Compliance. Markus Böttcher
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Eine Compliance-Organisation sollte auch sicherstellen, dass eine persönliche Haftung bzw. Strafbarkeit ihrer Organe vermieden wird. Neben den allgemeinen Ausführungen zuvor betreffend die Haftung der Organe ist dabei an folgende gesetzlich geregelte Haftungs- und Straftatbestände zu denken, wobei die Aufzählung nur beispielhaft erfolgt:
– | Gem. § 22 Abs. 1 GmbH hat der Geschäftsführer einer GmbH und gem. § 82 AktG hat der Vorstand einer AG sicherzustellen, dass ein Rechnungswesen und ein internes Kontrollsystem geführt werden, welche den Anforderungen des Unternehmens entsprechen. Weiters haben sie sicher zu stellen, dass der Jahresabschluss rechtzeitig aufgestellt wird. Werden falsche Angaben gemacht oder erhebliche Umstände verschwiegen, so kann dies gem. §163a StGB (Unvertretbare Darstellung wesentlicher Informationen über bestimmte Verbände) mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren sanktioniert werden. |
– | Der Geschäftsführer einer GmbH ist gesetzlich zu einer Vielzahl von Anmeldungen zum Firmenbuch verpflichtet (z.B. Bestellung und Abberufung von Geschäftsführern, Übergang eines Geschäftsanteils, Änderung des Gesellschaftsvertrages). Kommt der Geschäftsführer diesen gesetzlichen Verpflichtungen nicht nach, so kann das Firmenbuchgericht Zwangsstrafen gem. § 24 FBG verhängen. Parallel dazu haftet der Geschäftsführer für Schäden, die durch die Fehlerhaftigkeit oder die Unterlassung von Anmeldungen entstehen. Sind mehrere Geschäftsführer vorhanden, so haften diese solidarisch. Die Haftung besteht nicht nur gegenüber der Gesellschaft, sondern auch gegenüber Gesellschaftern und Gläubigern (§ 26 GmbHG). Auch bei der AG treffen den Vorstand Verpflichtungen zur Durchführung von Firmenbuchanmeldungen (§ 73 AktG). |
– | § 14 Abs. 5 UGB sieht Strafen für die vertretungsbefugten Organe eines Unternehmens vor, wenn sie gewisse Mindestinformationen auf den Geschäftspapieren nicht ersichtlich machen. |
– | Für bestimmte Geschäftsführungsentscheidungen benötigt sowohl ein Vorstand als auch ein Geschäftsführer die Zustimmung von anderen Organen, sei es von dem Aufsichtsrat oder der Generalversammlung. Die Grundlage dafür kann sich einerseits aus dem Gesetz, andererseits aus Satzung/Gesellschaftsvertrag, Geschäftsordnung oder Gesellschafterbeschluss ergeben. Ein ohne oder gegen die Genehmigung des Aufsichtsrates oder der Generalversammlung getätigtes Geschäft ist trotzdem wirksam und bindet die Gesellschaft.[16] Wurde ein zu genehmigendes Rechtsgeschäft ohne Befassung des Aufsichtsrates durchgeführt, kann der Vorstand für einen aus diesem Rechtsgeschäft entstandenen Schaden ersatzpflichtig werden.[17] |
– | Gem. § 82 Abs. 1 GmbHG und gem. § 52 Abs. 1 AktG darf ein Unternehmen an ihre Gesellschafter nichts außer dem ordnungsgemäß festgestellten und zur Verteilung beschlossenen Bilanzgewinn leisten („Verbot der Einlagenrückgewähr“). Ein Verstoß gegen das Verbot der Einlagenrückgewähr führt zur Nichtigkeit des Rechtsgeschäfts; Aktionäre und Gesellschafter sind zum Rückersatz des Geleisteten verpflichtet (§ 56 Abs. 1 AktG, § 83 Abs. 1 GmbHG). Der Geschäftsführer haftet gegenüber der Gesellschaft gem. § 25 GmbH für den dieser dadurch verursachten Schaden. Das gleiche gilt bei der AG gem. § 84 AktG. |
Anmerkungen
Hauschka § 1 Rn. 1.
Wecker/van Laak/Wecker/Galla S. 56.
OGH SZ 2002, 26.
Jabornegg/Strasser AktG, 3. Aufl. 2008, §§ 77–84 Rn. 95.
OGH SZ 2002/26.
BGBl I Nr. 35/2012.
BGBl I 2015/112.
Diese Anpassung darf auf allgemeinen Prinzipien des AktG beruhen: Hasenauer/Pracht Revision des Österreichischen Corporate Governance Kodex, Aufsichtsrat aktuell 1/2010.
Urlesberger/Haid eEcolex 2007, 363.
Richtlinie 2006/43/EG des Europäischen Parlaments und des Rates v. 17.5.2006 über Abschlussprüfungen von Jahresabschlüssen und konsolidierten Abschlüssen, ABlEU Nr. L 157/87 v. 6.9.2006.
Gilt für Geschäftsjahre nach dem 31.12.2008.
BGBl I Nr. 43/2016.
BGBl I Nr. 22/2015.
BGBl I Nr. 20/2017.
VO Nr. 596/2014/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16.4.2014 über Marktmissbrauch (Marktmissbrauchsverordnung) und zur Aufhebung der Richtlinie 2003/6/EG des Europäischen Parlaments und des Rates und der Richtlinien 2003/124/EG, 2003/125/EG und 2004/72/EG.
Kalss/Nowotny/Schauer/Kalss Österreichisches Gesellschaftsrecht, 2008, Rn. 3/521.
Kalss/Kunz/Jordis Handbuch für den Aufsichtsrat, 2011, Rn. 19/9.
2. Kapitel Grundlagen für Compliance › B. Österreich › IV. Unternehmensstrafrecht
IV. Unternehmensstrafrecht
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Mit 1.1.2006 ist in Österreich erstmals ein Unternehmensstrafrecht in Kraft getreten. Bis zu diesem Zeitpunkt konnten nur natürliche Personen für ihr Verhalten mit einer Freiheits- oder einer Geldstrafe bestraft werden. Nach dem Verbandsverantwortlichkeitsgesetz[1] (VbVG) werden neben den natürlichen Personen zusätzlich auch Unternehmen strafrechtlich verantwortlich gemacht, wobei die strafrechtliche Verantwortung der gesetzwidrig agierenden oder nicht agierenden Personen wie bisher