Tabu Liebe in Gefahr. Ute Dombrowski

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Tabu Liebe in Gefahr - Ute Dombrowski


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      Linette musterte Katja von Kopf bis Fuß und grinste dann einfältig. Katja zwang sich zu einem Lächeln und wusste nicht, was sie mehr ärgerte: die „Verlobte“ oder dass er „Frau Sommerschein“ gesagt hatte. Es sah so aus, als hätte Daniel wieder einmal nichts aus der Vergangenheit erzählt. Linette war jung, stark geschminkt und hatte eine große Oberweite, die in einem zu engen Shirt schlecht verpackt war. Der Bund ihrer Jeans endete knapp unter dem freiliegenden Bauchnabel, in dem ein himmelblaues Steinchen glitzerte. Eine pinkfarbene Sonnenbrille saß auf ihrem wallenden Haar.

      „Ich muss los! Schönen Urlaub noch“, rief Katja und drehte sich zur Tür um.

      Sie lief aus dem Café und spürte Daniels Blick in ihrem Rücken. Im Hotel warf sie sich verwirrt auf das Bett. Sie hatte Daniel nach der Trennung nicht wiedergesehen, aber als er sie eben angesehen hatte, waren alle Gefühle wieder da und das gefiel ihr absolut nicht. Es war der denkbar ungünstigste Augenblick gewesen, denn sie wollte sich nicht mehr verlieben und Daniel war verlobt.

      „Was will der denn mit so einer?“, fragte sie die Deckenlampe, aber die schwieg ratlos. „Ich muss hier weg!“

      Mit neuer Energie sprang sie aus dem Bett und lief auf den Parkplatz, um das Prospekt vom Reisebüro aus dem Auto zu holen. Sie hatte sich mehrere Hotels angekreuzt und wollte diese nun abtelefonieren, um so schnell wie möglich aus Daniels Nähe zu entkommen.

      Als sie durch die Hintertür nach draußen trat, traf sie gleich noch einmal der Schlag. Am anderen Ende des Parkplatzes stand Daniels Sportwagen. Nun muss ich erst recht hier weg, dachte sie und rannte zurück ins Zimmer, um zu telefonieren. Das Schicksal schien gegen sie zu sein, denn nirgends war etwas frei. Also trat sie im Foyer an den Tresen und erklärte der netten jungen Dame ihr Problem.

      „Ich habe schon überall angerufen, aber es ist nichts frei. Ich liebe ihr Hotel, doch ich kann nicht mit meinem Exfreund und seiner Verlobten unter einem Dach wohnen.“

      „Ich verstehe, warten Sie einen Moment, dann sehe ich mal im Computer nach.“

      Nach drei Minuten sah sie Katja mitleidig an und zuckte mit den Schultern.

      „Ich bedaure, aber ich kann Ihnen nicht helfen.“

      „Dann werde ich morgen abreisen, so leid mir das auch tut. Machen Sie bitte alles für neun Uhr fertig.“

      „Sehr wohl, Frau Sommerschein. Gönnen Sie sich doch heute Abend nochmal ein schönes Essen. Wir haben frischen Fisch auf der Karte.“

      Katja nickte und bedankte sich bei der freundlichen Frau. Das mit dem Abendessen war eine gute Idee, aber nur, wenn Daniel und Linette nicht im Restaurant saßen. Als sie wieder nach oben gehen wollte, ging hinter ihr die Tür auf und die beiden betraten das Foyer. Katja schaute weg und lief los. So sah sie nicht mehr Daniels traurige Augen.

      Später hatte Katja geduscht und schlich zum Restaurant. Als sie kein bekanntes Gesicht entdeckte, ließ sie sich von einem Kellner in die hinterste Ecke an den Tisch begleiten. Er nahm ihre Bestellung auf und war fort. Nach den Essen, frischem Fisch mit Kartoffeln und Salat, trank sie den Rest Wasser aus und wollte gehen.

      Die Tür öffnete sich und Daniel steuerte zielgerichtet auf ihren Tisch zu. Er setzte sich unaufgefordert.

      „Ich wusste, dass du hier bist. Dein Auto stand auf dem Parkplatz.“

      „Ja, ich bin aber morgen schon wieder weg.“

      „Katja“, sagte Daniel leise und legte seine Hand auf ihre, „warum habe ich das Gefühl, dass du vor mir davonläufst?“

      Sie riss heftiger als gewollt die Hand zurück und erwiderte: „Wie kommst du denn darauf? Ich fahre noch woanders hin. Was machst du eigentlich hier? Wo ist deine Verlobte?“

      „Wellness. Ich wollte dich sehen.“

      „Ich muss jetzt los.“

      Sie waren aufgestanden und sahen sich in die Augen. Daniel hielt sie am Arm fest. Katja konnte direkt in sein Herz schauen und wollte nur noch weg von ihm.

      „Katja, bitte …“

      „Nein, Daniel. Ich muss jetzt gehen. Bitte vergiss mich. Es ist besser so.“

      Sie lief los und zitterte an ganzen Körper, als sie in ihrem Zimmer angekommen war. Weinend sank sie auf das Bett. Seine Berührung brannte immer noch auf ihrer Haut. Sie presste das Kissen auf ihr Gesicht und seufzte.

      „Warum tust du mir das an?“

      Nach einer Weile wischte sie sich die Tränen ab, packte den Rest ihrer Sachen ein und legte sich ins Bett. Der Schlaf wollte nicht kommen, stattdessen verfolgten sie die Erinnerungen an ihre gemeinsame Zeit. Nur mühsam kam sie zur Ruhe und schlief mit einem Gedanken ein, der plötzlich dagewesen war: Ich liebe dich, Daniel.

      *

      Am nächsten Morgen war Katja die Flucht vor Daniel gelungen. Sie hatte bezahlt und war davongefahren. Von ihrer ersten Rast aus rief sie Karim an. Die Begegnung vom Vortag hatte sie aus dem Konzept gebracht und sie erhoffte sich kluge Worte von ihrem ägyptischen Freund.

      „Schön, dass du anrufst, meine Liebe. Wie geht es dir denn?“

      Katja berichtete von der deutlichen Verbesserung, die sie spürte, und Karim freute sich mit ihr.

      „Endlich, Katja, ich bin froh, denn ich habe mir sehr viele Sorgen gemacht.“

      „Ähm … ich muss dir noch etwas sagen. Du glaubst nicht, was ich erlebt habe. Ich habe an der Ostsee Daniel und diese Linette getroffen. Es war entsetzlich.“

      Katja hörte Karim lachen und fand es alles andere als lustig.

      „Was gibt es denn da zu lachen? Woher hat der Kerl so eine Frau? Ich wollte nur einen Kaffee trinken, da stand er plötzlich vor mir und hat mir Linette als seine Verlobte vorgestellt. Wusstest du davon?“

      Sie berichtete von der Begegnung im Café, dem Zusammentreffen in der Hotelhalle und Daniels Auftritt im Restaurant.

      Karim hatte ein schlechtes Gewissen, natürlich hatte er gewusst, dass Daniel Linette kennengelernt und sich mit ihr verlobt hatte. Aber von Anfang an war ihm klar: DAS konnte er Katja auf keinen Fall erzählen.

      Er druckste herum und sagte leise: „Es tut mir leid, aber ich wusste nicht, wie ich es dir sagen sollte. Ich wollte nicht, dass du noch mehr Kummer hast.“

      Katja reagierte ungehalten: „Warum sollte mich das bitteschön jucken, was Daniel tut? Er kann sich meinetwegen verloben, mit wem er will.“

      „Und warum bist du dann weggerannt?“

      Oh Mann, dachte Katja, jetzt hat er mich durchschaut.

      „Es war mir einfach unangenehm“, log sie, „vor allem, weil er mich als Frau Sommerschein, seine ehemalige Lehrerin, vorgestellt hat. Und am Abend hat er dann so getan, als wenn ich ihm noch irgendetwas bedeute. Als ob wir noch zusammengehören. Nein!“

      Karim sah Katja vor sich, wie sie sich sprichwörtlich um Kopf und Kragen redete. Er wusste, dass Daniel sie immer noch liebte und Thea hatte ihm bei einem langen Telefonat von dem Arrangement erzählt, das Daniel für seine Eltern eingegangen war, aber er brachte es nicht über das Herz, Katja etwas davon zu sagen. Das sollte Daniel mal schön selbst tun, wenn ihm etwas an ihr lag. Außerdem ahnte er, dass Katja ihm die Gleichgültigkeit nur vorspielte.

      „Ich muss jetzt weiter, mein Freund, und melde mich, wenn ich daheim bin.“

      Sie legten auf und Katja schämte sich, weil sie Karim nicht reinen Wein eingeschenkt hatte. Wenn sie an Daniels Blicke und seine Berührungen dachte, lief ihr ein Schauer über den Rücken und ihr Herz klopfte wild. Sie fuhr den Rest der Strecke in einem Rutsch durch und ließ sich zuhause erschöpft und verschwitzt auf die Hollywoodschaukel sinken. Sanft schaukelte sie vor sich hin und schloss die Augen, um sie gleich danach wieder aufzureißen. Nein, dachte sie, ich muss mich ablenken.


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