Ein Mann will nach oben. Ханс Фаллада

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Ein Mann will nach oben - Ханс Фаллада


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Minuten da. Aber mehr als zehn Mark gebe ich dir die erste Woche nicht, ich muß erst sehen, was du wert bist.«

      Also zehn Mark die Woche bin ich doch schon wert! dachte der Junge und ging an dem Maurer Busch vorbei, der noch immer geduldig, unverändert auf demselben Fleck stand. Es ist vielleicht nicht viel, aber es ist ein Anfang, dachte er. »Er will mich einstellen, Herr Busch«, sagte er im Vorbeigehen.

      Der Mann hob den Blick, etwas wie Leben war darin. »Sag der Tochter nischt – von dem hier«, flüsterte er.

      »Natürlich nicht, Herr Busch«, antwortete Karl Siebrecht und ging zum Ziehwagen hinüber.

      Sie luden einen Schrank, dann eine Kommode ab. Der Junge bekam gleich etwas zum Zufassen. Es war ein Mann, lang, mit hohlen grauen Backen, und ein Weib, das so schwach schien, daß es kaum stehen konnte. Immerzu hustete sie. Die beiden nahmen Karl Siebrechts Hilfe ohne Dank mit einer mürrischen Selbstverständlichkeit hin. Als einmal die Frau, von einem nicht enden wollenden Husten geschüttelt, an die Wand gelehnt dastand, sagte der Mann verbissen: »Det ist nu die neunte Wohnung, die wa trocken wohnen. Ick jloobe nich, det se noch die zehnte mitmacht.«

      »Was tun Sie –?« fragte Karl Siebrecht.

      »Na wat wohl? Kennste det nich? Det weeßte wohl nich, du mit deine Samtpfoten? Wa wohnen die Wohnungen trocken for die, die Miete zahlen. Dafor blechen wa keene Miete, und die Schwindsucht jibts jratis zu! Det nennt man Trockenmieter – weil wa ewig ins Nasse sitzen!«

      »Und das ist erlaubt?!« rief Karl Siebrecht. »Sie gehen doch zugrunde dabei!«

      »Meenste?« fragte der Mann, und etwas wie ein grimmiger Spott wurde in seinen grauen, hoffnungslosen Augen wach. »Wenn de nich solche Samtpfoten hättest, Junge, denn wüßtest de, daß unsereenem nur det Krepieren erlaubt ist, sonst nischt! – Na, faß an, det wa den Schrank rinkriegen!«

      Karl Siebrecht war so erfüllt von dem Erlebten, daß er auch den Polier, der ihn holte, mit der Frage bestürmte, ob denn so etwas wirklich erlaubt sei? Der Polier maß das junge, vor Entrüstung gerötete Gesicht mit einem Blick. »Det jeht mir nischt an«, sagte er, plötzlich urberlinerisch. »Ick baue; wat denn mit die Bauten wird, det jeht mir nischt an. Und dir ooch nich.« Und wieder hochdeutsch: »Ich hab den Busch doch wieder eingestellt. Ich krieg bestimmt Krach mit dem Chef, aber ich kann den Mann doch so nicht stehenlassen!«

      »Danke schön«, sagte der Junge.

      Sie waren in einen ganz fertigen Neubau gekommen. Alle Fenster und Türen standen weit offen, der Zugwind pfiff durch die Räume, in denen die großen Körbe mit glühendem, knisterndem Koks standen.

      »Hier trocknen wir vor – für deine Trockenmieter«, sagte der Polier mit einem trüben Lächeln. Er pfiff gellend auf zwei Fingern. Nach einer Weile schurrte ein kleiner buckliger Alter heran, grauschwarz vom Rauch und Kohlenstaub, mit hängenden langen Armen. »Edwin, da ist ein Junge, der kann dir beim Kokstragen helfen. Laß ihn machen, was nötig ist. Er hat gesagt, er macht alles. Und seht, daß ihr oben den fünften Stock bald fertigkriegt, der soll nächste Woche schon bezogen werden. Also los, Jung, der Edwin zeigt dir alles. – Und noch eins, Edwin! Daß du mir nicht mit dem Jungen stänkerst wie sonst. Wenn diesmal einer fliegt, dann bist du das!« Damit ging der Polier.

      9. Rein in die Arbeit! Raus aus der Arbeit!

      Der kleine Buckel mit den hängenden Affenarmen stand vor Karl Siebrecht und sah ihn schräg von unten schweigend an. Dabei zeichnete sich das Weiß des Augapfels, das einzige Weiß in diesem kohlegeschwärzten Gesicht, stark ab – das gab dem Alten ein böses Aussehen! Nach einer Weile, als Edwin ganz sicher war, der Polier war wirklich fort, fragte er: »Wat bist denn du for eener?«

      »Genauso einer wie du!« lachte Karl Siebrecht.

      »Det sare nich! Biste verwandt mit'n Polier?«

      »Nein!«

      »Aber aus seine Freundschaft biste?«

      »Kein Gedanke!«

      Der Buckel dachte nach. Dann: »Denn kennste den Chef! Kennste den Chef?«

      »Auch nicht. Nie gesehen.«

      »Wen kennste denn uff den Bau?«

      »Keinen. – Doch – den alten Busch.«

      »Den hat er doch jeschaßt!«

      »Und heute früh wieder eingestellt!«

      »Hat er? Wirklich?«

      »Hat er! Wirklich!«

      »Und dir hat er ooch injestellt? Woher kennste denn den Polier?« »Kenne ihn gar nicht.«

      »Den mußte doch kennen! Ick soll dir doch sanft anfassen – det hat er noch uff keenen jesagt.«

      »Du brauchst mich auch nicht anders anzufassen als die anderen!«

      »Det sare nicht. Sare det nur nich.« Der Buckel seufzte. Dann, dringlich: »Junge, sare bloß, warum hat er dir injestellt?«

      »Wahrscheinlich, weil ich ihm leid getan habe, ich bin nämlich arbeitslos.«

      »Und denn sanft anfassen!« Der Buckel seufzte, noch kummervoller. »Ich sehe schon, du bist stickum ...«

      »Was bin ich?«

      »Du willst es nur nich sagen. Na, denn laß, aba det sare ick dir: wer uff mir jesagt hat, hier stinkt's, der hat jelogen!« Er erregte sich stärker: »Hier schnüffelste nischt raus! Ick habe keenen Koks nich verschoben! Wer det sagt, lügt. Und sonst ooch nischt.«

      »Ich bin kein Spion vom Polier.«

      »Siehste! Nun ist's raus! Aber vom Chef biste eener! Ich hab's jleich an deine Pfoten jesehen, wie ich deine Pfoten jesehen habe, ha' ick mir jesagt, det is eener von's Büro, der kommt schnüffeln!«

      »Aber bestimmt nicht! Ich weiß nich mal, wie der Chef heißt!«

      »Det sare nich – ick bin reell bis uff de Knochen! Bei mir schnüffeln Se nischt aus! Wat wollen Se sich de schönen Pfoten dreckig machen?! Ich zeige Sie alles, und denn setzen Sie sich irgendwo ins Warme, und denn saren Se dem Chef: der Edwin is reell. Und det können Se mit ruhigem Gewissen sagen, ohne sich die Pfoten dreckig zu machen –«

      Karl Siebrecht zog sich die Joppe aus. »Also jetzt fangen wir mit der Arbeit an. Das ist alles Gefasel von dir, Edwin! Wo liegt der Koks? Im fünften Stock sollen wir anfangen –« Der Buckel starrte ihn mit einem so verzweifelten Augenverdrehen an, daß er lachen mußte. »Wirklich! Ich arbeite. Zehn Mark soll ich die Woche kriegen – was kriegst du, Edwin?«

      Edwin seufzte, sehr schwer. »Ick nehm dir's nich ab. Von meinswejen, wenn de dir partuh insauen willst! Aber desterwejen schnüffelste doch nischt raus!«

      Und nun fingen sie wirklich an, die Kokskörbe herumzuschleppen, Glut von einem in den anderen zu tragen, mit einem Blasebalg loszufauchen, neue Feuerung in Körben aus dem Keller heraufzuholen. Es war eigentlich eine vergnügliche Arbeit, der Polier hätte Schlimmeres und Schwereres für Karl Siebrecht finden können. Der Koks prasselte so angenehm in den Körben, die rote Glut leuchtete und wärmte so freundlich in der kalten Novemberluft, friedlich ächzte und knarrte das Leder des großen Blasebalges, während freundliche Wärme Karls Gesicht und Hände bestrich ... Und nun hinein in die eisig pfeifende Zugluft der Treppen und Gänge, an den offenen Fenstern vorbei, hinab in die schwarze, naßkalte Höhle der Kokskeller, den Korb gefüllt und wieder hinauf im Trab zu der Wärme, der sanften Glut, dem behaglichen Ächzen.

      Wenn nur dieser verfluchte Zwerg, dieser Edwin nicht gewesen wäre! Immer wieder, mitten in der Arbeit, im schönsten Laufen fing er an: »Sag es mir doch: wer hat dir jeschickt? Bloß, det ick es weiß!«

      Bis es Karl Siebrecht zu dumm wurde und er ärgerlich rief: »Du mußt ein verdammt schlechtes Gewissen haben, Edwin, daß du mit dem Quatsch nicht aufhörst! Nun halt endlich den Mund, oder ich erzähle wirklich dem Polier, wie du mir hier zusetzt mit deinem Gefasel!«

      Von


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