SIE. Henry Rider Haggard

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SIE - Henry Rider Haggard


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wie dies wohl alles enden würde, und schließlich schlief ich ein.

      Ich muss wohl sieben oder acht Stunden geschlafen haben - es war ja auch seit dem Untergang der Dhau für mich die erste Gelegenheit, mich wirklich auszuruhen -, denn als ich erwachte, stand die Sonne schon hoch am Himmel. Die Träger trabten immer noch, und nach meiner Schätzung legten wir in der Stunde etwa vier Meilen zurück. Als ich durch den dünnen Seitenvorhang hinauslugte, sah ich zu meiner tiefen Erleichterung, dass wir die scheinbar endlosen Sümpfe verlassen hatten und nun über eine leicht gewellte Grasebene einem becherförmigen Hügel zustrebten. Ob es jener Hügel war, den wir vom Kanal aus gesehen hatten, weiß ich nicht, und ich habe dies auch später nicht herausfinden können, denn dieses Volk war, wie wir bald feststellen mussten, in solchen Dingen überaus verschwiegen. Neugierig betrachtete ich die Männer, die mich trugen. Sie waren wunderschön gewachsen, von gelblichbrauner Farbe, und kaum einer von ihnen maß unter sechs Fuß. Sie ähnelten in ihrem Aussehen stark den ostafrikanischen Somalis, nur dass ihr Haar nicht gekräuselt war, sondern in dichten schwarzen Locken bis auf ihre Schultern herabfiel. Ihre Gesichter waren scharf geschnitten und zum Teil von außerordentlicher Schönheit; vor allem ihre Zähne waren regelmäßig und wohlgeformt. Doch trotz ihrer Schönheit hatte ich den Eindruck, noch nie so böse, finstere Mienen gesehen zu haben. Sie drückten eine Kälte und Grausamkeit aus, die mich erschreckte und mit einem unheimlichen Gefühl erfüllte.

      Etwas anderes, das mir an ihnen auffiel, war, dass sie nie zu lächeln schienen. Manchmal verfielen sie in den monotonen Singsang, den ich bereits erwähnte, doch die meiste Zeit waren sie völlig stumm, und nie hellte auch nur das leiseste Lächeln ihre bösen, düsteren Gesichter auf. Welcher Rasse mochten sie wohl angehören? Ihre Sprache war ein verstümmeltes Arabisch, doch sie waren keine Araber; dessen war ich mir ganz sicher. Dazu war ihre Haut zu dunkelgelb. Ich weiß nicht warum, doch ihr Anblick erfüllte mich mit einer tiefen Furcht, deren ich mich beinahe schämte. Während ich meinen Gedanken nachhing, erschien plötzlich eine andere Sänfte neben der meinen. Ihre Vorhänge waren zurückgezogen, und so sah ich, dass ein alter Mann darin saß, gekleidet in ein weites weißes Gewand aus grobem Leinen. Mir kam sofort der Gedanke, dass er die dunkle Gestalt gewesen war, die am Ufer gestanden hatte und von den anderen mit Vater angeredet worden war. Es war ein wundersam aussehender alter Mann mit einem schneeweißen Bart, so lang, dass die Enden über die Seiten der Sänfte herabhingen, und einer Hakennase, über der zwei scharfe Augen funkelten. Seine Miene strahlte einen weisen und zugleich sardonischen Humor aus, der sich nur schwer beschreiben lässt.

      »Bist du wach, Fremder?«, fragte er mit tiefer Stimme.

      »Gewiss, mein Vater«, erwiderte ich höflich, denn ich hielt es für ratsam, mich mit diesem unheimlichen Methusalem gut zu stellen.

      Er strich sich über seinen schönen weißen Bart und lächelte leise.

      »Aus welchem Lande du auch stammen magst - es ist ein Land, in dem man unsere Sprache kennt und in dem man seine Kinder zur Höflichkeit erzieht«, erwiderte er. »Doch sage mir, mein fremder Sohn, was sucht ihr in diesem Land, das seit undenklichen Zeiten keines Fremden Fuß betreten hat? Seid ihr des Lebens überdrüssig?«

      »Wir kamen hierher, um Neues zu suchen«, antwortete ich kühn. »Wir sind des Alten müde und deshalb übers Meer gezogen, um das Unbekannte kennenzulernen. Wir gehören einem tapferen Stamm an, der den Tod nicht fürchtet, mein hochverehrter Vater, wenn es Neues zu erforschen gilt.«

      »Hm, mag sein«, sagte der Alte. »Ich will dir nicht voreilig widersprechen, mein Sohn, sonst würde ich sagen, dass du lügst. Es könnte jedoch sein, dass Sie, die Herrscherin, eure Wünsche erfüllen wird.«

      »Wer ist Sie, die Herrscherin?«, fragte ich neugierig.

      Der Alte warf einen Blick auf die Träger und sagte dann mit einem Lächeln, das nichts Gutes zu verkünden schien:

      »Das wirst du bald erfahren, mein fremder Sohn, falls es ihr gefällt, sich euch im Fleisch zu zeigen.«

      »Im Fleisch?«, erwiderte ich. »Was will mein Vater damit sagen?« Doch der Alte stieß nur ein grässliches Lachen aus und gab keine Antwort.

      »Wie heißt das Volk meines Vaters?«, fragte ich.

      »Der Name meines Volkes ist Amahagger, das Volk der Felsen.«

      »Und darf ich fragen, wie der Name meines Vaters ist?«

      »Mein Name ist Billali.«

      »Und wohin gehen wir, mein Vater?«

      »Das wirst du schon sehen.« Und auf einen Wink von ihm liefen seine Träger zu der Sänfte, in der Job ruhte (wobei er sein eines Bein heraushängen ließ). Anscheinend konnte er jedoch mit Job nichts anfangen, denn gleich darauf sah ich, wie seine Träger zu Leos Sänfte eilten.

      Da weiter nichts Besonderes geschah, überließ ich mich dem angenehmen Schaukeln und schlief bald wieder ein, denn ich war schrecklich müde. Als ich erwachte, sah ich, dass wir uns in einer Schlucht aus Lavagestein befanden, an deren steil abfallenden Wänden schöne Bäume und blühende Sträucher wuchsen.

      Plötzlich machte diese Schlucht eine Biegung, und ein wunderbarer Anblick bot sich mir. Vor uns lag ein grünes, etwa vier bis sechs Meilen weites Plateau, das die Form eines römischen Amphitheaters hatte. Es war von mit Sträuchern bewachsenen Felsen umsäumt, doch in seiner Mitte lag üppiges Weideland, da und dort von hohen, prächtig gewachsenen Bäumen bestanden und von gewundenen Bächen durchflossen. Ziegen- und Rinderherden weideten darauf, doch sah ich keine Schafe. Zuerst konnte ich mir nicht erklären, was für ein seltsamer Ort dies war, doch dann wurde mir klar, dass es der Krater eines längst erloschenen Vulkans sein musste, der später ein See gewesen und schließlich auf irgendeine unerklärliche Weise trockengelegt worden war. Und ich darf wohl hier gleich darauf hinweisen, dass meine späteren Beobachtungen und die Erforschung eines ähnlichen, doch noch wesentlich größeren Ortes diese Annahme bestätigten. Es erstaunte mich jedoch, dass, obwohl ich zwischen den Herden mehrere Hirten hin und her gehen sah, keinerlei menschliche Behausungen zu entdecken waren. Ich fragte mich, wo sie wohl alle wohnen mochten. Meine Neugier sollte bald gestillt werden. Die Träger unserer Sänften wandten sich nach links, gingen etwa eine halbe Meile die Kraterwand entlang und machten dann halt. Als der alte Billali aus seiner Sänfte stieg, tat ich es ihm nach, und Leo und Job folgten meinem Beispiel. Das erste, was ich sah, war Mahomed, unser armer arabischer Gefährte, der erschöpft auf dem Boden lag. Anscheinend hatte man ihm keine Sänfte zur Verfügung gestellt, sondern ihn gezwungen, den ganzen Weg zu Fuß zu gehen, und da er schon bei unserem Aufbruch sehr ermattet gewesen war, befand er sich nun in einem Zustand völliger Entkräftung.

      Als wir uns umblickten, stellten wir fest, dass wir uns auf einem Hügel vor dem Eingang einer großen Höhle befanden, und auf diesem Hügel war der gesamte Inhalt unseres Bootes, bis zu den Rudern und Segeln, ausgebreitet. Um die Höhle herum standen in mehreren Gruppen die Männer, die uns begleitet hatten, sowie andere, ähnlich aussehende Leute. Sie alle waren hochgewachsen und hübsch, und ihre Hautfarbe zeigte die verschiedensten Schattierungen; manche waren dunkel wie Mahomed, andere gelb wie Chinesen. Sie waren, bis auf ein Leopardenfell um die Hüften, nackt, und jeder von ihnen hielt einen großen Speer in der Hand.

      Auch einige Frauen befanden sich unter ihnen, die statt des Leopardenfells die gegerbte Haut eines kleinen roten Bockes trugen, ähnlich der des Oribi, nur ein wenig dunkler. Diese Frauen waren ohne Ausnahme sehr schön und hatten große dunkle Augen, feingeschnittene Gesichtszüge und volles lockiges - nicht wie bei Negern gekraustes - Haar in allerlei Tönungen von Schwarz bis Kastanienbraun. Einige wenige trugen ein gelbliches Leinengewand, ähnlich dem Billalis, welches jedoch, wie wir bald erfuhren, eher eine Art Rangabzeichen als ein Kleidungsstück darstellte. Ihr Aussehen war weniger angsteinflößend als das der Männer, und zuweilen, wenn auch selten, lächelten sie sogar. Sobald wir ausgestiegen waren, umringten sie uns und betrachteten uns neugierig, doch ohne Erregung. Ihre größte Aufmerksamkeit erregten offenbar Leos große athletische Gestalt und klargeschnittenes griechisches Gesicht, und als er höflich seinen Hut vor ihnen zog, erhob sich ein leises Murmeln der Bewunderung. Das war jedoch noch nicht alles, denn nachdem sie ihn kritisch von Kopf bis Fuß gemustert hatte, trat die schönste dieser jungen Frauen


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