Tabu Wenn Liebe nicht sein darf. Ute Dombrowski
Читать онлайн книгу.sah ihr Unbehagen und lief schnell wieder ins Haus, nachdem Bea genickt hatte.
„Du siehst nicht gut aus, meine Liebe, hoffentlich hast du dir nichts eingefangen. Dann bist du an Silvester krank.“
„Bloß nicht! Ich gehe jetzt sofort ins Bett.“
Mit Nick, dachte sie und schämte sich. Sie küsste Bea auf die Wange und fuhr heim. Nick kam eine halbe Stunde später an, schob den Roller in die Garage und betrat vor Kälte zitternd das Haus. Katja hatte ihm einen Schlüssel gegeben, den er zuhause immer sorgfältig in einem Buch versteckte.
Er sah Katja auf der Couch sitzen, sie hatte die Arme um die angezogenen Knie geschlungen. Nick setzte sich dazu und betrachtete ihr sorgenvolles Gesicht.
„Was ist denn los?“
Nun sah Katja ihn auch an und er erkannte, dass sie geweint hatte. Erschrocken rückte er ein Stück ab.
„Habe ich etwas falsch gemacht?“
„Nein, du hast nichts falsch gemacht, ich mache immer alles falsch. Ich schäme mich so! Bea hat Vertrauen zu mir und ich missbrauche es. Das Ganze wird in einer Katastrophe enden, Nick. Ich darf dich nicht lieben.“
„Willst du Schluss machen? Liebst du mich nicht mehr?“, fragte er erschüttert.
„So habe ich das doch gar nicht gemeint! Mann, Nick, es geht mir wirklich nicht gut damit, was ich hier anrichte. Ich habe nicht nur das Vertrauen deiner Eltern missbraucht, sondern auch meinen Job und alles, was damit verbunden ist, verraten, als ich mit dir ins Bett gegangen bin. Wenn das rauskommt, verliere ich mein ganzes Leben! Und was noch viel schlimmer ist: Ich verliere dich!“
Katja war aufgesprungen und im Wohnzimmer auf- und abgelaufen, so sehr hatte sie der Abend mitgenommen. Nick kam nun zu ihr und stellte sich ihr in den Weg. Er zog sie an sich und hielt sie ganz fest.
„Es tut mir leid, dass es dir schlecht geht. Ich habe auch Angst, aber ich werde zu dir stehen, egal, was wird. Du bist doch gar nicht mehr meine Lehrerin, also kann dir von daher nichts passieren. Lass uns erst einmal Silvester feiern, nur wir zwei.“
Ja, dachte Katja, nur wir zwei. Das war auch ein Problem, mit dem sie erst zurechtkommen musste: Niemals konnten sie sich irgendwo gemeinsam blicken lassen, immer mussten sie sich verstecken. So schön die Nähe zu Nick auch war, sie hatte furchtbare Angst und klammerte sich nun ihrerseits an ihn.
Er hob sie auf seine Arme und trug sie ins Bett, wo er sie sanft liebte. Katja hatte nichts mehr gesagt, nun lag sie neben ihm und fragte sich, ob es einen Weg für sie geben würde. Ratlos sah sie, wie er aufstand, sich anzog und nach Hause fuhr. Zum Abschied küsste er sie auf die Stirn.
Wie, um sich selbst zu beruhigen, sagte er: „Wir schaffen das! Unsere Liebe ist etwas Gutes, also Kopf hoch. Wir müssen bloß sehr vorsichtig sein.“
Katja nickte nur.
An Silvester kam er gegen Abend. Bea und Bernd waren zu einem schönen Essen zum Italiener aufgebrochen. Bea hatte Nick über das Haar gestrichen. Bernd hatte ihm auf die Schulter geklopft.
„Einen guten Rutsch wünsche ich dir.“
„Danke Papa.“
Bea schloss sich an: „Hab einen schönen Abend mit deiner Freundin. Werden wir sie denn im neuen Jahr mal kennenlernen dürfen?“
„Ja, bestimmt“, log Nick, der genau wusste, dass seine Eltern sie nicht kennenlernen würden, jedenfalls nicht so, wie sie es sich vorstellten. „Viel Spaß euch beiden und einen guten Rutsch.“
Bea und Bernd verschwanden und Nick lief in sein Zimmer, um sich warm anzuziehen, dann setzte er sich auf den Roller und fuhr zu Katja. Sie hatte gekocht und so nahmen sie zuerst am schön gedeckten Tisch Platz. Danach räumten sie zusammen ab und setzten sich vor den Fernseher. Sie bekamen nicht viel vom Programm mit, denn Nick begann Katja zu küssen und zu berühren, dass sie alle Zweifel in die hinterste Ecke ihres Gehirns packte. Sie liebten sich und zogen sich kurz vor Mitternacht an, um ein Stück rauszufahren. Auf einem Berg parkte Katja das Auto, um Hand in Hand mit Nick auf die Wiese am Waldrand zu laufen, von wo aus sie das Feuerwerk der umliegenden Orte sehen konnten.
Schlag Mitternacht begann es ringsherum zu knallen und zu leuchten. Nick und Katja küssten sich eng umschlungen.
„Katja, ich wünsche dir ein schönes, nächstes Jahr und dass alle deine Wünsche in Erfüllung gehen.“
„Das wünsche ich dir ebenfalls. Auch wenn ich immer noch große Zweifel habe, dass wir eine längerfristige Chance haben, will ich alles tun, was dich glücklich macht.“
„Werden wir jemals offen zueinanderstehen können?“
„Keine Ahnung, eher nicht, aber lass uns nicht in die Zukunft schauen, wir leben jetzt!“
Reichlich durchgefroren machten sie sich auf den Heimweg und schliefen aneinander gekuschelt ein.
*
„In den nächsten vier Wochen komme ich nicht nach Hause“, sagte Nick am Morgen beim Frühstück zu Katja.
„Was?“
Sie schaute entsetzt auf und vergaß zu kauen. Vier Wochen waren eine sehr lange Zeit, wie sollten sie das überstehen?
„Vielleicht kannst du an dem mittleren Wochenende zu mir kommen? Da ist ja auch mein Geburtstag.“
„Kommen deine Eltern nicht?“
„Nein“, erklärte Nick sachlich, „sie werden ein Wochenende später da sein. Papa muss zu einem Termin ins Ausland und Mama begleitet ihn. Sie kommen erst ein paar Tage nach meinem Geburtstag zurück. Das schützt uns auch vor einem Überraschungsbesuch.“
„Aber hast du dort keine Freunde, mit denen du feiern möchtest?“
„Ja, schon, aber du bist mir viel wichtiger. Mit den Jungs kann ich rein feiern. Wir dürfen sowieso nichts trinken wegen des Turniers. Du kommst, gehst in die kleine Pension, die in der Nähe der Schule ist, schaust mir beim Fußball zu und am Abend, wenn ich volljährig bin, komme ich zu dir und wir lieben uns.“
„Darfst du über Nacht raus?“
„Wenn ich achtzehn bin, ja.“
„Gut, ich werde mein Möglichstes versuchen. Es sind ja keine Ferien und wenn Schnee liegt, wird das ein Chaos. Also drück die Daumen, ich komme gerne zu dir.“
Sie küssten sich innig, ehe er nach Hause fuhr. Katja suchte im Internet nach der Adresse der kleinen Pension, die Nick gemeint hatte, und buchte ein Zimmer. Es gab dort kleine Ferienwohnungen über einen Hof, also würde niemand sehen, wenn Nick zu ihr kam.
Am Montag nach den Ferien wartete Robert Beier vor der Tür des Kunstraumes auf Katja. Sie erschrak, weil er ganz plötzlich aus dem Schatten auf sie zu kam.
„Warum schleichst du dich hier so an?“
„Ich schleiche mich nicht an, ich habe auf dich gewartet. Hattest du schöne Ferien?“
„Natürlich hatte ich schöne Ferien, denn du warst weit weg. Jetzt hau ab.“
„Du hast eine Menge verpasst ohne mich. Komm doch am Wochenende zu mir, dann zeige ich dir, was du verpasst hast.“
Mit diesen Worten drückte er Katja gegen die Wand und hielt ihr Handgelenk fest. Sie riss sich los und stieß ihn weg, als genau in diesem Moment Marco um die Ecke kam. Der zog die Augenbrauen hoch und schaute die beiden an.
„Brauchst du Hilfe, Katja? Was will denn der Herr Kollege?“
Katja schüttelte den Kopf, denn Robert war schnell weggelaufen. Sie zuckte mit den Schultern.
„Seit Anfang des Jahres belästigt der mich jeden Tag. Heute ist er handgreiflich geworden.“
Marco, der sich immer für die Schwachen einsetzte und Gewalt verabscheute,