Die Kronprätendenten. Henrik Ibsen

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Die Kronprätendenten - Henrik Ibsen


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      Gregorius Jonsson. Und letzten Winter wuchs der Zweifel zu einem Schrei an und ging laut durchs Land, gen Norden und Süden, – das kann jedermann, denk' ich, bezeugen.

      Håkon. Am besten kann ich selbst es bezeugen. Drum hab' ich auch dem Rate so vieler treuer Freunde nachgegeben und mich so tief gebeugt, wie kein andrer zum König erwählter Mann seit langen Zeiten es getan hat. Mit der Eisenprobe hab' ich meine Geburt, hab' ich mein Recht bewiesen, als Håkon Sverressons Sohn Land und Reich in Erbe zu nehmen. Nicht will ich hier genauer forschen, wer den Zweifel genährt und ihm eine so laute Stimme geliehen hat, wie die Freunde des Jarls sagen; aber das weiß ich, daß ich bitterlich darunter gelitten habe. Schon als Kind bin ich zum König gewählt worden, aber geringe Königsehre ward mir erwiesen, selbst da, wo ich es meines Bedünkens am sichersten hätte erwarten dürfen. Ich will nur an den letzten Palmsonntag in Nidaros erinnern, da ich zum Altar schritt, um dem Herrn zu opfern, und der Erzbischof sich umwandte und tat, als ob er mich nicht sähe, um mich nicht grüßen zu müssen, wie's Könige zu grüßen Brauch ist. Solches hätt' ich leicht zu tragen gewußt; doch offener Krieg drohte im Lande auszubrechen, und den mußte ich verhindern.

      Dagfinn. Gut mag es für Könige sein, weisen Ratschlägen zu lauschen; aber wäre mein Rat in dieser Sache gehört worden, so wäre nicht mit glühendem Eisen, sondern mit kaltem Stahle Håkon Håkonsson sein Recht wider seine Gegner verschafft worden.

      Håkon. Beherrsche Dich, Dagfinn; das ziemt dem Manne, der als der Erste im Reich regieren soll.

      Jarl Skule mit einem leichten Lächeln. Des Königs Feind nennt man so gern jeden, der dem Willen des Königs zuwider ist. Ich meine nun, der ist dem König der ärgste, der ihm davon abrät, sein Recht auf den Königsnamen zu erhärten.

      Håkon. Wer weiß! Wär' es mein Recht allein, um was es sich hier handelte, dann vielleicht hätt' ich es nicht so teuer erkauft; aber wir müssen den Blick höher richten; hier gilt es Beruf und Pflicht. Ich fühle das tief und warm in mir, und ohn' Erbleichen darf ich sagen: ich allein bin der Mann, der das Land in diesen Zeiten zum Besten vorwärts zu steuern vermag; – königliche Geburt bringt königliche Pflichten mit –

      Jarl Skule. Es gibt hier mehr Leute, die sich ein so günstiges Zeugnis ausstellen.

      Sigurd Ribbung. Ich tu's, und aus ebenso gutem Grunde. Mein Großvater war König Magnus Erlingsson –

      Håkon. Ja, wenn Dein Vater, Erling Stejnvaeg, der Sohn des Königs Magnus war; aber die meisten leugnen das, und noch hat keiner in dieser Sache die Eisenprobe bestanden.

      Sigurd Ribbung. Die Ribbunger nahmen mich zum König und taten das aus freien Stücken, indessen Dagfinn und andere Birkebeiner Dir einen Königsnamen ertrotzten.

      Håkon. Ja, so arg hattet Ihr mit Norwegen geschaltet, daß Sverres Sproß sein Recht sich ertrotzen mußte.

      Guthorm Ingesson. Sverres Sproß bin ich so gut wie Du –

      Dagfinn. Aber nicht in gerader Linie von Sohn zu Sohn.

      Bischof Nikolas. Es ist ein weibliches Zwischenglied da, Guthorm.

      Guthorm Ingesson. Und doch weiß ich, daß Inge Bårdsson, mein Vater, auf gesetzliche Art zum König über Norwegen gemacht wurde.

      Håkon. Weil da niemand wußte, daß Sverres Enkel am Leben war. Seit dem Tage, da dies ruchbar wurde, regierte er das Reich als Vormund für mich, – nicht anders.

      Jarl Skule. Das läßt sich nicht mit Sicherheit behaupten; Inge war sein Lebtag König mit aller gesetzlichen Macht und ohne Vorbehalt. Daß Guthorm geringes Anrecht besitzt, kann schon wahr sein – denn er ist von unechter Geburt. Allein ich bin König Inges rechtmäßiger Bruder, und das Gesetz ist für mich, wenn ich nach ihm sein volles Erbe fordere und in Besitz nehme.

      Dagfinn. Ei, Herr Jarl, sein volles Erbe habt Ihr gewißlich an Euch genommen, und nicht allein das Hausvermögen Eures Vaters, sondern alles, was Håkon Sverresson an Gütern hinterließ.

      Bischof Nikolas. Nicht alles, guter Dagfinn. Der Wahrheit die Ehre! – König Håkon behielt einen Brustschmuck und den Goldreif, den er um den Arm trägt.

      Håkon. Sei dem, wie ihm wolle; mit Gottes Hilfe werde ich neues Gut gewinnen. Und nun, Ihr Lehnsleute und Richtersleute, Ihr Kirchenbrüder und Häuptlinge und Gefolgschaften, jetzt ist es an der Zeit, die Reichsversammlung festzusetzen, die beschlossen ist. Mit gebundenen Händen hab' ich gesessen bis zum heutigen Tage; ich meine, kein Mann wird mir's verdenken, daß ich mich sehne, sie gelöst zu sehen.

      Jarl Skule. Es geht mehr Leuten wie Euch, Håkon Håkonsson.

      Håkon wird aufmerksam. Herr Jarl, was meint Ihr?

      Jarl Skule. Ich meine, daß wir Thronforderer alle denselben Grund zur Sehnsucht haben. Alle waren wir gleich straff gebunden; denn keiner von uns wußte, wie weit sein Recht sich erstreckt.

      Bischof Nikolas. Schlimm stand es um die Angelegenheiten der Kirche wie des Landes; aber nun wird das Gesetz des heiligen Olaf entscheiden.

      Dagfinn halblaut. Neue Ränke!

       Håkons Anhänger rücken dichter zusammen.

      Håkon zwingt sich zur Ruhe und geht dem Jarl ein paar Schritte entgegen. Ich will annehmen, daß ich den Sinn Eurer Worte nicht verstanden habe. Die Eisenprobe hat mein Erbrecht auf das Reich beglaubigt, und daher vermein' ich, daß die Reichsversammlung nur meiner Königswahl, die schon vor sechs Jahren auf dem Oerething stattfand, Gesetzeskraft zu geben hat.

      Mehrere der Anhänger Jarls und Sigurds. Nein, nein, – das bestreiten wir!

      Jarl Skule. Das war niemals die Absicht, als beschlossen ward, hier eine Reichsversammlung abzuhalten. Durch die Eisenprobe habt Ihr noch nicht des Reiches Besitz erlangt, sondern nur Euer Anrecht bewiesen, Euch heute mit uns andern Thronbewerbern hier einzufinden und den Anspruch geltend zu machen, den Ihr zu haben vermeint –

      Håkon beherrscht sich. Das will also klipp und klar heißen, ich habe sechs Jahre lang unrechtmäßig den Königsnamen geführt, und Ihr, Herr Jarl, habt sechs Jahre lang unrechtmäßig das Land als mein Vormund verwaltet.

      Jarl Skule. Keineswegs. Einer mußte den Königsnamen führen, da mein Bruder tot war. Die Birkebeiner, und zumeist Dagfinn, waren tätig für Eure Sache und setzten Eure Wahl ins Werk, ehe wir andern mit unsern Forderungen hervortreten konnten.

      Bischof Nikolas zu Håkon. Der Jarl meint, jene Wahl verlieh Euch nur das Nießbrauch-, nicht das Eigentumsrecht auf das Königtum.

      Jarl Skule. Ihr saßet da im Besitz aller Gerechtsame; aber sowohl Sigurd Ribbung, wie Guthorm Ingesson, wie ich, wir vermeinen ebenso nahe Erben zu sein wie Ihr, und jetzt wird das Gesetz zwischen uns entscheiden und bestimmen, wer das Erbe fest für alle Zeit bekommen soll.

      Bischof Nikolas. Die Wahrheit zu sagen, der Jarl hat nicht schlechten Grund für seine Meinung.

      Jarl Skule. Sowohl von der Eisenprobe wie von der Reichsversammlung war mehr als einmal in diesen Jahren die Rede, immer aber kam etwas dazwischen. Und, Herr Håkon, wenn Ihr vermeintet, Euer Recht stünde durch die erste Königswahl unerschütterlich fest, warum habt Ihr da Eure Zustimmung gegeben, daß die Eisenprobe jetzt noch vorgenommen werde?

      Dagfinn erbittert. Braucht Euer Schwert, Königsmannen, und laßt das entscheiden!

      Viele der Mannen vorstürmend. Führet die Waffen gegen des Königs Widersacher!

      Jarl


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