Die größten Klassiker der deutschen Literatur: Sturm und Drang. Johann Gottfried Herder
Читать онлайн книгу.senza il marito. Und macht den Beschluß mit ihr, nachdem sie von den andern schier ein gleiches erzählt hat: e questo fu il misero fine delle figliole del Duca Cosmo de Medici.
29Wenn ich den Himmel betrachte, mit unzählbaren Sternen ausgeziert, und nieder auf den Boden schaue, von Nacht umgeben, in Schlaf und Vergessenheit begraben:
So erwecken Kummer und Liebe in meiner Brust eine heiße Bangigkeit, und die Augen, zu Quellen geworden, vergießen einen Bach von Tränen, Oloarte, und ich sag endlich mit klagender Stimme:
»Aufenthalt der Herrlichkeit, Tempel der Klarheit und Schönheit, welch ein böses Schicksal hält die Seele, für deine Höhen geboren, in diesem tiefen dunklen Kerker? –«
30Ist in den griechischen Häfen so im Gebrauch, wie bei den Engländern die Soldatenehe.
Johann Gottfried Herder
Fragmente über die neuere deutsche Literatur
Von den Lebensaltern einer Sprache.
Beſchluß, uͤber das Jdeal der Sprache. 54
Einleitung
(Die einen Traum von einem allgemeinen Gemaͤlde der deutſchen Litteratur enthaͤlt, und Anlaß gibt, die allgemeine deutſche Bibliothek, die Bibliothek der ſchoͤnen Wiſſenſchaften, und die Litteraturbriefe zu pruͤfen.)
So ſehr die Schriftſteller der Journaͤle ſich uͤber ihre Leſer erheben: ſo ſind ſie doch beide mit einander Zwillinge eines Schickſals. Beide jagt die liebe Goͤttin Langeweile, die Mutter ſo vieler Menſchen und menſchlichen Werke, in die Arme der Muſen; beide fliehen aus Eckel uͤber Arbeit oder Muße, uͤber politiſche Neuigkeiten und Schriftſtellerey, in den Schoos der Goͤttin Critik, um ſich hier durch einen wachenden Schlummer zu zerſtreuen und zugleich auch zu ſammlen. Man wird ein Verfaſſer, oder ein Leſer der Journaͤle, um die Ruhe und Geduld zu erlangen, die einem verwundeten Sohne des Mars oder der Pallas ſehr eifrig zu empfehlen iſt1. Die Litteraturbriefe waren im Anfange ein Zeitvertreib eines kranken Officiers, nachher des kranken Publikums, und oft auch kranker und ermuͤdeter Verfaſſer, die vom Buͤcherleſen muͤde, und aus dem Felde des Autorruhms ſiech zuruͤckkamen.
Daher iſt auch unſre Zeit um ſo viel reicher an Journaͤlen, als ſie an Originalwerken arm wird. Der junge Schriftſteller nimmt alten Richtern das Brot vor dem Munde weg, weil er glaubt, urtheilen zu koͤnnen, ohne denken zu doͤrfen; Arbeiten ſchaͤzzen zu koͤnnen, ohne ſelbſt ein Meiſter zu ſeyn. Der Leſer wiederum lieſet Advokatenberichte, um nicht ſelbſt richten zu duͤrfen; Auszuͤge und Critiken, um keine Buͤcher durchzuſtudiren. Je mehr Buͤcher, ſagt Rouſſeau, deſto weniger Weisheit; je mehr Ehebruch, deſto weniger Kinder: je mehr Journaͤle, deſto minder wahre Gelehrſamkeit. Man laͤuft auf die Maͤrkte, Neuigkeiten zu hoͤren: der Kunſtrichter als ein Proſelyt der Gerechtigkeit; der Leſer als ein Proſelyt des Thors; und der wahren Buͤrger ſind ſo wenig, daß man auch ſelbſt ſchon zu den Neuigkeiten Fremde braucht.
Jndeſſen denke ich mir ein Journal, das mehr als Briefe, Auszuͤge und Urtheile zum Zeitvertreibe enthielte: ein Werk, das ſich den Plan vorzeichnete zu einem ganzen und vollendeten Gemaͤlde uͤber die Litteratur, wo kein Zug ohne Bedeutung auf das Ganze waͤre, er mag ſich im Schatten verbergen, oder aus Licht hervortreten: zu einem Gemaͤlde, das die Natur des Titian, mit der Grazie des Correggio und der bedeutungsvollen Jdea des Raphaels zu verbinden ſuchte: kurz! ein Werk, das eine pragmatiſche Geſchichte im gelehrten Staat wuͤrde, ſo wie die Annales des Tacitus im politiſchen Staat dieſen hohen Namen verdienen.
Man laſſe mich meinen Traum verfolgen! Dieſem allgemeinen und einzigen Werke muͤſte eine Geſchichte der Litteratur zum Grunde liegen, auf die es ſich ſtuͤzzte. Auf welcher Stuffe befindet ſich dieſe Nation? und zu welcher koͤnnte und ſollte ſie kommen? Was ſind ihre Talente, und wie iſt ihr Geſchmack? Wie ihr aͤuſſerer Zuſtand in den Wiſſenſchaften und Kuͤnſten? Warum ſind ſie bisher noch nicht hoͤher gekommen, und wodurch koͤnnte ihr Geiſt zum Aufſchwunge Freiheit und Begeiſterung erhalten? Alsdenn ruffe der Geſchichtſchreiber der Litteratur aus: Wohlan! Landesleute, dieſe Bahn laufet, und jene Abwege und Steine vermeidet: ſo weit habt ihr noch, um hierinn den Kranz des Zieles zu erreichen!„ Man ſtelle ihnen die Alten als Vorlaͤufer, die Nachbarn als Nebenbuhler vor, und ſuche die Triebfeder des Nationalſtolzes ſo rege zu machen, als man das Nationalgenie unterſucht hat. Kurz! eine ſolche Geſchichte ſuche das, was ſie bey den Alten war, zu werden: die Stimme der patriotiſchen Weisheit und die Verbeſſerin des Volks. Sie ſuche das in der Litteratur zu ſeyn, was der Schaͤzzer der engliſchen Sitten und Grundſaͤzze, der republikaniſche Browne, fuͤr den Staat war: eine Stimme patriotiſcher