Die Kronprätendenten. Henrik Ibsen

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Die Kronprätendenten - Henrik Ibsen


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hält seine Mannen zurück. Das Schwert stecke jeder ein, der es zog! Steckt das Schwert ein, sag' ich! Ruhig. Ihr macht mir's zehnfach schwer durch solches Gebahren.

      Jarl Skule. So streitet Mann wider Mann ringsum im Lande. Da seht Ihr's, Håkon Håkonsson; ich denke, jetzt erweist sich's am besten, was Ihr zu tun habt, wenn des Landes Frieden und das Leben der Menschen Euch am Herzen liegen.

      Håkon nach kurzem Besinnen. Ja, – ich seh's. Er ergreift Ingas Hand und wendet sich zu einem der Umstehenden. Torkell, Du warst ein treuer Mann in meines Vaters Dienst; führe diese Frau heim in Deine Herberge und sei gut zu ihr; – sie war Håkon Sverresson besonders teuer. – Gott segne Dich, meine Mutter, –ich muß jetzt zur Reichsversammlung. Inga drückt ihm die Hand und geht mit Torkell ab. Håkon schweigt eine Weile, dann tritt er vor und spricht mit klarer Stimme: Das Gesetz soll richten – es allein. Ihr Birkebeiner, die Ihr mit auf dem Oerething wart und mich zum König machtet, Ihr seid jetzt des Eids entbunden, den Ihr mir dorten geschworen habt. Du, Dagfinn, bist nicht mein Staller mehr; ich will weder mit Stallern noch mit Gefolge, weder mit Königsmannen noch mit eidverpflichteten Kämpen erscheinen; ich bin ein armer Mann; all mein Erbe ist ein Brustschmuck und dieser Goldreif – das ist zu geringes Gut, um so vieler wackern Mannen Dienste zu lohnen. Jetzt, Ihr andern Thronforderer, jetzt steht es gleich zwischen uns; ich will nichts vor Euch voraushaben, ausgenommen das Recht, das ich von oben empfing, – das kann und will ich mit niemand teilen. – Laßt blasen zur Reichsversammlung, und mögen Gott und das Gesetz des heiligen Olaf richten!

       Er geht mit seinen Mannen links ab; Hörner- und Lurenklang aus der Ferne.

      Gregorius Jonsson zum Jarl, indem die Volksmenge sich zu zerstreuen beginnt. Bei der Eisenprobe dünktest Du mich zaghaft, und jetzt siehst Du so froh und zuversichtlich aus.

      Jarl Skule vergnügt. Sahst Du, er hatte Sverres Augen, da er sprach? Die Wahl wird gut, mögen sie ihn oder mich zum König machen.

      Gregorius Jonsson unruhig. Aber weiche nicht! Denk an die alle, die mit Deiner Sache fallen.

      Jarl Skule. Hier steh' ich auf des Rechtes Grund; jetzt versteck' ich mich nicht vor dem Heiligen. Geht mit seinem Gefolge links ab.

      Bischof Nikolas, Dagfinn nacheilend. Es geht schon, guter Dagfinn, es geht schon – aber halte den Jarl recht fern vom Könige, wenn er gewählt ist – halt' ihn ja recht fern!

       Alle ab links hinter der Kirche.

       Eine Halle im Königsschlosse.

       Links im Vordergrunde ein niedriges Fenster; rechts eine Eingangstür; im Hintergrunde eine größere Tür, die zur Königshalle hineinführt. Am Fenster steht ein Tisch; sonst Stühle und Bänke. Frau Ragnhild und Margrete kommen durch die kleinere Tür; Sigrid folgt ihnen auf dem Fuße.

      Frau Ragnhild. Hier herein!

      Margrete. Ja, hier ist's am dunkelsten.

      Frau Ragnhild ans Fenster tretend. Und hier kann man auf den Thingwall herniedersehen.

      Margrete vorsichtig hinausblickend. Ja, drunten hinter der Kirche sind sie alle versammelt. Wendet sich schluchzend ab. Da unten soll nun das geschehen, das so folgenschwer sein wird.

      Frau Ragnhild. Wer herrscht hier morgen in der Halle?

      Margrete. O schweig! Nie hätt' ich gedacht, einen so schweren Tag zu erleben.

      Frau Ragnhild. Der mußte kommen: Königsvormund zu sein, das war ein unzulängliches Geschäft für ihn.

      Margrete. Ja, – der mußte kommen; der Königsname allein konnte ihm nicht genügen.

      Frau Ragnhild. Von wem sprichst Du?

      Margrete. Von Håkon.

      Frau Ragnhild. Ich sprach vom Jarl.

      Margrete. Es gibt keine stattlicheren Männer als die beiden.

      Frau Ragnhild. Siehst Du Sigurd Ribbung? Wie arglistig er dasitzt, – recht wie ein Wolf in Ketten.

      Margrete. Ja, sieh –! Er faltet die Hände vor sich über dem Schwertknauf und stützt das Kinn darauf.

      Frau Ragnhild. Er beißt sich in den Schnurrbart und lacht –

      Margrete. Wie häßlich er lacht.

      Frau Ragnhild. Er weiß, niemand wird seine Sache vertreten – und das macht ihn so giftig. – Wer ist der Richtersmann, der jetzt redet?

      Margrete. Das ist Gunnar Grjonbak.

      Frau Ragnhild. Ist er für den Jarl?

      Margrete. Nein, er ist wohl für den König –

      Frau Ragnhild sieht sie groß an. Für wen, sagst Du?

      Margrete. Für Håkon Håkonsson.

      Frau Ragnhild blickt hinaus; nach kurzer Pause: Wo sitzt Guthorm Ingesson? – Ich seh' ihn nicht.

      Margrete. Hinter seinen Leuten, dort, ganz unten, – im langwallenden Mantel.

      Frau Ragnhild. Ja, dort.

      Margrete. Er sieht aus, als schäme er sich –

      Frau Ragnhild. Wohl der Mutter wegen.

      Margrete. Das hat Håkon nicht nötig.

      Frau Ragnhild. Wer spricht jetzt?

      Margrete hinausblickend. Tord Skolle, Richter zu Ranafylke.

      Frau Ragnhild. Ist er für den Jarl?

      Margrete. Nein, für – Håkon.

      Frau Ragnhild. Wie unbeweglich der Jarl dasitzt und zuhört!

      Margrete. Håkon scheint still, – aber doch zuversichtlich. Lebhaft. Stünde ein wildfremder Mann hier, er müßte die beiden unter all den tausend andern erkennen.

      Frau Ragnhild. Sieh, Margrete; Dagfinn schiebt Håkon einen vergoldeten Stuhl hin –

      Margrete. Paul Flida stellt ebenso einen hinter den Jarl.

      Frau Ragnhild. Håkons Leute wollen es verhindern!

      Margrete. Der Jarl hält den Stuhl fest –!

      Frau Ragnhild. Håkon fährt ihn zornig an – Sie tritt mit einem Schrei vom Fenster zurück. O Jesus Christus! Sahst Du die Augen – und das Lächeln –! Nein, das war nicht der Jarl!

      Margrete, die ebenfalls schaudernd zurückgefahren ist. Und auch nicht Håkon? Weder der Jarl noch Håkon!

      Sigrid am Fenster. O erbärmlich, erbärmlich!

      Margrete. Sigrid!

      Frau Ragnhild. Du bist da?

      Sigrid. So tief unten herum muß man schleichen, um auf den Königssitz hinauf zu gelangen!

      Margrete. O, bete mit uns, daß sich alles zum besten wende.

      Frau Ragnhild bleich und erschrocken zu Sigrid. Sahst Du ihn –? Sahst Du meinen Eheherrn –? Die Augen und das Lächeln, – ich hätte ihn nicht erkannt!

      Sigrid.


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