Mehrsprachigkeit im Fremdsprachenunterricht. Sylvie Méron-Minuth

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Mehrsprachigkeit im Fremdsprachenunterricht - Sylvie Méron-Minuth


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der Einstellungen Fremdsprachenlehrender indirekt auch die Berücksichtigung der Einstellungen der Lernenden zur Sprache, zum Lernen und zum Unterricht (Ebd.). In diesem Zusammenhang spricht Theresa Venus (2015) von „Einstellungen als individuelle Lernvariable“.

      Wie lässt sich das Konstrukt definieren? Subjektive Theorien oder Einstellungen werden als

      „[…] Aggregate von prinzipiell aktualisierbaren Kognitionen, in denen sich die subjektive Sichtweise des Erlebens und Handelns niederschlägt.“ (Mandl 1998: 98)

      bezeichnet, die sich auf die Selbst- und Weltsicht beziehen.

      3.3 Einstellungen und Unterrichtshandeln

      Die Signifikanz der Einstellungen von Lehrkräften wird vor allem im Zusammenhang mit deren beruflichem Alltagshandeln erkennbar und ihre Bedeutung verweist auf Kognitionen der Selbst- und Weltsicht, mit anderen Worten:

      Denkinhalte und -strukturen, die auf die eigene Person, auf andere Individuen und auch „auf alle übrigen belebten und unbelebten Objekte unserer Welt“ (Groeben & Scheele 1998: 15) gerichtet sind. Subjektive Theorien werden seither auch als Oberbegriff zu Konzepten wie Alltagstheorie, Laien-Theorie und naive, implizite oder intuitive Theorie (Grotjahn 1998: 33) benutzt. Dabei hat das Konstrukt „Subjektive Theorie“ eine recht präzise Bedeutung und ist theoretisch hinreichend verankert, so Rüdiger Grotjahn: es wird als strukturell und funktional analog zum Begriff der objektiv-wissenschaftlichen Theorie expliziert (vgl. Grotjahn 1998: 34)1.

      Matthias Trautmann (2005) stellt die Frage nach dem Zusammenhang zwischen Überzeugungen (beliefs) und der Unterrichtspraxis und will die Forschungen in diesem Bereich für den Englischunterricht nutzbar machen.

      „Sucht man statt dessen nach empirischen Erklärungsansätzen, warum Lehrende ihre Unterrichtspraxis in einer bestimmten Art und Weise gestalten oder wovon das Lernen von Schülerinnen und Schülern beeinflusst wird, dann stößt man in der aktuellen Literatur auf das psychologisch inspirierte Konzept der Überzeugungen (beliefs). Überzeugungen gelten als Filter für die Wahrnehmung der Fachinhalte, für die Zuweisung von Bedeutung sowie für Verstehen, Motivation und Leistung.“ (Trautmann 2005: 39; Hervorhebungen im Text)

      Am Beispiel zweier Englischlehrender zeigt Trautmann deren Einstellungen zum Grammatiklernen und unterscheidet dabei einen Ansatz den man deklaratives Wissen nennen könnte und einen weiteren, der sich aus der individuellen Sprachlernbiografie speist. Allerdings weist er zu Recht auf die Diskrepanz zwischen Überzeugungen und tatsächlichem Unterrichtshandeln hin.

      „Die Erforschung von language learning beliefs stellt einen Versuch dar, Einflussfaktoren auf das Lehren und Lernen von Fremdsprachen zu identifizieren und einer reflexiven Bearbeitung zugänglich zu machen. So plausibel es in der Regel erscheint, dass Überzeugungen sich in irgendeiner Form auf das Handeln auswirken, so sehr ist doch Vorsicht angebracht, hier einen allzu direkten Zusammenhang („handlungsleitend“) zu konstruieren […]. An Phänomenen wie der „aufgesetzten“ Überzeugung, der „bloßen“ Überzeugung und an Routinen wird deutlich, dass Vorstellungen darüber, wie man handelt oder handeln sollte, nicht mit dem tatsächlichen Handeln übereinstimmen müssen, oder dass ‚Handeln’ auch nichtreflexiv stattfinden kann.“ (Trautmann 2005: 49; Hervorhebungen im Text)

      Die Beziehungen zwischen Einstellungen und Handlungen werden in der deutschen fachdidaktischen Literatur allerdings keineswegs so kausal verbunden gesehen, worauf Caspari (2016) hinweist:

      „Aus Arbeiten, die mithilfe unterschiedlicher Zugänge eine umfassende Rekonstruktion der subjektiven Sichtweisen von Lehrkräften unternehmen, wird deutlich, dass es sich dabei um hoch komplexe und heterogene Konstrukte handelt, die jeweils von zentralen Überzeugungen strukturiert werden. […] Obwohl diese Überzeugungen das unterrichtliche Handeln nachweislich beeinflussen, ist ihre Aussagekraft aufgrund situativer und sozial wie individuell unbewusster Faktoren begrenzt.“ (Caspari 2016b: 307f.)

      Der Zusammenhang zwischen Einstellungen und Verhalten ist in der Forschung nicht eindeutig. Das, meines Erachtens, unauflösliche Dilemma besteht darin, dass Einstellungen nicht zwingend zu einem bestimmten Verhalten führen und somit auch nicht retrospektiv erhoben werden können, indem aus dem Verhalten auf die Einstellungen zu schließen sei. Gleiches gilt aber eben auch in der anderen Richtung, da sich aus Einstellungen nicht zwangsläufig eine bestimmte Praxis ableiten lässt. In diesem Sinne ist die Verbindung von croyances und comportements wie sie von Véronique Castellotti und Danièle Moore (2002) dargestellt werden, kritisch zu sehen:

      « Les informations dont dispose un individu sur un objet particulier constituent ainsi son stock de croyances sur l’objet. Ces croyances peuvent être motivées par des informations objectives, comme elles peuvent s’appuyer sur des préjugés ou des stéréotypes. Elles peuvent aussi être modifiées et évoluer. Les attitudes organisent des conduites et des comportements plus ou moins stables, mais ne peuvent pas être directement observées. Elles sont généralement associées et évaluées par rapport aux comportements qu’elles génèrent. » (Castellotti & Moore 2002: 7f.; Hervorhebungen im Text)

      Zur Bedeutung der subjektiven Theorien von Lehrkräften wird vor allem im Zusammenhang mit ihrem beruflichen Alltagshandeln argumentiert: einem Handeln, das mit der Beeinflussung anderer Menschen, hier: der Schülerinnen und Schüler, in zwischenmenschlichen Beziehungen zu tun hat (Mandl & Huber 1983). Effektives Lehrerhandeln, das auf eine optimale Förderung der Schülerschaft abzielt, ist somit von hoher Bedeutung und Effizienz und wird allgemein mit Lernzuwachs und -erfolg verknüpft. Auf der Basis ihrer subjektiven Theorien formulieren Lehrkräfte während ihres Unterrichts – in der Regel unbewusst – Hypothesen und Annahmen über die Lernprozesse der Lernenden. Sie beziehen sich auf Wissensbereiche, die ihnen als Person Orientierung geben, indem sie das eigene Verhalten sowie dasjenige anderer Personen erklären. Damit ein kompetenter Umgang mit alltäglichen Schulsituationen erfolgen kann und für das beobachtete Verhalten Erklärungsmuster bereit gehalten werden können, sind entsprechende Kognitionen und Wissenselemente, die durch die subjektiven Theorien bereit gestellt werden von Bedeutung (vgl. Mandl & Huber 1983; Dann 1994; Scheele & Groeben 1998). Allerdings bleibt hierbei die Frage nach der Beziehung zwischen Einstellungen und dem unterrichtlichen Handeln ungeklärt. Auch die Position von Hanns-Dietrich Dann (1992, 1994), der neben folgenden Definitionsmerkmalen unter Punkt 4 den Handlungsbezug formuliert, muss kritisch gesehen werden:

      1 Subjektive Theorien stellen relativ stabile Kognitionen (mentale Repräsentationen) dar, die allerdings durch Erfahrung veränderbar sind.

      2 Subjektive Theorien sind teilweise implizit, teilweise aber dem Bewusstsein der handelnden Person zugänglich, wenn etwa unterstützende Explizierungshilfen angeboten werden, die die Person darin unterstützen, ihre Kognitionen zu artikulieren.

      3 Subjektive Theorien besitzen – ähnlich wie wissenschaftliche Theorien – eine zumindest implizite Argumentationsstruktur, d.h. sie können zur Erklärung und Prognose herangezogen werden, da sie Wenn-Dann-Beziehungen enthalten und Schlussfolgerungen ermöglichen. Sie erfüllen die Funktionender Situationsdefinition,der Erklärung eingetretener Ereignisse,der Vorhersage zukünftiger Ereignisse sowieder Generierung von Handlungsentwürfen oder -empfehlungen.

      4 Für die individuelle Person haben Subjektive Theorien eine handlungsleitende oder handlungssteuernde Funktion und beeinflussen zusammen mit anderen Faktoren (wie etwa Emotionen) das Verhalten der Person. (vgl. Dann 1994: 166)

      Eine direkte Verbindung zwischen Einstellungen und Handeln kann aus den Interviews ohne begleitende Unterrichtsbeobachtung nicht gezogen werden; die vorliegende Studie bildet auch verbale Daten zu einer möglichen Beziehung zwischen beiden an, dabei handelt es sich aber um die persönlichen Äußerungen der Interviewpartnerinnen und -partner. Inwieweit es sich dabei um Darstellungen handelt, die der tatsächlichen Praxis entsprechen oder um Abstufungen einer didaktisch-methodischen Erwünschtheitserwartung bei den Interviewpartnern, soll im Auswertungskapitel diskutiert werden. Hinweise auf diesbezügliche Fehleinschätzungen der Lehrkräfte lieferte bereits die „Videostudie des Englischunterrichts“ (DESI-Konsortium 2008).

      Zu ernüchternden Aussagen kommt John Hattie in der deutschen Übersetzung


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