Die Schändung des Oliver S.. Frank Reise

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Die Schändung des Oliver S. - Frank Reise


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      Oli bleibt an der Einmündung stehen, plant, so kann er einem anhaltenden Wagen genügend Parkmöglichkeit geben. „Da kommt ein Auto“, vernimmt er, mit der linken Hand verdeckt er schamvoll sein Geschlecht, die rechte hebt er, den körperlichen Schmerz überwindend, in die Höhe um den Fahrer auf sich aufmerksam zu machen und zum anhalten zu bewegen.“ Bitte, bitte“, fleht er innerlich. Ein dunkler Van nähert sich, Oli erkennt eine Frau am Steuer, „Oh je“, schießt es durch seine schmerzenden Gehirnwindungen, er winkt trotzdem, so gut es ihm möglich ist, seinen Blick auf die Fahrerin fixiert und er bemerkt, dass auch sie ihm in die Augen sieht, erschreckt, geschockt, aber keine Anstalten macht, anzuhalten. Oli sieht im vorbeifahren zwei Kinder auf der Rückbank und auf dem Heck des Wagens die allseits bekannten Aufkleber „Maximilian on Tour“ und „Lisa on Tour“. Vermutlich hat sie Angst, aber warum hat sie nicht wenigstens kurz in Rufweite angehalten, Wut und Enttäuschung steigen in ihm auf, gefolgt von Einsicht,er als Mann hätte in dieser Situation auch nicht bei einem nackten Mann angehalten. Irgendwer wird anhalten, ist seine Hoffnung. Noch zwei Fahrzeuge in einem Zeitraum von schätzungsweise 20-25 Minuten kommen und fahren vorbei, langsamer werdend, aber nicht haltend, dann hört Oli wieder etwas. Ein Polizeiwagen nähert sich, die Farbe des Gefährts und der Lichtaufbau auf dem Dach sind unverkennbar. Ein tiefer Atemzug der Erleichterung entweicht seinen Lungen, endlich Hilfe, ein Gefühl der Ruhe durchfährt ihn.

      „Die Polizei, dein Freund und Helfer“, der Slogan kommt ihm in dem Moment in den Sinn. Normalerweise fühlt er sich nicht wohl, wenn er diese Freunde und Helfer sieht, insbesondere wenn er in seinem Auto fährt; automatisch schweift sein Blick dann auf den Tacho und sein rechter Fuß auf die Bremse, obwohl er eigentlich nie sehr schnell fährt, halt immer etwas über der erlaubten Geschwindigkeit. Einen Strafzettel hat er deswegen noch nie ausgestellt bekommen, trotzdem ist da jedes mal dieses ungute Gefühl. Aber er denkt, so geht es den meisten Autofahrern. Ansonsten hatte er noch nie was mit der Polizei zu tun, heute, jetzt ist er aber mehr als erleichtert das Fahrzeug zu sehen.

      Der Wagen fährt in den Feldweg und hält, die beiden Vordertüren öffnen sich fast gleichzeitig, zwei Männer steigen zackig aus und setzen ihre Mützen ordnungsgemäß auf. Für Oli geht das alles zu langsam, er ist ungeduldig, gestresst und will nur hier weg.

      „Polizeiobermeister Schiller, das ist mein Kollege, Polizeimeisteranwärter Krause, können wir Ihnen helfen?“, stellt sich der Fahrer vor. Er ist nach Oli´s Einschätzung Mitte 40, hat eine stämmige Figur mit Bauchansatz, sein strenges Gesicht spiegelt die beginnende Dickleibigkeit wieder, seine Augen sind irgendwie gefühllos, als hätten sie resigniert. Sein Kollege ist jünger, sportlich schlank und im Gegensatz zu dem Älteren, sieht man in seinen Augen Entsetzen und Mitleid.

      „Oliver, Oliver Schwarze“, stellt er sich vor, „ich weiß nicht, was mir passiert ist, ich bin da hinten in diesem Zustand aufgewacht und hab keine Ahnung, wie ich dahin kam“, dabei deutet er den Weg entlang, „können Sie mich in ein Krankenhaus bringen,mir geht es gar nicht gut“.

      „Eine junge Frau hat uns alarmiert“, erklärt Schiller das Erscheinen hier im Wald.

      Wahrscheinlich die Frau aus dem ersten Wagen, überlegt Oli, ich sollte ihr danken, irgendwie.

      Der Jüngere der Beamten hat zwischenzeitlich den Kofferraum des Dienstfahrzeuges geöffnet und kommt mit einer Decke auf Oliver zu.

      „Warte“, hört Oli Polizeiobermeister Schiller zu seinem Kollegen sagen, „bei den Wunden nimm lieber eine Brandschutzdecke, es könnten sich Fasern in ihnen absetzen“, er ist inzwischen um Oli herum gegangen und steht nun vor ihm, hat sich wohl ein Bild von den Verletzungen gemacht.

      „Sehe ich so schrecklich aus, wie ich mich fühle?“, Oli kann anhand dessen, was er von seinem Körper sieht, nur erahnen, wie sein Rücken aussehen wird.

      „Sie sind schon ziemlich verwundet, aber lassen Sie uns erst mal in ein Krankenhaus fahren, die werden Sie da näher untersuchen“, bekommt er zur Antwort.

      Der andere Polizist reicht ihm eine silberne Folie, hilft ihm vorsichtig, sich diese umzulegen, nachdem er bemerkt hat, wie qualvoll jede Bewegung für Oli ist, dann setzt sich Oli mit schmerzverzerrtem Gesicht auf den Rücksitz, alles brennt, seine Beine, sein Po, sein Rücken, er versucht, nicht zu stark an die Rückenlehne zu kommen, aus Angst, die Sinne könnten ihm durch die Pein schwinden. Die Tür wird geschlossen, die beiden Beamten nehmen ihre Plätze im vorderen Bereich des Wagens ein und der Wagen startet. Oli ist so auf sich und das Überwinden seiner Empfindungen konzentriert, dass es das Geschehen um ihn herum kaum mitbekommt.

      „Bitte anschnallen“, vernimmt er aus weiter Ferne.

      „Kann ich darauf nicht verzichten“, fast bettelnd ringt er die Worte hervor.

      Die Beamten sehen sich ratlos an, „können sie sich in die Mitte setzen, da ist nur ein Beckengurt zur Sicherung“, regt der höhergestellte der Beiden an.

      Oli rutscht mühsam in die Mitte der Sitzbank, vorsichtig und langsam um die Schmerzen nicht noch zu steigern, legt den Gurt um seine Hüfte, wobei ihm ein Zischen durch die aufeinander gebissenen Zähne entweicht.

      „Woher kommen Sie?“, versucht der rechts vor ihm sitzende ihn abzulenken.

      „Woher kommen Sie?“, wie aus weiter Ferne vernimmt Oli abermals die Frage.

      „Nürnberg“, presst er hervor, „ich lebe und arbeite in Nürnberg.“

      Der Wagen setzt sich in Bewegung, seine linke Hand umfasst die Kopfstütze des Fahrersitzes, mit der rechten drückt er sich so gut es geht vom Sitz ab, die Schmerzen durch das sitzen sind fast unerträglich, sein Körper sendet von überall Alarmsignale an sein Hirn.

      Ein Schlagloch bringt das Ende, Oli´s Körper wird durch die Fremdeinwirkung gegen den Sitz gepresst, wie ein Blitz durchfährt es ihn und in dem Bewusstsein, in sicheren Händen zu sein, wird er Ohnmächtig.

      -II-

       Es war das Erste, was er nach der morgendlichen Begrüßungszeremonie im Büro erfuhr,

       Oliver Schwarze ist schwer verletzt aufgefunden worden.

       Ohne sich an den Gesprächen und Spekulationen seiner Kollegen zu beteiligen, eilte er, innerlich aufgewühlt, in sein Büro. Hastig schloss er die Tür hinter sich. „Gott sei Dank, er lebt“, Erleichterung macht sich in ihm breit, andererseits aber auch Sorge, „Hoffentlich kann er sich wirklich an nichts erinnern“

      „Wieso hatte er diese Neigung? Wieso hatte er bloß diesen Film gesehen? Warum war ihm danach Oliver nicht mehr aus dem Kopf gegangen und er hatte ihn als Akteur des Streifens vor sich?“ Er dachte an die Zeit zurück, besonders den letzten Abend. Er hatte sich nicht mehr in der Gewalt, alles war eskaliert und die beiden Typen, die er engagiert hatte, hielten ihn nicht zurück, sie ließen den Dingen ihren Lauf, erklärten danach nur, ohne eine Gefühlsregung, sie würden sich darum kümmern, Oliver, bzw. den geschundenen Körper zu entsorgen.

       Er hatte es geschehen lassen, aus Angst vor Entdeckung, aus Angst vor den Konsequenzen, aus Angst, sein Leben könnte aus den Fugen geraten. Jetzt aber war er erleichtert darüber, dass er kein Leben auf dem Gewissen hatte.

      Ein regelmäßiges piepsendes Geräusch weckt ihn, blinzelnd öffnet er langsam die Augen, er liegt auf seiner linken Seite, „Ist das alles doch nur ein böser Traum gewesen?“, doch dann sieht er seinen Arm, und in den Arm führt ein Schlauch, dem er mit seinen Augen zu einer Infusionsflasche folgt, die an so einer fahrbaren Stange hängt, die neben den ihm aus Filmen bekannten Krankenhausmonitoren steht. „Ich bin im Krankenhaus“, denkt er, und bei weiterem umher sehen bestätigt sich dieses. Stimmen kommen näher, eine erkennt er überglücklich, „Mama?“, leise kommt das Wort aus seinem Mund, „Mama?“

      „Oli, mein Gott, bist du wach, Oli, mein Schatz“, sie klingt freudig erregt und kommt um das Bett gelaufen.

      „Oh Mama,


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