Die Wildente. Henrik Ibsen

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Die Wildente - Henrik Ibsen


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von innen. Frau Sörby, im Gespräch mit einigen Herren, tritt auf. Ihr folgt auf dem Fuße die ganze Tischgesellschaft. Darunter Werle. Zuletzt kommen Hjalmar und Gregers.

      Frau Sörby im Vorübergehen zum Diener. Pettersen, lassen Sie bitte den Kaffee im Musiksaal servieren.

      Pettersen. Sehr wohl, Frau Sörby.

       Sie und die zwei Herren treten in das große Zimmer und von dort aus rechts ab. Pettersen und Jensen ab auf demselben Wege.

      Ein beleibter zu einem Glatzkopf. Puh, – dies Diner! – das war ein derbes Stück Arbeit!

      Der Glatzkopf. Ach, mit einem bißchen gutem Willen kann man in drei Stunden unglaublich viel leisten.

      Der Beleibte. Ja, aber nachher, nachher, mein lieber Kammerherr!

      Ein dritter Herr. Ich höre, der Mokka und der Maraschino werden im Musiksaal gereicht.

      Der Beleibte. Bravo! Dann spielt uns Frau Sörby vielleicht etwas vor.

      Der Glatzkopf mit gedämpfter Stimme. Wenn Frau Sörby uns nur nicht bald etwas pfeift, Du.

      Der Beleibte. I Gott bewahre. Berta läßt ihre alten Freunde nicht sitzen.

       Sie lachen und gehen ins Zimmer ab.

      Werle leise und verstimmt. Ich glaube, es hat niemand etwas bemerkt, Gregers.

      Gregers sieht ihn an. Was?

      Werle. Hast Du es auch nicht bemerkt?

      Gregers. Was sollte ich bemerkt haben?

      Werle. Wir waren dreizehn bei Tische.

      Gregers. So? Waren wir dreizehn?

      Werle mit einem Blick auf Hjalmar Ekdal. Wir sind sonst gewöhnlich nur zwölf. Zu den übrigen. Bitte, meine Herren!

       Er und die Zurückgebliebenen, mit Ausnahme von Hjalmar und Gregers, gehen durch den Hintergrund rechts ab.

      Hjalmar, der das Gespräch gehört hat. Du hättest mich nicht einladen sollen, Gregers.

      Gregers. Was! Es heißt ja doch, die Gesellschaft sollte mir zu Ehren sein. Und da hätte ich meinen einzigen und besten Freund nicht bitten sollen –

      Hjalmar. Aber ich glaube, es ist Deinem Vater nicht recht. Ich komme ja sonst nie hier ins Haus.

      Gregers. Ja, das höre ich. Aber ich mußte Dich doch sehen und sprechen; denn ich reise ja doch bald wieder ab. – Ja, Du, – wir zwei alten Schulkameraden – wir sind allerdings recht sehr auseinander gekommen. Wir haben uns an die sechzehn, siebzehn Jahre nicht gesehen!

      Hjalmar. Ist das schon so lange her?

      Gregers. Allerdings. Na, wie geht es Dir denn? Du siehst gut aus. Du bist sehr stark geworden.

      Hjalmar. Hm, stark kann man das wohl nicht nennen. Aber natürlich sehe ich männlicher aus als dazumal.

      Gregers. In der Tat. Dein Äußeres hat nicht gelitten.

      Hjalmar in düsterem Ton. Aber, Du, das Innere! Das sieht anders aus, kannst Du glauben! Du weißt doch, wie schrecklich es mit mir und den Meinen bergab gegangen ist, seit wir uns das letzte Mal gesehen haben.

      Gregers leiser. Wie geht es denn Deinem Vater jetzt?

      Hjalmar scheu. Mein Lieber, darüber wollen wir lieber nicht reden. Mein armer, unglücklicher Vater lebt natürlich bei mir. Er hat ja auf der weiten Welt keine andere Zufluchtsstätte. Aber, siehst Du, über diese Geschichte zu reden, das fällt mir grauenhaft schwer. – Sag' mir lieber, wie ist es Dir da oben auf dem Werk gegangen.

      Gregers. Himmlisch einsam habe ich gelebt, – hatte viel Muße, über dies und das nachzudenken. – Komm her, wir wollen es uns bequem machen. Er setzt sich in einen Lehnstuhl am Kamin und nötigt Hjalmar in einen daneben stehenden.

      Hjalmar weich. Trotz alledem sage ich Dir Dank dafür, Gregers, daß Du mich an Deines Vaters Tisch geladen hast; denn nun weiß ich doch, daß Du nichts mehr gegen mich hast.

      Gregers verwundert. Wie kommst Du auf den Gedanken, ich könnte etwas gegen Dich haben?

      Hjalmar. In den ersten Jahren war es doch der Fall.

      Gregers. In welchen ersten Jahren?

      Hjalmar. Nachdem das große Unglück geschehen war. Und es war ja auch nur zu natürlich. Es hing ja doch nur an einem Haar, und Dein Vater wäre mit in diese – o, diese schrecklichen Geschichten hineingezogen worden!

      Gregers. Und deshalb sollte ich etwas gegen Dich haben? Wer hat Dir das eingeredet?

      Hjalmar. Ich weiß, Du hattest etwas gegen mich, Gregers; denn Dein Vater selbst hat es mir gesagt.

      Gregers stutzt. Mein Vater! Ja so. Hm. – Und nur deshalb hast Du nie wieder etwas von Dir hören lassen – kein Sterbenswörtchen?

      Hjalmar. Ja.

      Gregers. Nicht einmal zu der Zeit, als Du Photograph wurdest?

      Hjalmar. Dein Vater sagte, es lohne sich der Mühe nicht, Dir über dies und anderes zu schreiben.

      Gregers sieht vor sich hin. Nein, nein – kann sein, daß er darin recht hatte. Aber sag' mir jetzt, Hjalmar, – befriedigt Dich Deine Stellung einigermaßen?

      Hjalmar seufzt leicht. Ach ja, weshalb nicht; kann eigentlich nicht klagen. Im Anfang kam es mir freilich ein bißchen seltsam vor, weißt Du. Ich kam ja in so ganz andere Verhältnisse. Aber mein ganzes anderes Leben war ja auch so völlig verändert. Der große unglückselige Ruin meines Vaters, – die Schande und der Skandal, Gregers –

      Gregers bewegt. Jawohl, ja. Jawohl.

      Hjalmar. Meine Studien fortzusetzen, daran konnte ich doch nicht denken. Kein Pfennig war übrig geblieben; im Gegenteil, eher noch Schulden, – zumal bei Deinem Vater, glaube ich –

      Gregers. Hm –

      Hjalmar. Na, also da hielt ich es für das beste, – so mit einem Ruck, siehst Du, – mich aus allen alten Verhältnissen und Verbindungen herauszureißen. Ganz besonders Dein Vater riet mir dazu; und da er sich meiner so hilfreich annahm –

      Gregers. Hat mein Vater das getan?

      Hjalmar. Ja; das weißt Du ja doch? Wo hätte ich denn das Geld hernehmen sollen, um das Photographieren zu erlernen, mir ein Atelier einzurichten und mich zu etablieren. Du, das kostet was!

      Gregers. Und die Kosten für das alles hat mein Vater getragen?

      Hjalmar. Ja, mein Lieber, das weißt Du nicht? Ich verstand ihn so, als hätte er es Dir geschrieben.

      Gregers. Kein Wort, daß er es war. Er muß es vergessen haben. Wir haben immer nur Geschäftsbriefe gewechselt. So, also mein Vater hat –!

      Hjalmar. Ja freilich. Er hat nur nicht gewollt, daß die Leute etwas davon erführen; aber er ist es gewesen. Und er war es auch, der mir das Heiraten ermöglichte. Oder – weißt Du am Ende auch das nicht?

      Gregers. Nein, das wußte ich freilich nicht. – Packt ihn bewegt am Arm. Aber,


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