Aus der frühen Geschichte Pommerns - die Pomoranen, Liutizen und Obodriten - der 30kährige Krieg - Stralsund 1678. Johann Ludwig Quandt
Читать онлайн книгу.Swenzo von Stolp bei den Verwirrungen in Ostpommern und Polen seit 1296. Die bloße Möglichkeit, jene Angabe über die Verwandtschaft möge ein Schluss aus dem gleichen Wappen sein, kann gegen den bestimmten, durch die Verhältnisse bestätigten Bericht nicht aufkommen, da ja zu Boguphals († 1253), also in jenes Woiewoden Theodors Zeit die Grafen von Miechow die ehrende Verwandtschaft noch ganz wohl im Andenken haben konnten, und der Greif ein unter den Slawen weit verbreitetes Symbol ist.
18. Ob nun Smysl selber aus Statthalter Fürst geworden ist, oder Sohn eines solchen, ist nun zu ermitteln. Dazu müssen wir eingehen auf den schon mehrfach erwähnten berühmten Handelsplatz Slawiens, der seine besondere Geschichte hat, den Adam v. Br. Jumne, Helmold Jumneta, nordische Skalden Jom, isländische Sagas Jomsborg, Saxo und S. Ottos Biographen Julin, die ältesten U. Wilin, Wulin, Wolin, eine Julia nennen, an der Stelle des heutigen Wollin. (Die Identität der Orte setze ich als erwiesen voraus, ebenso, dass Vineta falsche Lesung für Jumneta.)
Nach Saxo hat der Dänenkönig Harald Gormson Slawien erobert und (um 950) bei Julin, dem edelsten oppidum jener Provinz, hinreichende Besatzung gelegt, deren herrliche Vikingsfahrten und wilde Tapferkeit sie im ganzen Norden berühmt und furchtbar machte, nämlich die Jomsvikinger, zu denen die edelsten und mutigsten jungen Männer aus Dänemark traten. Die slawische Stadt bestand demnach schon vorher; zu 985 werden die Einwohner von Saxo und Adam v. Br. Slawen, ein wenig später in Strophen mehrerer Skalden Wenden genannt; also wird Jomsborg die dänische Feste sein bei der wendischen Stadt Jumne, Wulin, Julin) ähnlich wie im 9. Jahrhundert bei Duurstede in Friesland.
Die ersten Jomsvikinger zogen 980 in Haralds Dienst gegen Jarl Hakon von Norwegen; sie fielen teils in und nach der Schlacht an den Hjörungar, teils kehrten sie nicht nach Jom zurück. Dann vertraute Harald die Burg dem schwedischen Prinzen Styr-Björn, der 984 bei einem Einfall in Schweden umkam. Er selber floh 985, als sich sein Sohn Sveinn gegen ihn empörte, in das mit dänischen Waffen gefüllte Julin, oder zu der Wendenstadt Jumne und starb dort an seinen Wunden. Auch nach seinem Tode setzten die Jomsborger den Krieg fort gegen Sveinn und nahmen ihn dreimal gefangen, wodurch er so in Verachtung kam, dass er aus dem Reiche weichen musste. Die ihn gefangen nahmen, waren Norweger, also Olaf Trygveson, der um jene Zeit drei Jahre ldar- nach 984 — 987) im Wendenlande hauste, dann sich wieder nach Russland wandte. Dann erst nahm die Jomsborg Palna Toke aus Fünen, Haralds bitterer Feind, der ihm die tödliche Wunde gab und daher Sveinns Blutrache zu fürchten hatte, — er war dort Herr 990, — und scharte dort Vikinger auf eigene Hand mit Einrichtungen, wie sie Freibeutern eignen und in neuern Zeiten die Bucaniers in Westindien hatten; er erhielt das Land Jom von den, Wendenkönige Burizlaf mit der Verpflichtung, die Küste gegen alle Feinde (Nordländer und Liutizen) zu verteidigen, (Jonisvikinger Saga nach Giesebrechts Übersetzung in N. Pomm. Prov. Bl. 1, 202 ff. Die von ihr erzählten Tatsachen sind dem Kerne, nicht der Ausführung nach anders woher beglaubigt. Nach ihr hat Palna Toke die Jomsborg gegründet unter König Sweinn [der nach 985], aber vor dem Heerzuge gegen Hakon Jarl (980), das widerspricht sich; mithin ist die Sage von ihm unrichtig verbunden mit der von den ersten Joinsvikingern. Wohin Toke gehört, zeigt die Eyrbyggia-S., nach welcher der Isländer Björn auf drei Jahre verbannt ward und so zu Toke nach der Jomsborg kam 13—14 Winter vor der Einführung des Christentums in Island. Die war nach ihr 27 Winter vor dem Tode Olafs des Heiligen [† 1030] nach etlichen HS. aber 997 (Giesebrecht W. G. 1, 222). Dieser zweiten Angabe folgt Giesebrecht, ich der ersten, (also Björn 989, 990 verbannt, [also Toke nach Olaf in der Jomsb.], denn nach ihr braucht man nicht den Burizlaf als ganz ungeschichtlich zu verwerfen [wie Gieseb. 1. c. 245], vielmehr ist, da Sweinns Gattin nach Thietm. 7, 28 Boleslaws von Polen Schwester, nach Joinsvik. S. Burizlafs Tochter, die Identität und der geringe Irrtum ersichtlich. (Burislaus heißt bei Flodoard ad a 955 ff. der Böhme Boleslaw. Burisleif in der Knytlinga Saga der Pommer Boguslaw I). So kann auch mit der Saga Sigvaldi als Tokes mit Burizlafs Zustimmung gesetzter Nachfolger festgehalten werden. Daraus folgen die Abweichungen von Giesebrechts Darstellung.) d. h. er ward Dienstmann und Vasall Boleslaws von Polen, als dieser 993 ganz Pommern unterwarf, mit dem Schwedenkönige Erik, dem Verjager Sveinns, in Schwägerschaft und Verbindung trat, (diese konnte nur durch Tokes Schiffe unterhalten werden, da die Wenden sonst noch nicht seemächtig waren, es erst durch die Vikinger wurden) und nach dessen Tode (995) mit dem hergestellten Sveinn selber, dem er seine Schwester Gunhild gab. Tokes Leute sind die Dänen, welche Boleslaw nach polnischen Nachrichten unterworfen hat. Durch diesen und Toke ward bei dessen Tode Jarl der Jomsburg der Edle Sigvaldi, den Sveinn als seinen Gegner (995) vertrieben hatte; er gewann dessen Gunst, als er den Olaf Trygveson, jetzt König von Norwegen durch Jarl Hakons Tod 994, hinterlistig in Boleslaws Land lockte, ihn dann mit 60 Wendenschiffen auf der Heerfahrt wider die Könige der Schweden und der Dänen und Hakons Söhne begleitete, aber in der Seeschlacht am Svöldr ihn verräterisch verließ und so seinen Untergang herbei führte im Jahre 1000; die Rückkehr nach Seeland war der Preis des Verrates, dort war er später, kam also nicht nach der Jomsburg zurück.
Gunhild ward bald von Sveinn verstoßen; bei dessen Tode 1014 holten sie beider Söhne Knud und Harald von der wendischen Küste zurück. Bald darauf hat Knud nach angelsächsischen Annalen in seinen Kriegen in England zum Hilfsgenossen seinen Schwestermann Vortigern (Wirtgeorn), König der Winiden. Vermutlich hat also Gunhild ihm die Tochter verlobt, den Sitz in Pommern vom Bruder erhalten, und dieser hat 1015 mit ihr auch Jomsburg dem Knud wieder übergeben. Im Jahre 1030 rief dieser seinen natürlichen Sohn Sveinn, den er zum Jarl der Jomsburg gemacht hatte, von da ab nach Norwegen. Er hatte auch die Ruanen und die Pommern (diese o. Z. nach Boleslaws Tode) in Abhängigkeit und Zinsbarkeit gebracht. — Nach seinem Tode (1035) verheerten die Wenden in Dänemark. Magnus, seit 1042 dort König, setzte alle Wenden in Schrecken, belagerte Jumne, tötete viele Piraten in der weiten Feste, eroberte sie aber nicht, denn der Verlust war auf beiden Seiten gleich. 1050 eroberten Liutizen Wulin, natürlich die östlichen, die von Wanzlowe, das stets die Insel Usedom, 1124 noch dazu Lassan, Ziethen und Gützkow begriff, zu welchem letzten damals auch Groswin gehörte. Eben diese müssen sein „die zahlreiche heidnische Nation in Leutecia mit ihrem Könige, die zur See (NB.) und zu Lande kriegskundig“ zugleich mit Polen (Pommern) dem Könige Sveinn Estridson 1069 nach England Hilfsschaaren sandte, darunter Verehrer von Wodan, Thor, Freia, den nordischen Gottheiten; — in dem inneren Kriege, welcher 1057 die Macht der Liutizen brach, war auch dieser Dänenkönig unter den von den Rederen und Tolensern gegen die Czirspanier zu Hilfe gerufenen, (Ad. Br. 3, 21, 22. Helm. 1, 22. Das Nähere und über die Zeit ein anderes Mal.) dadurch sind die an der See unter ihn gekommen;— sie müssen sein „die Herrschaft, die unter König Sveinn stand (o. Z. bis zu seinem Tode 1074), welcher sein Sohn Erik Ejegod waltete, indem er Erbrecht ansprechend, alles Volk zum Gehorsam zwang,“ (Giesebr. 2, 157 —160 aus einem Skaldenliede.) denn unter ihm ward (das seit 1050 mit jenen Liutizen verbundene) Julin (um 1100) gezwungen, Geld zu zahlen und die Piraten auszuliefern, und 1121 griffen die Dänen nur Jumne und Usedom (Osna) cm; die Herrschaft ging so 1074 als 1103 bei den Thronstreitigkeiten nach Sveinns und Eriks Tode verloren.
Die Vikinger zu Jom waren von den verschiedenen Völkern des Nordens. Tokes Satzung, dass kein Weib in der Feste sich aufhalten, kein Viking länger als drei Nächte außer ihr zubringen durfte, sowie ihre teilweise Aushebung durch Sigvaldi, mussten ein sehr gemischtes Geschlecht in der Stadt zur Folge haben mit wendischem Hauptstock. So schildert denn auch Adam v. Br. Jumne als bewohnt von Slawen und Leuten aus allen Nationen, auch Sachsen, die aber ihr Christentum verbergen oder verleugnen mussten (Ad. Br. 2, 19; 4, 20; 1, 62. Die zweimaligen Graeci et barbari sind gewiss die neutestamentliche Phrase = alle Nationen.). Wie daher dort 1124 die Julsäule war, so darf 1069 der Kultus nordischer Gottheiten nicht auffallen, auch nicht bei jenen Liutizen, o. Z. denen des Vortigern (Dadurch erklärt sich die Meldung des Mönchs der Normandie (A. 17) genügsam. Zum Beweise, dass noch damals Germanen unter den Wenden selbstständig sich erhalten, wovon Thietmar, Adam — also auch sein Hauptgewährsmann König Sveinn selber — schweigen, die Begleiter Ottos 55 Jahre später nichts wahrnahmen, die bald daraus beginnenden U. nichts ahnen lassen, genügt sie offenbar nicht.).
19. Die Lücken, welche diese nordischen Nachrichten über Jumne für 1000 ff. 1035 — 1050 lassen, fülle ich aus durch das, was ein Mönch von Pegau im Leben des Stifters seines Klosters, des Grafen Wigbert von Groitzsch, über dessen Vorfahren mitteilt (Vita Viperti comitis Groicensis in Hoffmann SS. rer. Lusaticarum I p. 6 ff. Die Excerpte (fast vollständig) bei