Der gebrochene Schwur. Мэри Элизабет Брэддон

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Der gebrochene Schwur - Мэри Элизабет Брэддон


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um diese guten Leute und das was sie von ihm denken mochten, sondern spaziert, in Gedanken verloren und anscheinend gleichgültig gegen die Meinung der Welt, im Märzsonnenscheine in der großen Allee auf und ab unter den überhängenden Zweigen der noch laublosen Bäume und raucht seine Cigarre, gefolgt von seinem großen, schwarzen Neufoundländer. Zuweilen hält er bei dem großen Eisenthore an, welches den Park von der staubigen Landstraße trennt, und blickt durch die Verzierungen des Gitters in die Welt da draußen.

      Es liegt etwas von dem gefangenen Löwen in dem Blick des düsteren Kriegers, wenn er so durch das Gitter schaut, etwas ruhe- und hoffnungslos Sehnendes, das die Poeten im Auge des eingesperrten Adlers sehen wollen.

      Weiß er, wenn er so da steht an dem Thore von seines Stiefsohnes Domäne, die Hände in den Taschen seines Rockes, weiß er, daß das Auge des Neides und Hasses auf ihm ruht, und daß, wenn Wünsche todbringend wären, er leblos auf der Schwelle von Lislewood-Park hinstürzen würde?

      Hinter einer der achteckigen Scheiben des gothischen Thorwärterhäuschens sitzt ein Mann von ungefähr dreißig Jahren, gleich dem Hauptmann brünett und farblos, gebräunt von der brennenden Sonne, von großer, breiter Gestalt und stark markirten Zügen; doch ungleich ihm durch einen unbeholfenen, schlotternden Gang, durch hohe Schultern und gebückte Haltung mit verfrühten Runzeln unter seinen tiefliegenden, lauernden Augen, und einem finsteren Ausdruck um seinen fest zuammengepreßten Mund. Wie der Hauptmann, rauchte auch er nachlässig in der Morgensonne, doch ungleich ihm schaute er durch den Dampf seiner langen Tonpfeife mit Blicken voll Haß und Bosheit und der unterdrückten Wuth eines Tigers, der die Gelegenheit zum Sprung erlauert. Sein Name ist Gilbert Arnold ; vor zehn Jahren war er, also mit zwanzig Jahren, der frechste Wildschütze in der Grafschaft Sussex. Eingesperrt und gebessert in einem Mustergefängniß und durch einen evangelischen Geistlichen, ist er jetzt ein Heuchler, der sich durch sein Weib, einer arbeitsamen, jungen Bäuerin und Thorwärterin des Haupteingangs in Lislewood-Park, ernähren läßt.

      Rachel Arnold hat eine schwere Zeit durchlebt seit sie ihren Strohhut mit weißen Bändern geziert hatte, und vor sieben Jahren dem ehemaligen Wilddieb in der Kirche zu Lislewood angetraut ward. Sie hatte es mit einem mürrischen, unzufriedenen Manne zu thun, dessen Reue und Religiosität gleichsam eine Entschuldigung für sein müßiges, träges Leben sein sollten. Es war dem faulen Gatten der Thorwärterin ein Leichtes, seine grüngelben Augen in frömmelnder Weise gegen Himmel zu richten, wenn der vielbeschäftigte Pfarrer in Lislewood einsprach, um zu sehen, wie es seinem Schützlinge gehe; ein Leichtes, die biblischen Aufsätze durchzubuchstabiren, Aufsätze, die er sogar liebte, weil ihr Inhalt meist gegen die Reichen, Glücklichen, Großen und Mächtigen gerichtet war, die er mit einer geheimen Wuth haßte, die beinahe die Grenze des Wahnsinns berührte; ein Leichtes, seine einfachen und gutmüthigen Lehrer zu täuschen, die seiner Seele Wohlfahrt so ernstlich wünschten, daß sie gerne geneigt sind jene äußeren Zeichen für Beweise inneren Heils zu halten.

      Ein Leichtes all’ dies zu thun, und zugleich neidisch, unzufrieden, träge und tückisch zu sein. Mürrisch gegen sein Weib, nachlässig gegen sein Kind, unzufrieden mit seiner Stellung im Leben und boshaft gesinnt gegen seine Vorgesetzten.

      Kurz, es war nicht schwer für ihn ein guter Mensch nach dem einfachen Vorbild der Lislewooder zu scheinen und in Wirklichkeit ein schlechter zu sein.

      Die Arnold’s hatten nur ein einziges Kind, einen schmächtigen, schwächlichen Knaben von sechs Jahren mit blonden Flachshaaren und einem blassen, scharfgeschnittenen Gesichtchen, gleich seiner Mutter und ganz unähnlich dem starkknochigen, sonnegebräunten Vater.

      »Da ist er, Rachel,« sagte Gilbert, düster durch die kleinen, achteckigen Scheiben auf den Hauptmann blickend.

      »Wer, Gilbert?« frug sein Weib, die am Herde mit einer häuslichen Arbeit beschäftigt war.

      »Unser neuer — Herr, wie wir ihn wohl werden nennen müssen, der Hauptmann Niemandweißwer.«

      »Hauptmann Walsingham?«

      »Ja, Hauptmann Walsingham. Ist’s nicht ein schöner Name? Gerade wie einer aus den dreibändigen Romanen, die Mylady immer liest, und von denen der Pfarrer sagt, daß sie lauter »Eitelkeit« seien. Der Schwindler und Vagabund, vor ihm werde ich nicht den Hut abziehen und mich beugen, das kann ich ihm sagen.«

      »O, Gilbert!«

      Wie alle alten Diener war Rachel gut conservativ gesinnt, doch so gewohnt an ihres Gatten rauhe Art, daß sie nicht sonderlich davon berührt ward.

      »O, Gilbert!« sagte er spöttelnd, seines Weibes vorwurfsvollen Ton nachäffend. »Ja, ich heiße ihn einen Schwindler; was hat er für ein Recht hierher zu kommen und sich mit des verstorbenen Sir Reginald’s Eigenthum zu mästen? Was hat er für ein Recht, der mittellose Schurke, hierher zu kommen und sich die Gunst der einfältigen Frau zu erschleichen, die Du Deine Herrin nennst ? Ein träger, nichtsnutzer Schelm, wie er. Was hat er für ein Recht hierher zu kommen und sich Herr von Lislewood-Park zu nennen? Es war hart und schlecht genug, Sir Reginald’s Füße zu lecken, aber ich werde mich nie in den Staub beugen für ihn. Obgleich Du möchtest, daß ich’s thue, Dir thue, nicht wahr ?« sagte er, sich boshaft gegen das Schattenbild des Hauptmanns wendend, der eben seine Cigarre verraucht hatte und langsam die unbelaubte Allee hinaufschlenderte.

      »Sein Hund kostet mehr zu erhalten als mein Junge,« sing Gilbert wieder an, als er den Officier außer Gesicht hatte. »Da schau’ her,« er deutete auf seinen Sohn, der am Tische saß und einen Napf voll Milch und Brot vor sich hatte, »die Suppe ist nicht besser als sie Wolf täglich zum Frühstück erhält, ich hab’s gesehen.«

      »Aber sie sind sehr gütig gegen uns, Gilbert.«

      »Herr Gott! Ich weiß das; ich hörte oft genug. Sie werfen uns die Brocken zu, die für ihre Bedienten zu schlecht und für die Schweine zu gut sind, sie schenkten Dir fünf Schillinge, um dem Jirg hier ein Paar Stiefel zu kaufen, nicht wahr? Und zu Weihnachten gaben sie uns eine Flasche Wein —- seltenen, alten Wein, der wie Feuer in’s Blut ging, und der, so lange Du ihn trinkst, Dich fühlen macht, als wärst Du so gut wie sie. Aber was ist das weiter? Er kann solchen Wein jeden Tag und jede Stunde trinken, wenn’s ihm beliebt, er kann sich darin baden, wenn er mag, er kann in Champagner schwimmen — und seinen Hund auf Silber fressen lassen. Schau den kleinen Baronet an in seinem Sammtkleid auf seinem gefleckten Pony. Das Pferdchen kostet mehr Geld, als Du je in die Sparkasse legen kannst, so sehr Du Dich auch plagen und zusammenscharren magst, und schau unseren Jungen an in seinen benagelten Schuhen und geflicktem Kittel, obschon ich weiß, wer der Pfiffigste von Beiden ist.«

      »Ja, unser Jim ist ein pfiffiger Junge,« erwiederte die Mutter, beinahe ängstlich auf ihren Knaben blickend; »aber er muß auch gut werden, und darauf achten, was man ihm sagt, und nicht die Hühner und Schweine quälen, denn das ist grausam.«

      »O, Unsinn!« rief der Vater ungeduldig; »er braucht keine verzärtelte Dirne zu werden. Laß’ ihn die Thiere quälen, wenn er Lust hat, ich that’s auch, als ich ein Junge war.«

      Gilbert Arnold, der den lieben langen Tag um das Häuschen herumlungerte, die Hände in den Taschen seiner schädigen Sammtjacke und die Pfeife im Munde, bot gerade kein zur Nachahmung aufmunterndes Beispiel für die Jugend dar, vielleicht dachte dies auch sein Weib, als sie seufzend ihre Arbeit fortsetzte. Ihr Mann sah ihr gerne dabei zu, und pflegte, wenn er sie in der Hütte beschäftigt sah, während er müßig am Thürpfosten lehnte, sie ein einfältiger Ding oder eine dumme Gans zu nennen, oder er höhnte sie ob ihres Fleißes, und deutete mit dem Rohr seiner nie erlöschenden Pfeife die lange Allee entlang, an deren Ende das stattliche Schloß lag, und frug sie bitter lachend, ob sie gedachte mit ihrer schweren Arbeit sich solch ein Haus zu erwirthschaften?

      Wie man sieht, war Mr. Gilbert Arnold’s Fähigkeit, zu hassen, neidisch und boshast zu sein, der seiner Mitmenschen im Allgemeinen weit voraus. Er haßte den indischen Officier, wie wir sahen; aber er hatte den verstorbenen Sir Reginald eben so gehaßt, obgleich der selige Baronet seinem Weibe das gothische Häuschen eingeräumt und ein anständiges, wöchentliches Einkommen ausgesetzt hatte, und was ihn betraf, über viele Wilddiebstähle auf seinen Gütern ein verzeihendes Auge zugedrückt hatte. Er haßte auch das


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