Dialoge, Monologe, Interviews. Walter Rupp

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Dialoge, Monologe, Interviews - Walter Rupp


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auf Erziehungsmethoden, die veraltet sind.

      PÄDAGOGE: Sie wissen sicher einen Weg. Sie haben immerhin eine völlig neue Erziehungslehre erfunden.

      ROUSSEAU: Ich fordere weiter nichts, als dass man Kinder endlich dem verderblichen Einfluss der Erwachsenen entzieht.

      PÄDAGOGE: Sie haben Recht. Wenn die Erwachsenen nicht wären...

      ROUSSEAU: Seit Jahrtausenden versuchen die Erwachsenen Kinder zu erziehen, wie sie selbst hätten werden sollen. Dem muss man ein Ende setzen.

      PÄDAGOGE: Was schlagen Sie vor? Sollen sich die Kinder selbst erziehen?

      ROUSSEAU: Lesen Sie meinen ‘Emile’! Sie sollten ihn unbedingt lesen. Ich habe meine Vorstellungen darin ausführlich beschrieben und verlangt, dass Kinderaufzucht auf einer fern gelegenen Insel geschehen muss, damit die Kinder die Untugenden der Erwachsenen nicht nachahmen.

      PÄDAGOGE: Eine großartige Idee. So gibt es weniger Karikaturen unter den Erwachsenen. - Aber gibt es denn genügend Inseln, eine für jedes Kind?

      ROUSSEAU: Das ist das Problem. Ich konnte für meine fünf Kinder keine fünf Inseln finden und habe sie deshalb in einem Waisenhaus erziehen lassen.

      PÄDAGOGE: Im Waisenhaus? Sie als Begründer einer neuen Pädagogik?

      ROUSSEAU: Was hätte ich machen sollen, wenn die Natur die nötigen Voraussetzungen nicht bietet?

      PÄDAGOGE: Sie haben Recht, es gibt zu wenige Inseln.

      ROUSSEAU: Da soll es Leute geben, habe ich gehört, die proklamieren die antiautoritäre Erziehung. Als hätte ich nicht schon längst dargelegt, dass Autoritäten schädlich sind.

      PÄDAGOGE: Aber andere große Pädagogen wie Pestalozzi, Montessori und der Turnvater Jahn haben immer darauf hingewiesen, dass Autoritäten für die Erziehung unverzichtbar sind.

      ROUSSEAU: Das beweist, dass diese Herren keine großen Pädagogen waren. Sie waren reine Praktiker und verstanden nichts von Theorie. - Ich bleibe jedenfalls dabei: meine Idee ist genial, auch wenn sie bisher nicht verwirklicht werden konnte.

      ALBERT EINSTEIN

      POSTMODERNER: Herr Einstein, man sagt von Ihnen, Sie hätten auch ein hervorragender Geiger werden können. Warum sind Sie es nicht geworden?

      EINSTEIN: Das ist sehr einfach. Dann hätte ich vielleicht auf Konzertreisen die Zuhörer mit meinem Spiel erfreut, aber nicht die Zeit gehabt, die Relativitätstheorie zu begründen.

      POSTMODERNER: An der Physik lag Ihnen mehr als an der Musik?

      EINSTEIN: Manchmal muss man sich entscheiden, etwas, was man liebt aufzugeben, um wenigstens etwas zu erreichen.

      POSTMODERNER: Leider haben nur wenige meine Theorie verstanden.

      EINSTEIN: Das gilt für alle Entdeckungen. Ein Wissenschaftler sollte mit seinen Entdeckungen nicht warten, bis ihn auch die Minderbegabten verstehen.

      POSTMODERNER: Aber könnte man die Relativitätstheorie nicht so erklären, dass jeder sie versteht?

      EINSTEIN: Nun, für Begabungen bin ich nicht zuständig. Da sollte man mich nicht verantwortlich machen.

      POSTMODERNER: Sollen sich die Leute damit abfinden, dass ihr Gehirn zu klein geraten ist?

      EINSTEIN: Es muss nicht jeder wissen, was ein Wissenschaftler weiß. Es auch ein Wissenschaftler oft nicht, was ein anderer Wissenschaftler weiß.

      POSTMODERNER: Aber die Leute werden sich mit ihrem Nichtwissen nie zufrieden geben.

      EINSTEIN: Wenn ich die Sache einfach ausdrücken soll, heißt Relativität: die Zeit ist kein festes Maß wie beispielsweise ein Meterstab oder eine Waage; ein Maß, das für alle Bedingungen gilt.

      POSTMODERNER: Ach so. Aber das wusste man schon immer, dass eine Stunde dem einen wie ein kurzer Augenblick, und einem anderen wie eine Ewigkeit vorkommt.

      EINSTEIN: Ich sehe, auch Sie haben nichts verstanden. Es geht nicht um einen subjektiven Eindruck.

      POSTMODERNER: sondern…

      EINSTEIN: Der Ablauf der Zeit ist nicht überall im Weltall gleich, sondern unter anderen Bedingungen länger oder kürzer. In anderen Räumen gelten andere Zeiten.

      POSTMODERNER: Dann ist die Sache also doch nicht einfach.

      EINSTEIN: Auch das ist relativ: je nach dem Intelligenzquotienten, der einem mitgegeben wurde. Was der eine für einfach hält, mag einem anderen kompliziert erscheinen.

      POSTMODERNER: Könnten Sie versuchen, es einfach zu erklären?

      EINSTEIN: Ich will es versuchen. Stellen Sie sich einen Astronauten vor, der eine Reise in den Weltraum unternimmt und nach einiger Zeit zurückkehrt. Es könnte sein, dass für ihn nur sieben Jahre vergangen sind, für die Erdbewohner aber fünfzig.

      POSTMODERNER: Um Himmels willen, wie ist das möglich?

      EINSTEIN: Diesen Nachweis habe ich mit meiner Relativitätstheorie erbracht.

      POSTMODERNER: Das ist ja schrecklich. Das bedeutet, dass Astronauten bei ihrer Rückkehr auf einmal jünger sind als ihre Kinder.

      EINSTEIN: Oder so alt wie ihre Enkelkinder. Das muss man aus meiner Theorie schlussfolgern.

      POSTMODERNER: Wenn das nicht schrecklich ist, dass Großväter jünger sein können als ihre Enkel.

      EINSTEIN: Was ist daran schrecklich? Wie Vater, Sohn und Enkel damit zurechtkommen, ist kein physikalisches, sondern ein psychologisches Problem. Weltraumfahrer könnten sogar nach ihrer Rückkehr erleben, dass ihre Generation, mit der sie aufgewachsen sind, nicht mehr lebt.

      POSTMODERNER: Die Sache wird ja immer unverständlicher. Das bedeutet ja, dass Weltraumfahrer damit rechnen müssen, dass sie in ein ganz neues Zeitalter zurückkehren.

      EINSTEIN: So ist es: Ich habe nur bewiesen, dass das, was wir nicht für möglich halten, nicht unmöglich ist.

      KARL MARX

      LINKSINTELLEKTUELLER: Herr Marx, beziehungsweise Genosse Karl. Ich darf doch ‚Du‘ zu Ihnen, beziehungsweise ‚Du‘ zu Dir sagen?

      MARX: Wenn Sie meinen, dass uns das einander näher bringt. - LINKSINTELLEKTUELLER: Wie hast du es geschafft, seit deinem Ableben 1866 ständig in unserer Welt präsent zu sein. Das sind immerhin 125 Jahre.

      MARX: 125 Jahre. - Das macht mir nicht so leicht einer nach.

      LINKSINTELLEKTUELLER: Mir scheint, du hast dich inzwischen nicht verändert.

      MARX: Ich hatte nie die Absicht, mich zu ändern. Ich war immer der Meinung, dass die Gesellschaft das nötig hat.

      LINKSINTELLEKTUELLER: Sie soll sich zum Kommunismus bekehren?

      MARX: Hier ging das Gerücht, es sei schon fast so weit gewesen. 1968 habe es kaum ein Land gegeben, in dem man sich für meine Ideen nicht begeistert hätte.

      LINKSINTELLEKTUELLER: Ja, dein Name war wirklich in aller Munde. Man hat auf deine Thesen große Hoffnungen gesetzt.

      MARX:


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