Der liebe Gott Allahu akbar. Tullio Aurelio

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Der liebe Gott Allahu akbar - Tullio Aurelio


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längst christlich getauft, war keine zänkische, keine launische Gottheit mehr, der christliche Gott war das Gute in Person: Es musste also logischerweise ausgeschlossen sein, dass er auch die erste Ursache des Bösen ist.

      Es ist ein ehrenhafter Versuch, Gott von allen Spuren des Bösen zu befreien. Um das Böse zu erklären, mussten andere Ursachen in Betracht gezogen werden. Es halfen die Mythen: Der Satan, der Luzifer, der Urdrache, die Schlange. Aber letztlich musste sich der Mensch selbst diesen Schuh anziehen. Er wurde vom Gott Jahwe selbst als Ursache seines schlechten Schicksals erklärt. Der Ungehorsam von Adam und Eva gegen Jahwe hat dem Bösen und letztlich dem Tod Tür und Tor geöffnet.

      Die Entschuldigung Gottes

      So einfach und billig können wir aber Gott nicht entschuldigen und aus der Mitverantwortung entlassen. Wenn er die Erste Ursache ist, dann muss er, so wie der aristotelische ‚Motor’, alles, auch die schlechte, die böse Seite des Seins mit verursacht haben. Mit welchem Ziel und zu welchem Zweck auch immer. Das überlassen wir für eine kurze Weile seinen geheimsten Plänen. Vielleicht will er mit dem Leid, das er uns aufbürdet, Gutes für uns bezwecken. Bloß, wir verstehen es nicht, wir verstehen ihn nicht. Wir müssen es auch nicht verstehen, dumm wie wir sind.

      Inschallah, wenn und wie Gott will, ist die Grundhaltung der frommen Araber, die wissen, alles was kommt, kommt von Allah, von Gott. Uns bleibt nichts anderes übrig, als es anzunehmen. Nichts geschieht zufällig, glauben fromme Christen, ‚non cade foglia che dio non voglia’, sagt man in Italien, kein Blatt fällt vom Baum, wenn Gott es nicht will. Warum sollte gerade das Übel in der Welt nicht von Gott gewollt sein? „Nichts geschieht zufällig“, und man meint dabei, Gott weiß alles und ist der Schöpfer von allem, was ist. Wenn dem so ist, warum sollte Gott nicht auch fürs Böse zuständig sein? Was will Gott überhaupt? Es gibt keinen Zufall, es gibt nur das Schicksal, das uns Gott auf die Schulter legt, wenn wir mit Hilfe seiner Töpferhände und seines Hauchs geboren werden.

      Auch dafür gibt es erklärende Mythen, welche, die Gott belasten, und welche, die Gott entlasten. Ödipus zum Beispiel. Was hat er angestellt, um die bösen Taten, die ihm Apollon vorhergesagt hatte, zu vermeiden. Es gelang ihm nicht, weil die Gottheit es so bestimmt hatte.

      In der Bibel wird versucht, Gott von jeglicher Mitverantwortung am Leid der Welt und des Menschen freizusprechen. Der Versuch will aber nicht im Geringsten gelingen. Er gelingt bereits in der mythologischen Schöpfungserzählung nicht, in denen behauptet wird, dass Gott bei der Schöpfung alles gut gemacht hatte, der Mensch aber den jetzigen leidvollen Zustand der Welt durch seinen Ungehorsam provoziert hat.

      Die biblischen Schöpfungsmythen sind Ätiologien, der erzählerische Versuch, das Rätsel der Welt, besonders das harte Schicksal des Menschen, zu erklären. Sie halten der Welt und dem Menschen einen Spiegel vor, in dem sich der Mensch wieder erkennen soll.

      Es kommt mir eine junge Mutter in den Sinn, die bereits ein Kind hatte und wieder schwanger wurde. Ihr Kind war erkältet und kämpfte gegen den Schmerz der ersten Zähne, die sich in seinem Gebiss den Durchbruch erkämpften. Ihr selbst war es wegen der neuen Schwangerschaft oft übel. Eigentlich alles wie normal. Aber eben wie normal und nicht optimal. Sie meinte, der Mensch hat es von Geburt an schwer. Er muss sich alles hart erkämpfen, schon im Mutterleib, und nach seiner Geburt geht es so weiter. Anfangs kann er weder laufen noch sprechen, um sich verständlich zu machen, muss er eine Zeit lang weinen und schreien, bis sein Gehirn mühsam die Sprachstruktur entwickelt hat. Die werdende Mutter muss ihrerseits sein Kind neun Monate lang mit immer größeren Schwierigkeiten in ihrem Bauch herumtragen und mit großen Strapazen und mit Schmerzen es zur Welt bringen. Und wenn der Mensch endlich erwachsen geworden ist, was nicht allen gelingt, erkennt er, dass er sterblich ist. Das ist, kurz und knapp dargestellt, ein Menschenleben. Wie ein Kinderhemd, kurz und beschissen.

      Dieses Wesen soll, der biblischen Mythologie folgend, von Gott geschaffen worden sein. Jahwe hatte es damit selbst nicht leicht. Er musste sich der primitiven Mittel bedienen, die auch Göttern am Anfang der Welt zur Verfügung standen: Aus Staub und Wasser bastelte er also eigenhändig Lehm und damit formte er den ersten Menschen, der, konform den Wertvorstellungen des Jahwe, ein Mann wurde. Als Jahwe mit dem Mann fertig wurde, musste er aber feststellen, dass dieser unzufrieden war: Er fühlte sich einsam. Jahwe nahm also eine Rippe des Mannes und entwickelte daraus eine Frau. Stolz wie ein König und fröhlich, wie nur Götter sein können, stellte Jahwe sein männliches Tongefäß, dem er ein wenig Atem eingehaucht hatte, und dessen Weib in einen Garten namens Eden, damit er wie im Paradies lebte. Leckere Früchte durfte er von allen Bäumen essen – sogar vom Baum des Lebens -, allerdings nicht vom Baum der Erkenntnis von Gut und Böse. Würde er das tun, würde er sofort sterben.

      Was macht der inzwischen Mann und Frau gewordene Mensch? Er verfällt der Verführungskunst einer schlauen Schlange und isst vom Baum der Erkenntnis von Gut und Böse. Da er nun das Gute und das Böse unterscheiden kann, meint er, entscheiden zu können, was zu tun ist. Heute würde man sagen: Er ist nun erwachsen geworden, oder er bildet es sich wenigstens ein, was auch den Beginn des Erwachsenseins bedeuten könnte.

      Vielleicht waren im mesopotamischen Garten Eden nicht so viele Obstbäume, wie Jahwe großmäulig angekündigt hatte, sondern, wie in der Gegend naheliegend, nur Bananenstauden. Und nur Bananen zu essen war auch für den damaligen Menschen nicht sehr abwechslungsreich. Er wollte dieses Affendasein verlassen und endlich eine andere Frucht essen. Hat er einen Apfel gegessen? Der Mythos sagt es nicht. Wichtig aber ist: Der Mensch hatte endlich ein anderes Obst gekostet, und es hatte ihm lecker geschmeckt.

      Er kann nun das Gute und das Böse erkennen.

      Erfunden und verursacht hat er aber beides nicht. Das Gute und das Böse gab es bereits vorher, sonst hätte er sie nicht erkennen können.

      Gleichwohl: durch den Ungehorsam des Menschen sind Leid, Schmerz und Tod in die Welt der Schöpfung Gottes eingetreten: die Schlange soll am Boden kriechen und Staub fressen, die Frau soll mit großen Beschwerden ihre Schwangerschaft durchstehen und mit Schmerzen ihr Kind zur Welt bringen, der Mann den verflucht harten Erdboden beackern und mit Mühsal sich, seine Frau und seine Kinder ernähren.

      Und das, bis er und seine ganze Sippe zur Asche zurückkehren. Denn der Mensch ist von nun an zum Tod verurteilt. Er wird aus dem paradiesischen Garten Eden ausgesperrt und keine Möglichkeit mehr haben, vom Baum des Lebens Früchte zu pflücken und ewig leben.

      Eine sehr interessante, schöne Geschichte, wie Mythen halt sein können. Bloß sie erzählt die Dinge falsch herum.

      Die Welt war von Anfang an von Leid, Schmerz und Tod gezeichnet. Geburt und Tod gab es auf der Welt, sogar bevor der erste Mensch, wenn es ihn je gab, seine Augen aufmachte, und lange bevor Jahwe seine ersten Gedanken an ihm verschwendete, wenn er dies je tat. Schon die Pflanzen und die Tiere, die vor dem Menschen auf der Welt waren, waren dem Gesetz des Todes unterworfen. Bevor die Erde das erste Tier hervorbrachte, musste sich die Natur durch viele umwälzende Experimente hindurchzwängen. Umwälzungen blieben und bleiben die Grundstruktur der Entwicklung der Natur, der Erde und des irdischen Lebens. Sie formten sie ständig um, noch bevor das erste Anzeichen von Leben sichtbar wurde. Und längst hatten die Vorfahren des Menschen, die Tiere, angefangen, sich gegenseitig zu töten und mit dem Fleisch der Konkurrenten zu ernähren. Das Leid war schon da, bevor der Mensch zum ersten Mal seine Augen auf Erden auftat und die schöne Erzählung vom Garten Eden als Erklärung seines Schicksals erfand und niederschrieb.

      Der Mensch hat sich die Allgegenwart des Leids und des Todes in der Welt erklären wollen. Zahlreiche Mythen haben eine Antwort auf diese große Frage des Menschen versucht. Die jüdische Erklärung ist der Mythos vom Garten Eden und vom Ungehorsam Adams und Evas. Dieser Mythos wurde dann von den Christen und später vom Islam übernommen. Aber der Gott, der in diesem Mythos handelt, ist zunächst eine literarische Erfindung wie Zeus, Re, Osiris und Isis. Auch Adam und Eva und die Schlange sind fiktive Akteure, die so in der Wirklichkeit nie existiert haben.

      In der Realität hat kein Gott dem Menschen die Erkenntnis von Gut und Böse verboten und kein Gott hat ihn dafür bestraft, dass er möglicherweise einen Apfel statt einer Banane gegessen hat,


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