Der gebrochene Schwur. Мэри Элизабет Брэддон

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Der gebrochene Schwur - Мэри Элизабет Брэддон


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über dem Kamin Er fuhr mit der Hand durch sein dichtes, schwarzes Haar, strich es nach einer Seite von der Stirn, und betrachtete sich einige Augenblicke mit gedankenvollem Lächeln.

      Lady Lisle beobachtete ihn mit Erstaunen, sprach aber nicht. Sein Einfluß auf sie war augenscheinlich sehr groß, und in ihrem Benehmen gegen ihn machte sich stets eine gewisse Furcht bemerkbar, eine Furcht, welche dem Bewußtsein seiner Kraft und ihrer Schwäche zu entspringen schien, trotzdem aber mit der Kenntniß ihrer außerordentlichen Macht über ihn vermischt war, einer Macht, die sie nicht verfehlte in kleinlichen weiblichen Ansprüchen geltend zu machen.

      »Lady Lisle, Sie finden mich verändert nach dem was ich im September vor acht Jahren war-? Wie, wenn ich sage, daß ich nicht mehr derselbe Mensch bin, der ich damals gewesen?«

      »Arthur!«

      »Betrachten Sie mein Gesicht im Spiegel; kommen Sie hierher, Claribel, stellen Sie sich neben mich und beschauen wir es Beide. Ich finde keine großen Veränderungen darin, nicht wahr? Einige kaum bemerkbare Falten unter den Augen, einige harte Linien um den Mund, und die Broncefarbe der indischen Sonne. Großer Gott! Wie wenig reflectiren die Gesichtszüge das Heez! Und welch’ ein narbenvolles, sturmgepeitschtes, abgebranntes Antlitz würde dies sein, wenn es die äußern Zeichen jedes inneren Kampfes trüge! Nun sehen Sie, welch eine hübsche brauchbare Maske daraus gemacht werden kann, und wie das große Räthsel — Mensch — sich dahinter verbergen kann!«

      »Arthur, ich mag Sie nicht so sprechen hören.«

      »Ja, es ist bärenhaft, nicht wahr? Ich sollte zu Ihren Füßen sitzen, Ihnen süße, liebliche Geschichten meines achtjährigen Aufenthaltes in Indien erzählen. Wie ich Ihnen zu Liebe nie Bier getrunken, um Ihretwillen Würfel und Spieltisch mied und die Gesellschaft der Frauen floh, um in der Erinnerung Ihrer schönen Züge zu schwelgen. Dies wäre das Rechte, nicht wahr? Aber, Claribel Lisle, ich sage Ihnen nichts dergleichen. Ich bin ein Bär, wie Sie sich ausdrückten, und sage Ihnen die Wahrheit. Hören Sie also. Ich hasse Sie eben so sehr, wie ich Sie liebe. Mein Herz ist getheilt in diese beiden Leidenschaften, und ich weiß kaum zu sagen, welche von ihnen mich aus Indien hierher und zu Ihren Füßen trieb. Sie haben durch Ihren Vorrath vor acht Jahren einen Mord begangen, und es ist der Geist des damals getödteten Arthur Walsingham, der in diesem Augenblick vor Ihnen steht. Durch Sie bin ich zum Spieler, Trunkenbold und Wüstling geworden. Das Andenken an Sie hat mich zur Flasche, zu den Karten und zu dem Lächeln herzloser Weiber getrieben, um Erleichterung meiner Qualen zu finden. Dies, Lady Lisle, mußte ich Ihnen sagen, wenn ich überhaupt sprechen wollte.«

      »Arthur, es zerreißt mein Herz, Sie so reden zu hören,« sagte sie, als er sich abwandte, um sein Gesicht in seinen Händen zu verbergen. »Arthur, ich verspreche Alles zu thun, was in meinen Kräften steht, um das Vergangene wieder gut zu machen. Verspreche ichs nicht?« wiederholte sie, indem sie versuchte seinen Kopf mit ihren schwachen Händen zu erheben.

      »Ja, ja, Sie sind sehr gütig, Claribel, und Sie versprechen endlich — endlich mein zu sein. O, meine Geliebte, meine Thyrannin, meine süße, meine grausame Claribel, beten Sie, daß die bittere Vergangenheit für immer vermischt werde, und daß keine traurigen Wirkungen jener trüben Zeit je Ihr liebes Haupt berühren mögen.«

      Er legte ihre schönen Locken auf seine Schulter, und schaute auf sie nieder mit zärtlichem, bedauerndem aber düsterem Blick.

      »Claribel, Sie haben versprochen mich zu heiraten. Bereuen Sie diesen raschen Schwur? War es Furcht, was Sie trieb meine Bitte zu gewähren? Besinne Dich, Geliebte, besinne Dich, ehe es zu spät. Ein Wort und ich verlasse diese Nacht noch diesen Ort, und bin in zwei Tagen auf dem Wege nach Indien. Ein Wort, Claribel, und Du bist frei von mir für immer.«

      Sie erhob ihre thränenvollen Augen zu ihm, und ihre kleine Hand in die seine legend, sagte sie mit von Schluchzen unterbrochener Stimme:

      »Ich liebte nie einen Andern als Dich. Ich war sehr schlecht, als ich Dich verschmähte und mich mit Sir Reginald Lisle vermälte, aber ich war zu feige dem Uebergewichte meiner Freunde zu widerstehen. Manchen Abend zu meines Gatten Lebzeit saß ich auf dieser Stelle ihm gegenüber, Dein gedenkend im fernen Indien, Dein gedenkend, bis der Raum um mich und meines Gatten Züge verschwanden, und ich Dich sah, verwundet in der Schlacht, oder schlafend im düstern Wald, allein, verlassen, krank, sterbend. Doch dem Himmel sei Dankt Du bist gerettet, bist zu mir zurückgekehrt, liebst mich noch.«

      »Noch und immer. Ich sage Dir, es ist meine Leidenschaft, Claribel Lisle. Du willst Dich mit mir also verbinden, was auch kommen mag?«

      »Was auch kommen mag, ja.«

      Sie zitterte, als sie in sein dunkles Gesicht blickte, und sprach seine Worte nach, zagend und leise wie ein Kind.

      Zweites Kapitel.

       R ü c k b l i c k.

      Die würdigen Gemeindemitglieder von Lislewood erinnerten sich sehr wohl, wie vor acht Jahren ein gewisser Hauptmann Walsingham von der ostindischen Rekrutirungs-Compagnie zum Besuch zu Sir Reginald Lisle gekommen war, sie erinnerten sich seines hübschen brünetten Gesichtes, ungezwungenen Wesens und seiner militärischen Haltung, an das Klirren seiner Sporen, wenn er über das rauhe Pflaster der langen Dorfstraße schritt, an das Schwingen seiner Reitpeitsche, die er in der kräftigen Hand hielt, an den Glanz seines steif gewichsten Schnurrbartes (er diente in einem Cavallerie-Regiment), an sein freundliches Lächeln gegen die Kinder, wenn sie sich um ihn schaarten, um den großen Officier anzugaffen und zu bewundern, an seine klangvolle Stimme, wenn er bei dem »goldenen Löwen« einsprach, um das Ankommen der Londoner Postkutsche abzuwarten, oder wenn er zu dem Schmied schleuderte, der zugleich Thierarzt war, um ihn zu fragen, was wohl seinem Jagdhund Dragon fehle? Ein schmucker und nobler Herr! Schön von Ansehen, gut von Gemüth und offen in der Rede dachten sich die Bewohner von Lislewood. Sie erinnerten sich auch, wie er damals bis zum Wahnsinn verliebt war in Claribel Merton, die Waise und Erbin eines reichen ostindischen Kaufmannes, die sich bei ihrer Tante, einer unverheirateten Schwester des verstorbenen Pfarrers, in Lislewood aufhielt. Sie erinnerten sich dieser Liebesgeschichte, weil Hauptmann Walsingham, der keineswegs zurückhaltend war, wenigstens zwanzig Vertraute besaß, und mehr als einmal geschworen hatte, sich zu erschießen oder zu ertränken. Auch hatte Martin, sein Diener, ein braver Kerl, dem Schankmädchen im »goldenen Löwen« erzählt, daß er seines Herrn Pistolen versteckt habe, und nur bedauere, nicht auch den Fluß verbergen zu können.

      Hauptmann Walsingham war also verliebt in das schöne Mädchen mit den blonden Locken, und diese Liebe verwirrte ihm den Kopf und machte ihn ruhelos und schwermüthig. Man hatte ihn in Verdacht, daß er ihres Vermögens halber um sie werbe, worauf er bat, man möge ihm Claribel ohne einen Heller geben, - und mit ihrem Reichthum ein Hospital gründen; er hatte gebeten, gedroht, geflucht, und ganz Lislewood hatte Partei für ihn genommen und sich an dem kleinen Roman betheiligt. Jede verstohlene Zusammenkunft an den sandigen Dünen oder auf den nackten Hügeln, die an das kleine Dorf stießen, wurde bekannt und besprochen. Jede Nacht, die er damit zubrachte, vor dem Hause und Gärtchen ihrer Tante auf und ab zu gehen, den matten Lichtschein bewachend, der aus ihrem Fenster drang, jedes Briefchen, welches das Dienstmädchen einschmuggelte, das Goldstück, das der Hauptmann vom Schmied hatte entzwei brechen lassen und in dessen Fragmente die Liebenden sich theilten, die schrecklichen Scenen zwischen dem Freier und des jungen Mädchens Beschützerin — alle diese Dinge waren öffentlich besprochen worden bei den Thee- und Kaffeevisiten in Lislewood, von jungen Damen, welche den hübschen Officier für viel zu gut hielten für »das einfältige Ding,« wie sie unehrerbietiger Weise Miß Merton nannten, von alten Jungfern, welche fest behaupteten, daß es ihm nur um ihr Geld zu thun sei, von jungen Männern, welche für den verzweifelten Liebhaber schwärmten, von grauköpfigen Junggesellen, die ihn einen Narren nannten mit seiner ungestümen, brausenden Leidenschaft, kurz von Jedermann wurde Arthur Walsinghams Werbung und seine Verdienste bekrittelt.

      Die einzige Person, welche sich wirklich ruhig verhielt in dieser Angelegenheit, war die junge Heldin des sentimentalen Dramas Claribel Merton hatte keine Vertraute und legte auch keine Bekenntnisse ab. Nie hörte man, daß sie eine Scene gemacht, zu den Füßen ihres unerschütterlichen Vormunds


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