Die schönsten Sagen des klassischen Altertums - Zweiter Teil. Gustav Schwab

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Die schönsten Sagen des klassischen Altertums - Zweiter Teil - Gustav  Schwab


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indessen von zwei Genossen aus

       dem Getümmel getragen. Doch war Idomeneus dadurch nicht mutlos gemacht, er erschlug den

       Alkathoos, den edlen Eidam des Anchises, und rief jauchzend: »Ist unsre Rechnung billig, Deïphobos?

       Ich gebe dir drei für einen! Wohlan, erprobe du selbst auch, ob ich wirklich von des Zeus Geschlechte

       bin!« Es war aber Idomeneus ein Enkel des Königes Minos und ein Urenkel des Göttervaters.

       Deïphobos besann sich einen Augenblick, ob er den Zweikampf allein bestehen oder sich einen

       heldenmütigen Trojaner beigesellen sollte. Der letzte Gedanke schien ihm der beste; und bald führte

       er seinen Schwager Äneas dem Idomeneus entgegen. Dieser aber, als er die beiden gewaltigen

       Kämpfer auf sich zukommen sah, zagte nicht etwa vor Furcht wie ein Knabe, sondern erwartete sie,

       wie ein Gebirgseber die Hetzhunde. Doch rief auch er seine Genossen herbei, die er in der Nähe

       kämpfen sah, und sprach: »Heran, ihr Freunde, und helfet mir einzelnem, denn mir graut vor Äneas,

       der ein Gewaltiger in der Feldschlacht ist und noch in üppiger Jugend strotzt!« Auf diesen Ruf

       versammelten sich um ihn, die Schilde an die Schultern gelehnt, Aphareus, Askalaphos, Deïpyros,

       Meriones, Antilochos. Indes rief auch Äneas seine Genossen Paris und Agenor herbei, und die

       Trojaner folgten ihnen nach wie Schafe dem Widder. Bald rasselte das Erz der Speere ans Erz, und

       aus dem Zweikampfe wurde ein vielfältiger Männerkampf. Äneas schoß zuerst seinen Speer auf

       Idomeneus ab; aber er fuhr an dem Helden vorüber in den Boden. Idomeneus dagegen traf den

       Önomaos mitten in den Leib, daß er stürzend und sterbend mit der Hand den Boden faßte; der Sieger

       hatte eben nur Zeit, den Speer aus dem Leichnam herauszuziehen; denn die Geschosse bedrängten

       ihn so, daß er sich zum Weichen entschließen mußte. Aber seine greisen Füße trugen ihn nur

       langsam aus dem Treffen, und Deïphobos schickte ihm voll Groll die Lanze nach, die zwar ihn selbst

       verfehlte, aber den Askalaphos, den Sohn des Ares, dafür in den Staub warf. Der Kriegsgott, der

       durch den Ratschluß des Zeus mit andere Göttern in die goldenen Wolken des Olymp gebannt war,

       ahnte nicht, daß ihm ein Sohn gefallen sei. Diesem aber riß Deïphobos den blanken Helm vom

       Haupte: da fuhr ihm der Speer des Meriones in den Arm, daß der Helm auf den Boden rollte.

       Meriones sprang herzu, zog den Wurfspieß aus dem Arme des Verwundeten und flog ins Gedränge

       seiner Freunde zurück. Nun faßte Polites seinen verwundeten Bruder Deïphobos um den Leib und

       trug ihn aus der stürmenden Schlacht über den Graben hinüber zu dem harrenden Wagen, auf dem

       der Blutende, matt vor Schmerz, alsbald nach der Stadt geführt wurde.

       Die andern kämpften fort. Äneas durchstach den Aphareus, Antilochos den Thoon; der Trojaner

       Adamas verfehlte diesen und verblutete bald am Speere des Meriones. Dafür rollte Deïpyros der

       Grieche, von Helenos mit dem Schwert über die Schläfe getroffen, die Reihen der Danaer entlang.

       Schmerzergriffen zuckte Menelaos seinen Speer gegen Helenos, der zu gleicher Zeit den Pfeil vom

       Bogen auf den Atriden abschnellte. Menelaos traf den Sohn des Priamos auf das Panzergewölbe,

       doch prallte der Wurfspieß ab; aber auch der Pfeil des Helenos war vergebens entflogen, und nun

       bohrte ihm Menelaos seine Lanze in die Hand, die den Bogen noch hielt, und Helenos schleppte den

       Speer, ins Gedränge seiner Freunde flüchtend, nach. Sein Kampfgenosse Agenor zog ihm die Waffe

       aus der Hand, nahm einem Begleiter die wollene Schleuder ab und verband damit die Wunde des

       Sehers.

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