Die toten Seelen. Nikolai Gogol

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Die toten Seelen - Nikolai Gogol


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ist denn daran so komisch?« fragte Tschitschikow, den dieses Lachen ein wenig verletzte.

      Nosdrjow fuhr aber fort, aus vollem Halse zu lachen und dabei zu sprechen: »Hör auf! Sonst zerspringe ich noch vor Lachen.«

      »Da ist doch nichts zum Lachen: ich habe ihm mein Wort gegeben«, sagte Tschitschikow.

      »Du wirst deines Lebens nicht froh, wenn du zu ihm hinkommst: er ist einfach ein Filz! Ich kenne ja deinen Charakter: du irrst dich grausam, wenn du bei ihm eine Kartenpartie oder eine gute Flasche Bonbon erwartest. Hör mal, Bruder: diesen Ssobakewitsch soll der Teufel holen! Komm zu mir! Was für einen gedörrten Stör ich dir vorsetzen werde! Der Ponomarjow, diese Bestie, hat mir beim Abschied gesagt: ›So einen Stör kriegen nur Sie! Sie können den ganzen Jahrmarkt absuchen und werden keinen ähnlichen finden.‹ Im übrigen ist er ein abgefeimter Gauner. Das habe ich ihm auch ins Gesicht gesagt: ›Du und der Branntweinpächter, ihr seid die größten Gauner!‹ Er aber lacht nur, diese Bestie, und streicht sich den Bart. Ich und Kuwschinnikow haben jeden Morgen in seinem Laden gefrühstückt. Ach, Bruder, eines vergaß ich dir zu sagen: ich weiß, daß du mich jetzt nicht mehr in Ruhe lassen wirst, aber ich gebe ihn auch nicht für zehntausend Rubel her, das sage ich dir gleich. – He, Porfirij!« rief er, ans Fenster tretend, seinem Diener zu, der in der einen Hand ein Messer und in der anderen eine Brotrinde und ein Stück Stör hielt, das er sich im Vorbeigehen mit großem Geschick abgeschnitten hatte. »He, Porfirij!« schrie Nosdrjow. »Bring mal den jungen Hund her! Ist das ein Hund!« fuhr er fort, sich an Tschitschikow wendend. »Ich habe ihn gestohlen, der Besitzer wollte ihn nicht mal um sich selbst hergeben. Ich versprach ihm die braune Stute, weißt du, die ich von Chwostyrjow im Tauschhandel bekommen habe . . .« Tschitschikow hatte übrigens, seit er lebte, weder die braune Stute noch den Chwostyrjow gesehen.

      »Herr! Wollen Sie nicht etwas zu sich nehmen?« fragte die Alte, zu ihm herangehend.

      »Ich nehme nichts. Ach, Bruder, war das ein Bummel! Gib übrigens ein Glas Schnaps her. Was hast du für welchen?«

      »Anisschnaps«, antwortete die Alte.

      »Dann gib den Anisschnaps«, sagte Nosdrjow.

      »Kannst gleich auch mir ein Gläschen geben!« sagte der Blonde.

      »Im Theater gab es eine Schauspielerin, die sang wie ein Kanarienvogel, diese Kanaille! Kuwschinnikow, der neben mir saß, sagte: ›Bruder, das wär so eine Erdbeere!‹ Ich glaube, es hat da mehr als fünfzig Buden gegeben. Fenardi drehte sich vier Stunden hintereinander wie ein Mühlenrad.« In diesem Augenblick nahm er den Schnaps aus der Hand der Alten, die sich vor ihm dafür tief verbeugte. »Gib ihn her!« schrie er plötzlich, als er Porfirij mit dem jungen Hunde eintreten sah. Porfirij war ebenso gekleidet wie sein Herr, trug auch einen wattierten Morgenrock, der nur ein wenig fettiger war.

      »Gib ihn her, leg ihn auf den Boden!«

      Porfirij legte den Hund auf den Boden. Das Tier spreizte alle vier Beine auseinander und beschnüffelte den Boden.

      »Das ist ein Hund!« rief Nosdrjow, indem er den Hund am Rücken packte und in die Höhe hob. Der Hund stieß ein recht klägliches Geheul aus.

      »Du hast aber nicht getan, was ich dir befohlen habe!« wandte sich Nosdrjow zu Porfirij, indem er den Bauch des Hundes aufmerksam betrachtete. »Es ist dir gar nicht eingefallen, ihn zu kämmen.«

      »Nein, ich habe ihn wohl gekämmt.«

      »Wo kommen denn die Flöhe her?«

      »Das kann ich nicht wissen. Vielleicht aus dem Wagen.«

      »Du lügst, du lügst, es ist dir gar nicht eingefallen, ihn zu kämmen. Ich glaube gar, es sind noch deine eigenen Flöhe hinzugekommen. Schau nur her, Tschitschikow, diese Ohren: nimm sie nur in die Hand.«

      »Warum denn? Ich sehe auch so, der Hund ist von guter Rasse!« antwortete Tschitschikow.

      »Nein, betaste die Ohren!«

      Um ihm einen Gefallen zu tun, betastete Tschitschikow dem Hunde die Ohren und sagte: »Ja, es wird wohl ein guter Hund werden.«

      »Und die Nase, fühlst du, wie kalt die ist! Nimm sie doch in die Hand!« Um ihn nicht zu verletzen, nahm Tschitschikow den Hund auch bei der Nase und sagte: »Eine gute Nase.«

      »Ein echter Bullenbeißer«, fuhr Nosdrjow fort. »Offen gestanden, ich wollte mir schon längst einen Bullenbeißer anschaffen. Porfirij, trag ihn zurück!«

      Porfirij nahm den Hund am Bauche und trug ihn in den Wagen.

      »Hör' mal, Tschitschikow, du mußt unbedingt zu mir kommen; es sind nur fünf Werst, wir sind im Nu da, dann kannst du noch immer zu deinem Ssobakewitsch.«

      – Warum auch nicht? – dachte sich Tschitschikow. – Ich will mal wirklich erst bei Nosdrjow einkehren. Er ist doch nicht schlimmer als die anderen, außerdem hat er sich arg verspielt. Er ist wohl zu allem fähig; folglich werde ich von ihm auch was ganz umsonst kriegen. – »Gut, ich komme mit,« sagte er, »aber du darfst mich beileibe nicht aufhalten: meine Zeit ist mir teuer.«

      »So ist es recht, Bruderherz! So ist es schön! Wart', ich geb' dir einen Kuss dafür.« Nosdrjow und Tschitschikow küßten sich. »So ist's schön, jetzt fahren wir zu dritt.«

      »Nein, mich mußt du gehen lassen«, sagte der Blonde. »Ich muß nach Haus.«

      »Unsinn, Unsinn, Bruder, ich laß dich nicht.«

      »Nein wirklich, meine Frau wird sich ärgern; du kannst ja jetzt in seinen Wagen umsteigen.«

      »Nein, keine Rede davon!«

      Der Blonde gehörte zu jenen Menschen, in deren Charakter man gleich auf den ersten Blick Starrsinn sieht. Man hat noch nicht den Mund aufgetan, als sie schon zu streiten anfangen, sie werden niemals auf etwas eingehen, was ihrer Gesinnung widerspricht, werden niemals Dummes klug nennen und vor allem niemals nach einer fremden Pfeife tanzen; die Sache endet aber meistens damit, daß ihr Charakter sich als weich erweist, daß sie sich gerade damit einverstanden erklären, was sie ablehnten, daß sie das Dumme klug nennen und vorzüglich nach der fremden Pfeife zu tanzen beginnen; mit einem Worte, sie fangen tapfer an und enden feig.

      »Unsinn!« sagte Nosdrjow auf diesen Einwand des Blonden. Darauf setzte er ihm seine Mütze auf, und der Blonde folgte ihm.

      »Herr, Sie haben den Schnaps noch nicht bezahlt . . .« sagte die Alte.

      »Gut, gut, Mütterchen. Hör' einmal, lieber Schwager, bezahl' du, bitte. Ich habe keine Kopeke in der Tasche.«

      »Was hast du zu bekommen?« fragte der Schwager.

      »Was soll ich verlangen, Väterchen? Bloß zwanzig Kopeken«, sagte die Alte.

      »Unsinn! Gib ihr einen halben Rubel, das genügt vollkommen.«

      »Es ist etwas zu wenig, Väterchen«, sagte die Alte, nahm aber das Geld mit Dank an und lief sogar voraus, die Türe zu öffnen. Sie hatte keinen Schaden, denn sie hatte im voraus viermal so viel verlangt, als der Schnaps kostete.

      Die Reisenden nahmen Platz. Tschitschikows Wagen fuhr neben dem Wagen, in dem Nosdrjow und sein Schwager saßen, und so konnten sie sich alle drei während der ganzen Fahrt frei unterhalten. Ihnen folgte, fortwährend zurückbleibend, das kleine Wägelchen Nosdrjows mit den mageren Mietspferden. In diesem Wägelchen saß Porfirij mit dem jungen Hund.

      Da das Gespräch, das die Reisenden führten, dem Leser wenig Interessantes bietet, ziehen wir es vor, einiges über Nosdrjow selbst zu sagen, dem es vielleicht beschieden ist, nicht die letzte Rolle in unserem Poem zu spielen.

      Nosdrjows Gesicht dürfte dem Leser einigermaßen bekannt sein. Solche Menschen hat wohl ein jeder oft gesehen. Man nennt sie geriebene Burschen, sie gelten schon in der Kindheit und in der Schule als gute Kameraden, werden dabei aber recht oft verprügelt. Ihre Gesichter drücken immer etwas Offenes, Gerades und Kühnes aus. Sie schließen sehr schnell Bekanntschaften, und ehe man es sich versieht, fangen sie einen zu duzen an. So eine Freundschaft sieht zuerst so aus, als ob sie fürs


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