Diebe in Nastätten. Ute Dombrowski
Читать онлайн книгу.eher morgen, oder?“
„Ja, es ist zwar schade, ohne dich einzuschlafen, aber ich werde die eine Nacht überleben.“
Sie sahen sich jetzt fast jeden Tag, nachdem sie es im Sommer hatten langsam angehen lassen. Seitdem sich Jennifer klar geworden war, dass Juliano der Mann war, mit dem sie alt werden wollte, hatte sie ihm mehr und mehr Platz in ihrem Leben eingeräumt. Jetzt schaute sie auf die Uhr.
„Oh, schon so spät. Ich muss los.“
Jennifer sprang auf, küsste Juliano noch einmal und eilte zum Auto. Im Büro war sie noch allein. Seit Reiner in Nastätten wohnte, trödelte er morgens gerne ein bisschen, aber seine Laune war erheblich besser geworden. Undine hatte ihn umgekrempelt, obwohl Reiner das niemals zugeben würde.
„Guten Morgen!“, rief er fröhlich, als er die Tür aufriss.
Er lief leichtfüßig zu seinem Platz und ließ sich auf den Stuhl fallen.
„Na, was machen die Verbrecher?“
„Nichts und das ist gut so. Ich habe gestern noch den Bericht von dem Unfall fertig getippt. Der Mann, der mit Absicht in den Sportwagen gefahren ist.“
„Du bist toll. Danke. Ich hätte es sonst heute gemacht.“
In dem Moment klingelte das Telefon. Reiner ging dran.
„Undine! Was gibt es denn?“
Er lauschte in den Hörer und ein Grinsen machte sich in seinem Gesicht breit.
„Das ist sicher ein Zufall. Hast du die irgendwo anders hin geräumt?“
Es wurde gesprochen.
„Nein, ich halte dich nicht für senil.“
Reiner zwinkerte Jennifer zu.
„Ja, ich komme heute Abend und wir können in Ruhe darüber reden. Bis später.“
Er legte auf und schüttelte den Kopf.
„Was ist passiert?“
„Undines Werkstatttreter sind verschwunden. Sie vermutet Einbrecher.“
„Was sind das für Treter?“
„Na so gammelige, ausgelatschte. Die hat sie zum Töpfern an.“
„Ich glaube, ich weiß, welche du meinst. Aber wer klaut denn solche Schuhe?“
„Eben keiner. Ich verstehe nicht, warum sie so ein Geschiss drum macht. Naja, ich höre mir das um des lieben Friedens willen heute Abend mal an.“
„Vielleicht hat sie die Dinger an einem anderen Platz ausgezogen und erinnert sich nicht mehr.“
„Das sagst du ihr aber“, erwiderte Reiner, immer noch mit einem breiten Grinsen.
Er konnte sich lebhaft vorstellen, wie Undine der lieben Jennifer den Kopf waschen würde, wenn sie ihr das sagte. Undine war schon genug aufgebracht gewesen, weil er ihre Idee vom Diebstahl vor ein paar Minuten angezweifelt hatte.
„Lieber nicht. Aber nehmen wir mal an, sie hat recht. Wer klaut Schuhe und warum?“
„Fängst du jetzt auch noch an zu spinnen?“
„Nein, mein Lieber, es ist mir ernst. Auf dieser Welt passieren die merkwürdigsten Dinge, warum nicht auch ein Schuhdiebstahl? Nehmen wir mal an, einem Obdachlosen wurden seine Schuhe gestohlen und jetzt läuft er los und sucht neue. Da es jetzt auffallen würde, wenn er zum Beispiel teure Sportschuhe mitnehmen würde, nimmt er alte Dinger, die ihm zufällig ins Auge fallen.“
„Quatsch!“, rief Reiner und schlug die Faust auf den Tisch. „Das ist doch an den Haaren herbeigezogen. Woher sollte er denn wissen, dass genau solche Schuhe bei Undine an der Werkstatt stehen?“
„Manchmal steht das Tor offen.“
„Und woher wusste er, dass die Größe passt?“
„Er hat einen Blick dafür.“
„Warum hat er keine Männerschuhe gesucht?“
„Er kennt Undine und findet sie nett.“
„Ich finde sie auch nett und würde trotzdem keine Frauenschuhe anziehen.“
Jennifer winkte ab. Es hatte keinen Sinn, Reiner von etwas überzeugen zu wollen, was er für sich schon abgehakt hatte. Sie beschloss, das Thema zu wechseln.
„Wir wollen am Sonntag den Gutschein von meinem Geburtstag einlösen.“
„Welchen Gutschein?“
„Den für das Essen im Bucher Hof. Du und Undine habt mir den zu meinem Geburtstag geschenkt.“
„Ach den, sehr gut. Die machen nun mal das beste Essen in der Umgebung, wir waren gestern Abend dort.“
Gerade, als Jennifer den Stuhl zurückgeschoben hatte, um Kaffee zu kochen, klingelte das Telefon. Sie nahm ab.
„Hallo, hier Herbert Nusel. Ich … ich … bin mir nicht … ich weiß nicht, wie ich es sagen soll …“
„Ich bin es, Jennifer. Kommen Sie bitte auf den Punkt. Ist etwas passiert?“
„Nun ja, mir wurden drei Paar Schuhe gestohlen.“
„Aha. Moment bitte, Herr Nusel. Ich gebe Sie mal an den Chef weiter.“
Sie hielt Reiner den Hörer hin, der nahm ihn widerwillig in die Hand nahm, nachdem er den Namen gehört hatte. Jennifer ging schnell hinüber zur Kaffeemaschine, damit Reiner ihr Lachen nicht sehen konnte.
„Nickich!“, rief der Kommissar laut, denn er hoffte, Herbert Nusel direkt einzuschüchtern.
Der war ganz aufgeregt.
„Hallo Reiner, ich weiß nicht, ob es in eure Abteilung fällt, aber ich wurde bestohlen, heute Nacht.“
„Was wurde gestohlen?“
„Drei Paar Schuhe.“
Reiner schnaufte und sah Jennifer wütend an. Die zuckte jedoch nur mit den Schultern und stellte zwei Tassen auf den Tisch.
„Die hast du sicher nur woanders hingestellt.“
„N … n … nein! Ich habe sie gereinigt und zum Trocknen auf das Fensterbrett gestellt.“
„Und nun sind sie weg?“
„Alle drei.“
„Und was erwartest du von der Polizei?“
„Dass du den Täter … den Dieb findest. Das gab es noch nie! Diebe in Nastätten. Und das zum Oktobermarkt!“
„Herbert, für so einen Unsinn haben wir keine Zeit. Sicher haben irgendwelche Spaßmacher deine Schuhe woanders hingestellt. Zieh einfach andere an!“
Reiner wollte auflegen, da kam vom anderen Ende der Leitung Widerspruch, den er nicht erwartet hatte.
„Nein! Das waren keine Spaßmacher. Schuhe sind wichtig und manche Leute haben nicht so viele zum Wechseln. Also möchte ich dich bitten, diesen Fall zu klären, so!“
„Pah! Was für ein Blödsinn. Undine hat mich eben auch schon genervt, weil ihre alten Werkstatttreter weg sind. Gestohlen! Kein Mensch klaut olle Schuhe. Ende der Durchsage!“
Jetzt legte er tatsächlich auf und knurrte Jennifer an.
„Die spinnen doch alle und du machst da auch noch mit?“
„Wenn es wirklich jemanden gibt, der in Nastätten Schuhe klaut, dann müssen wir den Täter finden. Soweit kommt es noch, dass einer von uns bestimmt, was einen Wert ausmacht und was nicht. Ich trinke aus und fahre mal zu Herbert. Was du machst, ist mit egal. Meinetwegen sitz hier rum und schmolle weiter. Ich gehe meiner Arbeit nach. Außerdem musst du hoch zum Chef!“
Sie setzte die Tasse an und trank sie leer. Dann knallte sie sie auf den Tisch und verließ erhobenen