Die Pueblo-Kulturen. Werner-Wolf Turski
Читать онлайн книгу.die Zuordnungen zu ihnen und auch die Zuordnungen von bestimmten lokalen Gruppen zu den Mogollon schwanken von Forscher zu Forscher und ergeben aus den Quellen ein sehr differenziertes Bild. Gefördert wird dieser Sachverhalt durch die „Trennung“ des Mogollon-Kulturgebietes in den heute anglophonen Raum der USA und den spanischsprachigen Raum von Mexiko mit ihren unterschiedlichen archäologischen Schulen und Motiven der Förderung archäologischer Forschungen einschließlich der dafür einsetzbaren finanziellen Mittel. Die Darstellung der Mogollon-Kultur ist etwas USA-lastig, was zu einem wahrscheinlich kleinen Teil den unzureichenden Spanisch-Kenntnissen des Autors geschuldet ist. Andererseits ist zu verstehen, dass Mexiko politisch und wirtschaftlich wichtigere archäologische Forschungs- und Restaurierungsobjekte hat als Grubenhäuser und kleinere Pueblos im auch heute noch als weitgehend barbarisch angesehenen Norden des Landes.
Die nordwestlichen Mogollon-Gruppen im Bereich des Gebirgszuges des Mogollon Rim mit ihrer charakteristischen brownware Keramik gaben der von den US-amerikanischen Archäologen definierten Mogollon-Kultur die Bezeichnung.
2.1.5. Die Formierung der Mogollonkultur
Sie entwickelte sich in der Frühen Grubenhaus-Periode (Early Pit House Period) (200 bis 550/600/750 u.Z.) aus der früheren archaischen Cochise-Kultur (Desert culture/Wüsten- oder Trockenlandkultur), deren kleine nomadische Gruppen in den mehr bergigen Teilen des oben umrissenen Gebietes lebten. Die Bodenbau/Gartenbau-Wirtschaft (Die Bezeichnung Gartenbau war inspiriert von der relativ geringen Größe der bestellten Landstücke.) begann ganz allmählich ab 350 v.d.Z. Die Einführung der Keramikproduktion um ca. 200 u.Z., signalisierte das Ende der Cochise- und den Beginn der Mogollon-Kultur. Die Töpfe - wegen ihrer Zerbrechlichkeit und ihrem Gewicht ein Indiz für Ortsbeständigkeit oder wenigstens temporäre Sesshaftigkeit - dienten anfangs zur besseren Aufbewahrung/Speicherung von pflanzlichen Sammel- und Ernteprodukten (Nahrung und vor allem Saatgut!) und Wasser und erst später zur Nahrungsstoffvor- und -zubereitung.
In der ersten Phase, die irgendwann um die Zeitwende zwischen 350 v. d. Z. und 200 u. Z. begann, übernahmen die westlichen Mogollon-Gruppen noch recht zögerlich den Bodenbau/Gartenbau mit den Kultigenen (Kulturpflanzen) Mais, Bohnen und Squash, obwohl im mexikanischen Bereich diese Kulturpflanzen schon seit mindestens 2000 Jahren genutzt wurden. Einige Gruppen lebten noch in Steinalkoven oder Höhlen. Andere, wahrscheinlich erweiterte Familien von einigen Dutzend Menschen, bauten kleine Weiler aus vereinzelten Hütten auf topographischen Erhebungen wie Hügeln, Bergrücken, Mesas und Bluffs, von wo aus sie ihre bestellten Bodenflächen und auch das weitere Umland überschauen konnten. Diese Standortwahl wurde von Seiten der Archäologen oft mit einer guten „Verteidigungsfähigkeit“ begründet und auf mögliche Konflikte mit rein nomadischen Jäger- und Sammlergruppen verwiesen. Welche „Verteidigungsfähigkeit“ sollte jedoch eine kleine, kaum erkennbare, oft nur temporär genutzte Niederlassung von 5 bis 6 Grubenhäusern aufweisen? Der Standort musste lediglich einen guten Überblick über das genutzte/beanspruchte Revier gewährleisten. Es ist aber anzunehmen, dass diese Orte oft nur zeitweilig während der Gartenbestellung und während der Ernte und bei großen Sammelaktivitäten in der näheren Umgebung bewohnt waren. In der anderen Zeit wurde die benötigte Nahrung durch mehr oder minder ausgedehnte Sammelwanderungen und Jagdzüge der gesamten Gruppe eingebracht. Deshalb blieb die Grubenhaus-Ansammlung/das Dorf/der Weiler in dieser Zeit ungenutzt, teilweise waren sie wahrscheinlich nur Winterquartiere. Die bei einigen Standorten festgestellten rohen Umwallungen von Niederlassungsstätten werden sicher auch nur zur Markierung und gegebenenfalls dem spirituellenSchutz des Ortes oder der Gemeinschaft gedient haben. In dieser Phase dominierten die Grubenhäuser gegenüber den früheren leichten Bauten wie Windschirmen u.ä. oder nur der reinen Höhlennutzung. Im Allgemeinen bestanden die frühen Siedlungen dieser Periode aus durchschnittlich sechs Grubenhäusern.
Diese halbunterirdischen Hütten oder Grubenhäuser (engl.: pithouses) bestanden normalerweise aus gewölbten Dächern über oder auch in ausgeschachteten Gruben. Die annähernd kreisförmigen oder länglich-rechteckigen Gruben waren 0,66 bis 1,65 m tief und hatten einen Durchmesser 3,3 bis 5,0 m. Die Dächer, hergestellt aus Zweigwerk und Gras mit einer dicken Deckschicht aus Schlammverputz, ruhten entweder auf vier in je ein Loch eingesetzten aufrechten gegabelten Pfosten oder auf einem Pfosten im Zentrum und anderen, die am Rand der Grube aufrecht gestellt wurden. Ein abgeschrägter Kriechgang oder ein gestufter Eingang diente dem Zutritt in das Bauwerk. Der Rampeneingang, normalerweise auf der östlichen Seite, diente auch der Belüftung für die in den Boden nahe dem Zentrum des Hauses gegrabene kreisförmige Feuerstelle. Einige Familien benutzten nur eine Vertiefung im Boden, andere bauten sie mit Lehm und Steinumrundungen aus. Wieder andere legten ihre Feuerstellen außerhalb des Hauses an. Die Grubenhäuser hatten einen festgestampften oder festgetretenen Boden, in den Vorratsgruben oder -öffnungen gegraben worden waren.
Die Mogollon bevorrateten ihre Nahrungsstoffe, Samen von Feldfruchternten und von Wildpflanzen, in gefäßdimensionierten Gruben innerhalb des Hauses oder unmittelbar neben dem Haus. Sie bedeckten die Böden der größeren Lagergruben wahrscheinlich mit einer groben Holzabdeckung und/oder verschlossen die Oberseiten mit flachen Steinen.
Manchmal wurden die eng zusammengekrümmten Leichen verstorbener Sippenmitglieder in größeren oder erweiterten inneren Lagergruben begraben. Die Bewohner fuhren danach fort, in ihrer Hütte über den begrabenen sterblichen Überresten weiter normal zu leben.
Im Gegensatz zu den von den Archäologen als „Basketmaker“/Korbmacher bezeichneten frühen Kulturstufen der Anasazi sind die Hinweise auf die Nutzung von Körben bei den Mogollon äußerst spärlich, was fast den Eindruck erweckt, dass für die Mogollon die Korbherstellung und -nutzung nur marginal gewesen sei. Das ist aber nicht anzunehmen, denn die Körbe waren auf Grund ihrer Größe, Stabilität und relativen Leichtigkeit weiterhin für Transport und auch die Vorratshaltung von pflanzlichen Nahrungsstoffen dominierend, auch wenn in dem archäologischen Fundmaterial aus erhaltungstechnischen Gründen keramische Produkte stets stärker im Blickfeld stehen.
Inmitten ihrer oft aus 15 bis 20 Grubenhäusern bestehenden späteren Weiler errichteten die Mogollon größere semisubterrane (bis zu 75% ihrer Höhe eingetiefte) Bauten, die wahrscheinlich als Gemeinschafts(zeremonial)bauten oder Kivas für religiöse und/oder kommunale Zwecke dienten. Die Kivas mit den grob kreisförmigen oder D-förmigen Grundrissen hatten gerampte oder gestufte - meist nach Osten ausgerichtete - Eingänge. Der bauliche Bezug zu den normalen Grubenhäusern ist noch sehr offensichtlich. Eventuell wurden dort auch Gemeinschaftsritualgegenstände wie Tonfiguren von Mensch und Tier, Zauberstöcke/Gebetsstöcke/Pahos der Heil-Personen, die Klauen von spirituell machtvollen Tieren, Steinpfeifen für den wilden Tabak, Farbmineralingredienzien für die Körperbemalung, Quarzkristalle und Steine mit exotischen Formen abgelegt, soweit sie nicht der direkten persönlichen Nutzung dienten. Die meisten dieser Gemeinschaftshäuser hatten eine zentrale Feuerstelle. Einige hatten auch innere (Lager)-Gruben und manchmal parallel in den Boden gegrabene Furchen, die als Abdrücke von Fußtrommeln interpretiert wurden. Diese Gemeinde(zeremonial)räume wiesen zu dieser Zeit noch nicht das für eine Kiva von den Archäologen festgelegte Kriterium „Sipapu“ auf. Die Sipapu erschien erst zwischen 900 und 1000 u.Z. bei den zentralen Mogollon, den Mimbres. Allerdings wird für die Zeremonialräume der Mogollon die zentrale Feuerstelle/Feueraltar(?) oft mit der Sipapu gleichgesetzt - eine durchaus plausible, aber nicht beweisbare Hypothese.
Bei den Süd-Mogollon waren die frühen Grubenhäuser noch sehr flach eingetiefte „Häuser in der Grube“ mit durchschnittlich ca. 10 m² Nutzfläche, aus denen Niederlassungen von bis zu 10 Grubenhäusern um eine „Plaza“ von ca. 40 m Durchmesser gebaut wurden. Auch in diesen Grubenhäusern wurden Vorratsgruben, einfache, eingetiefte und nicht ausgekleidete Feuerstellen und Bestattungen gefunden. Die runden Gemeinschaftshäuser hatten Grundflächen bis zu 45 m² (Durchmesser ~ 7,5 m), zwei niedrige Wandreihen als Stützfundamente für die Hauspfosten sowie sechs zentrale Stützpfosten und auf dem Boden eine adobeverkleidete Feuerstelle. Das Gemeinschaftshaus der Süd-Mogollon entwickelte sich in den folgenden Jahrhunderten weiter, wurde aber nicht mehr zu einer von den Archäologen