Finn und Tea bei den Kreuzrittern. Anja Obst

Читать онлайн книгу.

Finn und Tea bei den Kreuzrittern - Anja Obst


Скачать книгу
aus dem Lexikon!«, beendete Finn mit einem leisen Aufseufzen seinen Satz.

      Finn hielt seinem Vater das Buch hin, der kurz den Eintrag überflog. Tatsächlich, Seldschuken hießen die Eroberer. Dass Finn sich das gemerkt hatte, wollte der Vater kaum glauben.

      »Na, das nenne ich doch mal spielerisch lernen!«, kommentierte er und gab seinem Sohn das Lexikon zurück.

      »Robert?«, rief die Mutter von unten.

      »Ja, Moment, Liebes«, rief seinerseits der Vater. »Weshalb ich überhaupt gekommen bin«, wandte er sich wieder an Finn, »wir wollen ein bisschen spazieren gehen. Gehe ich recht in der Annahme, dass du keine Lust hast, mitzukommen?«

      Als Antwort reichte ihm das freche Grinsen von Finn.

      »Gut, dann viel Spass auf deiner Reise nach Jerusalem! Bis später!«

      Erneut musste Finn ein Haarestrubbeln über sich ergehen lassen, dann war der Vater wieder zur Tür hinaus.

      Der Junge wartete, bis die Haustür ins Schloss gefallen war und rief dann:

      »Man, was für ein Abenteuer! Ich war so kurz davor, meinem Vater davon zu erzählen! Tea, das war echt großartig!«

      Die Puppe verneigte sich tief.

      »Immer wieder gerne!«

      »Wie hast du das gemacht?«

      »Tut mir leid, aber das ist mein Betriebsgeheimnis«, lachte Tea. »Und wahrscheinlich würdest du das Zeit-Raum-Kontinuum aus der Relativitätstheorie mit den damit zusammenhängenden Kausalitäten sowieso nicht ganz verstehen«, verkomplizierte sie die Abenteuerreise absichtlich und setzte dazu ein Gesicht auf, das Finn von weiteren Fragen abhalten sollte. Der Plan ging auf.

      »Das was? Wie? Ach, egal! Das war echt abgefahren, wie wir durch die Farben gedüst sind und plötzlich ganz woanders waren! Und das Treffen mit einem echten Ritter! Wahnsinn! Wann können wir wieder los? Wir können doch wieder dahin? Oder? . . . »

      »Hol mal Luft!«, unterbrach ihn die Puppe.

      Als Finn wieder normal atmete, begann Tea zu grinsen.

      »Auf jeden Fall habe ich schon mal einen Lernerfolg gesehen.«

      »Lernerfolg?«

      »Na, spielerisch lernen, wie dein Papa vorhin sagte. Du weißt jetzt nicht nur, wer die Seldschuken sind, du kannst das Wort sogar aussprechen.«

      »Haha! Was ist denn jetzt? Fliegen, äh, fahren, äh, reisen wir noch mal ins Mittelalter?«

      Es bereitete Tea sichtlichen Spaß, Finn zappeln zu lassen. Sie inspizierte ihren schwarzen Umhang, klopfte ihn ein bisschen aus, fegte mit der kleinen Hand Staub von ihren Schuhen und überprüfte schließlich noch die Sauberkeit ihres spitzen Hutes. Als sie ihn wieder aufsetzte, blickte sie in Finns flehendes Gesicht.

      »Hmmmm«, machte Tea. »Ich denke darüber nach. Lass dich überraschen!«

      Mehr war aus ihr nicht herauszukriegen.

      Beim Abendessen blieb den Eltern nicht verborgen, dass ihr Sohn irgendwie aufgeregter war als sonst. Auch wenn Finn versuchte, das so gut wie möglich zu verbergen.

      »Hattest du einen schönen Geburtstag?«, fragte ihn seine Mutter.

      »Oh ja! Er war super!«

      Die Eltern wechselten einen verstohlenen Blick. So außergewöhnlich war der Tag nun wirklich nicht gewesen. Eigentlich wie immer, abgesehen von dem Besuch der Großeltern und den Geschenken.

      »Was hat dir denn am besten gefallen?«

      »Die Reise!«, sprudelte Finn ohne zu überlegen hervor. Sofort biss er sich auf die Zunge.

      »Welche Reise?«, fragten seine Eltern auch gleich unisono.

      »Also, äh, das Spiel mit den Rittern, meine ich«, stammelte Finn.

      Das Blut schoss ihm in Sekundenschnelle in den Kopf.

      »Finn hat eine Abenteuerlandschaft quer durch sein Zimmer gebaut«, erklärte der Vater und fragte dann seinen Sohn: »Sind die Ritter denn schon in Jerusalem angekommen?«

      »Nein, noch nicht. Der Papst hat doch gerade erst verkündet, dass sie auf Kreuzzug gehen sollen. Die Ritter bereiten sich noch vor.«

      »Ach so, ja, das ist natürlich wichtig bei so einer langen Reise.«

      »Vorbereitungen sind doch furchtbar langweilig, oder?«, fragte die Mutter.

      Sie zog bei der Frage eine Augenbraue nach oben, wie sie es immer tut, wenn sie sicher ist, Finn beim Flunkern zu ertappen. Finn schluckte. Nervös rutschte er von einer Pobacke auf die andere. Um Zeit zu gewinnen, griff er zu seinem Glas und nahm drei kräftige Schlucke Orangensaft.

      »Ich wollte gerne alles so echt wie möglich machen«, sagte er dann.

      Wieder stieg die Hitze in seinen Kopf.

      »Ich habe viel im Lexikon gelesen, wieso es eigentlich Kreuzzüge gab und so. Das hat wohl länger gedauert, als ich dachte.«

      An dem Blick seiner Mutter konnte er ablesen, dass auch diese Erklärung sie nicht überzeugte.

      »Und wieso gab es Kreuzzüge?«

      Natürlich, seine Mutter konnte nicht locker lassen!

      Was hatte Tea vorhin erklärt? Eroberungen und Bekehrungen, richtig? Genau! Das waren zwei der Gründe gewesen. Gespannt schaute Finn seine Mutter an, als er antwortete.

      »Unglaublich, da ist ja endlich mal was hängengeblieben von dem, was du gelesen hast«, lobte sie.

      Finn erkannte jedoch an ihrer Körperhaltung, dass sie noch immer Zweifel hatte. Dann nämlich verschränkte sie ihre Arme und legte ihr Kinn auf die rechte Hand.

      »Das Lexikon ist wirklich toll!«

      Finn merkte, dass er damit ihr Misstrauen noch vergrößerte, trotzdem fuhr er fort:

      »Es ist sehr verständlich, ausführlich und spannend geschrieben.«

      »Hast du denn auch gelesen, wer die Ritter eigentlich waren?«, mischte sich der Vater ein.

      Erst durch den ärgerlichen Blick seiner Frau merkte er, dass er sie in ihrer Spurensuche gestört hatte. Finns Kopf nahm langsam wieder seine normale Farbe an und er sagte, er habe nur etwas über Kreuzzüge erfahren, aber nicht viel über die Ritter selbst. Er war froh, dass sein Vater das Thema gewechselt hatte und hoffte, dass die misstrauischen Fragen seiner Mutter jetzt vielleicht aufhörten. Als seine Mutter wieder zum Sprechen ansetzen wollte, sagte er noch schnell:

      »Ich weiß eigentlich nur, dass die Ritter so was wie Soldaten waren.«

      »Nicht nur«, warf der Vater ein, den zweiten verärgerten Blick der Mutter ignorierend. »Ritter zu sein war eine Ehre, die nur den Adeligen vorbehalten war.«

      »Also konnte nicht jeder einfach so Ritter werden«, fragte Finn und dachte an Leopold. Adelig war er ihm nicht vorgekommen.

      »Nein«, erklärte der Vater. »Leute, die einem niederen Stand angehörten, wie Bauern zum Beispiel, hatten kaum eine Chance, zum Ritter ernannt zu werden. Außer vielleicht, sie haben etwas ganz Besonderes geleistet.«

      »Was sind denn Stände?«, fragte Finn dazwischen.

      »Das sind Gesellschaftsklassen. Also praktisch eine Sortierung der Bürger. Der König hatte den höchsten Stand und somit die Macht in einem Land. Danach kamen die Adeligen, dann die Geistlichen und ganz unten in der Hierarchie standen dann Handwerker und Händler und zuletzt die Bauern.«

      »Also konnten Bauern gar keine Ritter werden?«

      »Wie heute war auch im Mittelalter vieles eine Frage des Geldes«, sagte der Vater. »So weit ich weiß, gab es eine Ausbildung, um Ritter zu werden. Aber die dauerte sehr lange und kostete natürlich sehr viel Geld. Das konnten sich die Bauern nicht leisten.«

      »Eine


Скачать книгу