erscheinen.

      Meine Frau Käti hat meine Schreibwut und gelegentlichen gedanklichen Abwesenheitsphasen also während nunmehr über 30 Jahren erduldet. Dass wir beiden 2013 die Goldene Hochzeit feiern durften, spricht nochmals für Käti (aber nicht nur für sie). Wofür ihr ein ehrliches, gewaltiges Dankeschön gehört.

      Einen kleinen Teil dieses Werkes bilden Hinweise auf meine vier Bücher, seit 2002 publiziert:

      »EPOCHALER NEUBEGINN – Update nach 2500 Jahren« (2011)*, (*Trilogie)

      »2032 – Rückblick auf die Zukunft der Schweiz« (2008)

      »Die Debatte läuft – Ganzheitliche Thesen für Gesellschaft, Wirtschaft und Politik« (2005)*

      »Die Glaskugel-Gesellschaft – Transparenz als Schlüssel zur Moderne« (2002)*

      Diese Trilogie widerspiegelt meine jahrelange Überzeugung, wonach der Ruf nach vermehrter Transparenz dazu führen wird, dass mehr und mehr Menschen den ganzheitlichen Aspekt unseres Daseins erkennen und dadurch der Dualismus unserer Tage überwunden werden kann. Meine These wird seit einigen Jahren unterstützt durch überraschende Erkenntnisse aus der Wissenschaft. Einem Update nach 2500 Jahren demokratischer und gesellschaftlicher Grundregeln stünde nichts im Wege. Was mich außerordentlich freut.

      Das »rote« Schweizerbuch – aus dem Jahre 2032 in der fiktiven Rückschau geschrieben – ist Antizipation, Wunschdenken und Provokation in einem. Bereits im zweiten von drei Teilen (dem Jahr 2012) ereignete sich einiges, was ich schon 2006 »erfunden« hatte. Früher Spaß, späte Genugtuung.

      II. Politische Agenda

      Ob wir uns zu Beginn des 21. Jahrhunderts in einer Phase des Epochalen Neubeginns befinden, wird sich erst in der Rückschau herausstellen. Vielleicht in 100 Jahren? Ein geschichtlicher Wendepunkt wird ja erst dann epochal, wenn ein neues, alles grundlegend beeinflussendes Prinzip in die alte Welt einbricht.

      Konservative Kräfte bestehen aus zwei Gruppen. Die erste versucht heute, jene Verhältnisse (Gesetze, Rechtsprechung, politisches System) zu bewahren, die ihnen zu Macht und Reichtum verholfen haben. Die zweite, bescheidenere profitiert auf familiärem Niveau von mehr Selbstbestimmung und Wohlstand. Sie unterstützen die erste Gruppe aus Überzeugung und in guten Treuen – ehrlich, bodenständig, arbeitsam. Bei Abstimmungen und Wahlen verhelfen sie ihnen zu politischem Einfluss. So war es schon zu Gotthelfs Zeiten. Beide Gruppen orientieren sich eher Richtung Vergangenheit, gelegentlich auch durch Mythen verklärt.

      Liberale aller Schattierungen sind dagegen eher zukunftsorientiert. Ihre Reaktion auf die Weltveränderungen (Globalisierung, Internet, Big Data) ist generell dynamisch, auf Erneuerung erpicht. Sie treten ein für Strukturreformen (wieder: Gesetze, Rechtsprechung, politisches System). Sie ahnen, dass einst erfolgreiche Modelle im schnellen Wandel der Zeit veralten, ja zum Standortnachteil mutieren können. Wer rastet, rostet. Nicht im Erhalt der alten (»so sind wir gut gefahren«) Lösungen sehen sie ihre zukünftigen Erfolgschancen, sondern in deren Wandlung (»kreative, schöpferische Zerstörung«). Davon versprechen sie sich … Macht, Reichtum, Selbstbestimmung, Wohlstand. Auch hier unterstützen die einen, die vielen


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