Wake up - Gedanken-Wecker. Walter Rupp
Читать онлайн книгу.es Außerirdische gibt, wurde eine viel diskutierte Frage. Mancher hält die Krater auf unserem Planeten für Zeugnisse außerirdischer Landungen und mancher meint, es sei höchste Zeit, sich auf eine Begegnung mit ihnen vorzubereiten. Sogar eine Astronomen-Konferenz in Green Bank (USA) endete mit der Feststellung: Es gibt keinen Grund, an der Existenz außerirdischen Lebens zu zweifeln, es könnte 100 oder gar 1000 intelligente Zivilisationen im Milchstraßensystem geben. Das ist allerdings nur eine Vermutung, ein gewagter Gedanken-Sprung, aber kein Beweis.
Was möglich ist, ist noch nicht wirklich. Die Menschen – vor allem die Intellektuellen unter ihnen - taten sich immer schwer, ihr Nichtwissen einzugestehen. Im Mittelalter erklärte man unerklärbare Erscheinungen, Naturereignisse, Missernten und vor allem Krankheiten kurzer Hand als Hexerei.
Die Theologen erlagen häufig der Versuchung, über das, was Gott verborgen hält, Auskunft zu erteilen und beschrieben oft das Jenseits, als wären sie schon einmal dort gewesen. Und manche Wissenschaftler unserer Zeit verhalten sich nicht anders: Wenn sie bei ihrem Forschen an Grenzen stoßen, beginnen sie über das, was sein könnte, zu spekulieren, um das Eingeständnis zu umgehen, sie wüssten etwas nicht. Sicher ist bis heute nur, dass es so manche Aliens auf unserer Erde gibt: Superstars und Promis, die sich den Erdlingen gegenüber überlegen fühlen und auftreten, als kämen sie von einem anderen Stern.
Außenwelt
Innenwelt und Außenwelt lassen sich nicht trennen. Es ist nicht möglich, das, was einen Menschen in seinem Innersten bewegt, auf Dauer zu verstecken. Innenwelt und Außenwelt durchdringen sich und stehen in einer Wechselbeziehung zueinander. So wie das Auftreten, die Sprache, der Blick und die Gebärde verraten, wie es um einen Menschen steht: was er empfindet oder denkt, was ihn erfreut oder bedrückt, kann man aus dem äußeren Erscheinungsbild einer Gesellschaft ablesen, in welcher Verfassung sie sich befindet. Aus ihren nervösen Zuckungen, ihren Schweißausbrüchen, ihren Hustenanfällen oder ihrer Lethargie kann man schließen, welche Krisen und Probleme sie zu bestehen hat, und an welchen Krankheiten sie leidet.
Diese Wechselwirkung zwischen außen und innen ist so intensiv, dass sich die Grenzen oft vermischen und man beide oft nicht auseinanderzuhalten vermag. Wenn ein Leibniz die Welt optimistisch sah, als die beste aller Wellen, und ein Schopenhauer auf dieselbe Welt pessimistisch blickte und sie nur als die schlechteste aller Welten sehen konnte, ist der Verdacht naheliegend, dass sich da Außenwelt und Innenwelt vermischten. Es ist die Frage angebracht, wer da wen beeinflusst hat: ob eine düstere und eine freundliche Weltsicht die Seele düster und freundlich gestimmt hat, oder ob ein düsterer und freundlicher Seelenzustand Ursache für ihre Weltsicht war? Das Unbewusste kann die Weltsicht verklären oder trüben.
Babeltürme
Der Turmbau von Babel erwies sich als Fehlprojekt und musste abgebrochen werden. Dennoch ließ sich der Mensch zu keiner Zeit abhalten, weiter Babeltürme zu bauen, weil er sich von der Idee nicht lösen kann, aus eigener Kraft etwas Gigantisches zu schaffen. Noch immer errichtet er imponierende, in den Himmel ragende Tempel, vor deren Größe sich jeder Dom und jede Kathedrale ducken muss; Babeltürme, die er – wie einst - Marduk, dem Gott des Geldes weiht.
Aus unseren Banken und Versicherungen, die einmal zweckdienliche Geld-Aufbewahrungsstätten, Lagerhäuser für Wertpapiere waren, wurden Heiligtümer, zu denen die Menschen andächtig, mit einer religiösen Ehrfurcht wie zu Wallfahrtsorten pilgern und ihre Habe bringen: alles, wofür sie gelebt und geschuftet haben, und worauf sie ihre ganze Hoffnung setzen. Viele sorgen sich mehr als um das Credo, um ihr Guthaben, den Credit.
Ein Christ muss nicht den Diogenes im Fass zum Vorbild wählen, nicht die Wüstenväter der frühen Christenheit, auch nicht Franz von Assisi, der sich für die Armut entschied und das Erbe seines Vaters ausschlug. Sein Glaube verlangt nicht, dass er ohne Geld und Eigentum auskommt und irdische Güter verachtet. Aber er verbietet ihm die göttliche Verehrung. Geld ist nichts weiter als ein Zahlungs-Mittel, mit dem man sich was kaufen und sein Leben angenehmer gestalten kann. Wer es als Sinngeber des Lebens, als höchste Instanz verehrt, ja dafür sogar seine Gesundheit opfert, verehrt aus Kupfer und Papier gemachte Götter neben Gott, und das ist Götzendienst.
Begräbnisse
Der libanesisch-amerikanische Maler, Philosoph und Dichter, Khalil Gibran, dessen Denken immer um die zentralen Fragen des Lebens kreisten, um die Liebe und den Tod, schrieb einen Satz, in dem die Hoffnungen aller Gläubigen zusammen gefasst sind: „Möglicherweise ist ein Begräbnis unter den Menschen ein Hochzeitsfest unter Engeln.“
Aber wenn der Tod für die Gläubigen kein Ende, sondern – wie sie beteuern – nur ein Wandel und ein Neuanfang ist, dürften Begräbnisse keine Trauer auslösen, sondern müssten für Gläubige ein Anlass zur Freude sein, weil für sie das Weggehen von hier, ein Eintreten in eine bessere Welt bedeutet. Sie trauern, weil sie den Sarg, aber nicht die Engel sehen.
Viele trauern über den Verlust, weil sie von jetzt an ohne den Menschen auskommen müssen, der ihnen etwas bedeutete und den sie liebten. Oft mischen sich jedoch in die Trauer andere Gefühle ein: Enttäuschung, dass der Verstorbene dem oder denen sein Vermögen vermachte, die damit nicht das Rechte anzufangen wissen; das Unbehagen, dass der Verstorbene durch seinen Tod die Hinterbliebenen zwingt, an den eigenen Tod zu denken. Die meisten sind bei Begräbnissen zufrieden, dass sie noch nicht dran sind und noch nicht in die bessere Welt aufbrechen müssen, sondern noch etwas in der weniger guten Welt bleiben dürfen. Sie warten gern.
Begreifen
In den 'unfrisierten Gedanken' des polnischen Aphoristikers Stanislaw Lec steht der kluge Satz: "Die Menschen haben Spätzündung: sie begreifen alles erst in der nächsten Generation". Es wäre ein Fortschritt, würden die nachfolgenden Generationen aus den Fehlern ihrer Vorfahren lernen und diese nicht mehr wiederholen. Aber die Hoffnung, dass die Menschheit endlich einmal gut und vernünftig wird, wird sich wohl nie erfüllen. In allen Bereichen gibt es einen Fortschritt: in Wissenschaft und Technik, nur in der Moral scheint es einen Fortschritt nicht zu geben. Nachfolgende Generationen erheben sich gern über ihre Vorfahren und entrüsten sich über deren Fehlentscheidungen. Sie bilden sich oft ein, besser und klüger zu sein. Aber es kam noch keine Generation ohne Gewalt, ohne Streit und ohne Ungerechtigkeiten aus.
Die Geschichte lehrt, dass Unterdrückung oder Kriege immer ein Übel sind. Die Geschichte könnte - wie Indira Gandhi meint - die beste Lehrmeisterin sein, wenn die Schüler nicht so unaufmerksam wären. Es mag sein, dass viele neue Fehler gemacht werden, weil man die alten zu vermeiden sucht. Die meisten Fehler macht der Mensch jedoch, weil er sich weigert, Erfahrungen zu übernehmen und darauf besteht, seine eigenen Erfahrungen zu machen. Er lässt sich die Überzeugung nicht nehmen: auch wenn andere mit ihren Untaten und ihrer Rücksichtslosigkeit nicht weiterkamen, er werde die negativen Folgen zu verhindern wissen. Er komme auch auf krummen Wegen zum Ziel.
Bekehrung
Bei den biblischen Bekehrungsgeschichten kann man den Eindruck gewinnen, Gott praktiziere das Mürbemachen, wenn er Menschen zur Umkehr bewegen will: er schüchterte die gottlosen Städte Sodom und Gomorrha so lange durch Drohungen ein, bis sie von ihrem sündigen Treiben abließen. Am Anfang vieler Bekehrungsgeschichten steht oft ein Ereignis, das eine Erschütterung auslöste: Bei dem gegen die Christen wütenden Saulus war es ein Blitzstrahl, bei Ignatius von Loyola eine Kanonenkugel, die sein Bein zerschmetterte, und bei Heinrich Heine eine Krankheit, die ihn drängte, seine Aussage vom Tode Gottes als töricht zu widerrufen. Aber ein Gott, der es darauf anlegte, seine Geschöpfe klein zu halten oder gar zu zerbrechen, wäre nicht souverän. Gott muss seine Überlegenheit nicht beweisen.
Die Bekehrungsgeschichten sagen mehr über den Menschen aus als über Gott, nämlich: dass ein Mensch immer erst zu einer Lebensänderung bereit ist, wenn er seine Ohnmacht erfährt oder vor einem Abgrund steht. Ohne Leidensdruck macht er nicht wirklich