Die Pueblo-Kulturen. Werner-Wolf Turski
Читать онлайн книгу.Es sind nur die Überreste von den Hauptkanälen dokumentiert, aber es ist jedoch wahrscheinlich, dass Verteilungskanäle Wasser von den Hauptkanälen abzweigten und seitliche Kanäle Wasser zu den einzelnen Feldflächen brachten. Das tatsächliche Maß an bewässertem, bodenbauerisch genutztem Land war wahrscheinlich wesentlich geringer als der totale Bereich, der mit Hilfe der Hauptkanäle theoretisch hätte bewässert werden können. Dies schließt aber keinesfalls die pflegende oder bodenbauerische Nutzung nichtbewässerter Flächen aus, die gegebenenfalls auch günstige Reviere für jagdbares Wild/Kleinwild waren.
Wohngebiete und landwirtschaftliche Standorte befanden sich nahe bei den Kanälen und dicht bei den benachbarten Terrassen und Bajadas. Weitere landwirtschaftliche Standorte und Feldhäuser verteilten sich auf diesen höherliegenden Flächen.
Die Bodenbauer der Hohokam konnten Dank der Kanalbewässerung zweimal im Jahr ernten. Die erste Anbauzeit war nach der den Flüssen und dann den Kanälen und Feldern Wasser zuführenden Schneeschmelze im März/April und die zweite folgte im August nach den Sommerregenfällen. Die Ernten wurden im späten Juli/frühen August und im späten Oktober/frühen November eingebracht. U.a. zwischen der ersten Ernte und der zweiten Aussaat sammelten die Menschen in der weiteren Umgebung die Wildpflanzensamen für die Nahrung, einschließlich der begehrten Saguaro-Früchte. Im späten September bis zum frühen Oktober wurden Mesquite-Bohnen geerntet.
Das Ende des arbeitsaufwendigen, aber auch hocheffektiven kanalgebundenen Bewässerungsbodenbaus der Hohokam kann (!) durch Unregelmäßigkeiten der Wasserführung der die Kanäle speisenden Flüsse und durch das Kanalsystem zerstörende Überschwemmungen verursacht worden sein. Vereinzelt sind auch Versalzungen des Bodens möglich. Offensichtlich war die wahrscheinlich hierarchische gesellschaftliche Kraft nicht mehr imstande, die durch störende und zerstörerische Naturkräfte geschädigten Kanäle so instand halten zu lassen, dass eine ausreichende Nahrungsstoffproduktion möglich war, worauf das spirituelle und säkulare gesellschaftliche System der Hohokam kollabierte und die Bevölkerung sich unter Aufgabe ihrer Kultur weitgehend zerstreute – ein zu dieser Zeit im Südwesten weitverbreiteter Sachstand.
Eine ideelle „Übernahme“ des Bewässerungsbodenbaus und des Kanalbaus aus dem mesoamerikanischen Raum erscheint bei den idealen ökologischen und geographischen Bedingungen im Becken des Salt und des Gila River nicht zwingend notwendig. Einige kleine Bewässerungsanlagen im Tucson-Bereich (ein Zufallsfund unter einer mehrere Meter mächtigen Schicht von Flusssedimenten) wurden auf 1200 v.d.Z. datiert. Es ist weder die Kreativität des Menschen noch seine mit der Mobilität verbundene Kommunikations- und Lernfähigkeit zu unterschätzen. Beide sind gleichberechtigt lebenserhaltend.
Gut angepasste Strategien für das Produzieren und Einsammeln einer breiten Varietät von Feld- und Wildfrüchten unter den verschiedenen Bedingungen und Zonen lieferten den Hohokam eine zuverlässige Grundlage zur Sicherung der Subsistenz und zur Verringerung von Gefahren, die von unvorhergesehenen Klimaschwankungen ausgingen. Wenn Überschwemmungen von einem übermäßigen Regen einige Felder zerstörte oder wenn Dürre einige Feldfrüchte am Reifen hinderte, konnten die Hohokam auf andere Nahrungsstoffquellen zurückgreifen. Um diese Verschiedenartigkeit von Strategien aufzubauen und zu unterhalten, hatten sich die Hohokam so organisiert, dass ausreichend Menschen über die verschiedenen Wachstumszonen breit verteilt waren, um diese Landnutzungsstrategien durchzuführen und die Kanäle in Stand zu halten, so dass es keinen ökologisch untragbaren, übervölkerten Bereich bei ihnen gab. Einer speziellen Organisation würde es auch bedurft haben, um eine ausreichende Spezialisierung und Mitarbeit in den unterschiedlichen Zonen zur Verminderung der genannten Risiken zu gewährleisten. Zur Minimierung des destruktiven menschlichen Eingriffs in die empfindliche Umwelt wurden Bodenbau-Praktiken mit einer erhaltenden (konservativen) Nutzung der Pflanzenressourcen kombiniert. So waren die Hohokam in der Lage, ihre Bodenbauerkultur für mehr als 1.000 Jahre in einer für sie anspruchsvollen Umwelt zu erhalten.
3.1.6. Die Architektur (Bauleistungen) 3.1.6.1. Hausbau/Siedlungsmuster
Die Architektur der Hohokam umfasste Feldhäuser, Grubenhäuser, Schichtadobehäuser, Mounds, Backöfen (Hornos) und Schattendächer (Ramadas). Einige erweitern die Liste noch durch Abfallmounds, Vorratsgruben und Röstgruben.
Bei oder in der Nähe ihrer bodenbauerisch genutzten Flächen bauten die Hohokam sporadisch kleine Feldhäuser auf der ebenen Bodenfläche. Diese runden oder ovalen Zweighütten waren nur saisonal bewohnt und dienten als zeitweiliger Aufenthaltsort für die Feldbearbeiter bei der Erfüllung ihrer verschiedenen Aufgaben. Abweichend von den Grubenhäusern und den späteren Schichtadobehäusern standen die Feldhäuser stets isoliert.
Die wesentlichen Hausbauten der Hohokam sind flach eingetiefte Grubenhäuser (Haus in der Grube) mit überdachten kurzen Seiteneingängen und die auf der ebenen Erde oder auf Plattformmounds durch schichtweise Aufbringung von Adobe- oder Calicheschlamm errichteten Adobehäuser. In der klassischen Zeit der Hohokam wurden in den Adobebaukomplexen (Compounds) auch zwei- bis vieretagige Großhäuser („Big houses“) gebaut.
Um ein flach eingetieftes Grubenhaus zu errichten, entfernten die Hohokam den losen Wüstenboden meist bis zur Calicheschicht, einem relativ festen Kalkboden, meist 0,3 bis 0,9 m unter der Erdoberfläche, die sowohl als Fundament als auch als Fußboden diente. Wenn keine Caliche-Schicht vorhanden war, wurde der Hüttenboden nur mit Caliche- oder Adobematerial verputzt/geglättet. Sie errichteten ein Rahmenwerk aus im Wesentlichen vertikalen Holzpfosten als Dachträgern und einigen horizontalen entlang der Zentralachsen und fügten kleinere, annähernd vertikale Pfosten als Außenwand hinzu. Sie errichteten ein flaches oder leicht erhöhtes Dach und schräge Wände aus Zweigwerk und Gras und verschmierten/verputzten das Ganze mit Schlamm und Lehm. Diese fast ausschließlichen Einraumbauten hatten sowohl im Innenraum als auch außerhalb des Hauses Vorratsgruben. Die größten Bauwerke waren wahrscheinlich keine Wohnbauten, sondern eventuell Versammlungsräume für die Gemeinschaft. Sie mussten ihre Bauten oft ausbessern, weil die Hütten witterungsempfindlich waren und dementsprechend Mängel auftraten. Die Grubenhäuser blieben mit geringfügigen zeitlichen und lokalen Variationen über ihre gesamte Kulturzeit bis zur teilweisen Ablösung (ab 1100/ 1150 u.Z.) durch Adobebauten dominant, verschwanden nie völlig und fanden ihre Fortsetzung in den Strauchwerkhäusern der Pima und anderer historischer Stämme.
Die Lebensdauer einer solchen Wohnstätte betrug bei entsprechender Instandhaltung maximal 20 bis 25 Jahre. Dann wurde bei dauerhaften Siedlungsstandorten, oft an der gleichen oder nur gering versetzten Stelle, ein neues Haus errichtet.
Seit 1100/1150 u.Z. reduzierte sich allmählich die Anzahl und der Anteil der Grubenhäuser an der Gesamtzahl der Wohn- und Nutzbauten. Die schlammverputzten Pfosten-/Strauchwerkwände entwickelten sich zu pfostenverstärkten Adobewänden. Ein Teil der Menschen begann jetzt in übertägigen Adobehäusern zu leben. Diese Adobehäuser wurden im Gegensatz zur früher offenen Anlage zunehmend als zusammenhängende Baukomplexe (Compound) errichtet, die, aus welchen Gründen auch immer, in ihrer Endfassung mit einer den unmittelbaren Lebensbereich abschließenden Umfassungsmauer aus Adobe umbaut wurden. Diese Compounds enthielten außer den direkten Wohnbauten auch Arbeitsbereiche und Plazas. In ihren ausgefeilteren Formen hatten sie in ihrem Bereich auch Plattformmounds. Diese Plattformmounds waren teilweise auch mit Adobebauten besetzt worden.
In der letzten Phase der klassischen Zeit waren die ebenen Oberflächen großer Mounds geschlossene Compounds, manchmal auch unter Einbeziehung der unmittelbaren Umgebung des Plattformmounds. Für die Errichtung der wenigen sogenannten Großhäuser (Big houses) wie z.B. in Pueblo Grande. wurden extra Mounds als Sockelteil des Großhauses gebaut. Eines der am besten erhaltenen Beispiele für diesen Haustyp und ein dort befindliches Großhaus/Big House ist Casa Grande. Vereinzelt hatten diese Pueblos auch Steinwände. Die Sitte der Wohngebietsumwallung mit einer Adobewand wird von einigen Wissenschaftlern als Resultat eines Einflusses gesehen, der nach 1150 u.Z. aus der Salado-Tradition des Tonto-Beckens kam.
Obwohl heute als erkennbares Großhaus nur noch Casa Grande südlich von Phoenix steht, wurden drei weitere Großhäuser