Chuck. Hans Müller-Jüngst

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Chuck - Hans Müller-Jüngst


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Luft schnappen ließ, er war immer froh, die Straßenbahn an der Schule verlassen zu können und frische Luft einatmen zu dürfen. Auch im Lehrerzimmer atmete er immer den Duft verschiedenster Parfums von Frauen und Männern ein, er sah immer zu, dass er schnell zu den Klassen hochlief. An jenem Morgen traf er Doris, wie sie auf dem Weg zum Kunstsaal war und grüßte sie, sie lächelte freundlich und grüßte zurück, sie wünschten sich beide einen schönen Tag und gingen ihrer Wege, Chuck erinnerte Doris noch an das Fitnessstudio am Nachmittag. Beide hatten sie an dem Tag sechs Stunden Unterricht hintereinander und waren dann dementsprechend geschafft. In den letzten beiden Stunden hatte Chuck einen Mathekurs in der Jahrgangsstufe 12, in dem er entspannen konnte, Doris aber hatte durchgängig die Mittelstufe und war die ganze Zeit dem Lärm ausgesetzt, den die Schüler verbreiteten. Sie trafen sich nach der Schule und fuhren zu Chucks Wohnung, Doris hatte ihre Sportsachen dabei und würde sich im Fitnessstudio umziehen.

      Chuck machte für Doris und sich einen Espresso, Doris schaute sich in der Zeit in Chucks kleiner Wohnung um und bescheinigte ihm einen guten Geschmack bei der Einrichtung. Chuck bedankte sich für das Kompliment und setzte sich mit Doris auf seine Couch, er hatte Cantuccini geholt und sie auf den kleinen Couchtisch gelegt. Nach einer halben Stunde forderte Chuck Doris auf, mit ihm zum Fitnessstudio zu laufen, das würde zwar etwas länger als normal dauern, er hätte aber nur ein Fahrrad und die Straßenbahn fuhr nicht am Studio vorbei. Doris hatte, genauso wenig wie Chuck, ein Auto, sie erledigte ihre Einkäufe und sonstigen Termine in der Stadt mit der Straßenbahn, sie und Chuck ersparten sich so eine Menge Kosten und Parkplatzärger. An der Studiorezeption stellte Chuck Doris vor und sagte:

      „Doris möchte gerne ein Probetraining absolvieren.“

      „Das geht in Ordnung“, bescheinigte man ihm, „viel Spaß beim Training.!“, rief man ihnen hinterher. Chuck lief mit Doris, nachdem sie sich umgezogen hatte, zum Rücken-Bereich hoch, er wollte mit ihr etwas für den Rücken tun und es für den Tag dabei bewenden lassen. Er legte sich mit dem Rücken auf eine Crunch-Bank und machte Situps, die Doris nachmachen sollte und wo sie nach zehn Wiederholungen passen musste, weil ihre Buchmuskeln schmerzten. Chuck sagte

      „Das ist völlig normal, Du musst nach und nach Bauchmuskeln ausbilden, bis Du ohne Probleme fünfzig Situps hintereinander machen kannst.“ Doris versprach, täglich zu Hause zu üben, „ich werde mich auf meinen Wohnzimmerteppich legen und dort meine Situps machen, jeden Tag ein paar mehr, bis ich bei fünfzig Situps angekommen bin.“ Anschließend ging Chuck doch noch mit Doris in den Geräteraum und setzte sich an den Lattzieher, er machte die Übung zunächst vor und bat Doris dann, sie nachzumachen. Er legte ihr für den Anfang zwanzig Kilogramm auf, die sie ganz gut bewältigen konnte, er sagte ihr:

      „Du musst immer bestrebt sein, gerade zu sitzen und die Stange des Lattziehers hinter ihrem Kopf bis zu ihrem Nacken herunterzuziehen.“ Doris schaffte 3x10 Wiederholungen und stand dann erschöpft auf, sie nahm ihr Handtuch und wischte sich den Schweiß aus ihrem Gesicht, Chuck wollte aber noch eine Übung mit ihr machen und es danach für den Tag genug sein lassen. Er ging mit ihr zum Beinstrecker, machte zunächst vor, worauf es dabei ankam und bat Doris dann, sich an das Gerät zu setzen und 3x10 Wiederholungen mit zwanzig Kilogramm zu machen. Beim dritten Satz begann Doris, über Schmerzen in den Oberschenkeln zu klagen und rieb sich, als sie fertig war, mit den Händen ihre Muskeln. Auch das wäre eine Übung, die sie immer wieder trainieren müsste, sagte Chuck.

      „Die Oberschenkel werden im Alltag kaum beansprucht, außer, man fährt Fahrrad und das regelmäßig über längere Strecken.“ Doris war völlig erledigt und Chuck sagte ihr, das sie für den Tag aufhören wollten, es gäbe, wie sie gesehen hätte, noch eine Fülle weiterer Geräte, an denen sie sich beim nächsten Mal versuchen wollten. Doris sollte sich umziehen und vor der Rezeption mit ihm einen Cappuccino trinken, er würde sie einladen. Als sie an dem kleinen Tischchen saßen, klagte Doris über Muskelschmerzen:

      „Sicher werde ich am nächsten Tag mit Muskelkater aufwachen, aber das ist eben der Preis, den ich nun für meine jahrelange körperliche Untätigkeit zahlen muss.“ Chuck versprach ihr, dass es die Probleme nur in der Anfangsphase ihre Trainings gäbe:

      „Sobald sich nur ein bisschen ein Muskelaufbau vollzogen hat, sind die Muskelschmerzen wie verflogen, und es gibt auch keinen Muskelkater mehr.“ Wichtig wäre für sie, es am Anfang nicht zu übertreiben und sich nicht zu überfordern, ein Fehler, den viele Anfänger machten. Sie müsste sich ganz allmählich an die körperlichen Anstrengungen gewöhnen und peu a peu die Leistungsanforderungen steigern, wenn sie denn überhaupt beim Training bleiben wollte. Doris überlegte kurz und sagte:

      „Ich werde das Training zunächst einmal pro Woche aufrechterhalten, um es danach möglicherweise zu intensivieren.“ Chuck fand es sehr gut, dass sie so viel Stärke aufbrachte und sich nicht aufgab, er bestärkte sie in ihrer Absicht, weiterzutrainieren. Er gratulierte ihr zu ihrem ersten erfolgreichen Trainingstag und machte ihr klar:

      „Auch wenn Du über eine Menge Muskelschmerzen klagst, musst Du weitermachen, ich habe Dir ja schon gesagt, was mein Leitmotto ist, „mens sana in corpore sano“, ein abgedroschener Spruch, der aber in meinen Augen unbedingt Bestand hat.“ Chuck unterstrich seine Auffassung, dass ein gesunder Körper den Geist beflügelte, ihn zu Regungen befähigte, von denen man vorher nie etwas geahnt hätte, und umgekehrt sich der Geist dadurch in ungeahnte Höhen aufschwingen könnte.

      „Ich weiß, dass ich in Deinen Augen nur so daherrede, Du musst den Wirkmechanismus erst am eigen Leibe verspüren, um nachvollziehen zu können, wovon ich spreche“, sagte Chuck und vertiefte seine Äußerungen nicht weiter. Doris und er verließen das Fitnessstudio danach wieder, und er brachte sie zur Straßenbahnhaltestelle vor seiner Haustür, wo er sich von ihr verabschiedete, sie winkte ihm am Fenster der Straßenbahn noch zu. Chuck würde in der nächsten Woche am gleichen Tag wieder mit Doris ins Studio gehen, immer, wenn er sie bis dahin in der Schule träfe, würde er sie an ihr Training zu Hause erinnern. Als er sie am nächsten Tag in der Schule sah, ging sie leicht eiernd und gebückt.

      „Ich habe überall Muskelkater“, sagte Doris, „ich weiß gar nicht, wie ich mich bewegen soll.“ Chuck tröstete sie und sagte:

      „Der Muskelkater verschwindet mit zunehmendem Trainingsfortschritt, Du darfst Dich nur nicht aufgeben.“ Er selbst besuchte am Nachmittag wieder das Fitnessstudio und sagte an der Rezeption, dass seine Partnerin vom Vortag gerne einmal pro Woche trainieren käme, er wollte ihr das Training schenken, sie sollten ihm ein Angebot machen.

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