Verloren und Gefunden. Мэри Элизабет Брэддон

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Verloren und Gefunden - Мэри Элизабет Брэддон


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ein Bild zu verkaufen, oder ein Portrait für einen einfachen Handelsmann zu malen, und wenn er nichts Anderes finden könnte, so wollte er Aushängeschilder malen. Er hatte den Stolz abgelegt. Er wollte irgend etwas, was sich darbot, thun, wenn er nur Brod für sein Kind erwerben konnte.

      Er hatte noch einen andern Grund für den Wunsch, sich einer herumziehenden Gesellschaft anzuschließen Er wußte, daß ihn seine Frau mit einer leidenschaftlichen, eifersüchtigen Liebe liebte, wie sie nur heftigen Naturen eigen ist. Es war deshalb wenig Zweifel, daß sie ihn aufsuchen, daß sie Alles aufbieten würde, um seine Spur zu finden. Dazu war aber weniger Aussicht, wenn er keinen festen Aufenthaltsort hatte, sondern fortwährend von einem Ort zum andern zog.

      Dieser zweite Grund war für ihn gewichtiger als der erste und bestimmte seinen Entschluß.

      Die Gesellschaft, die an diesem Abend auf Putney-Heath lagerte, war zahlreicher, als er sie zu finden erwartet hatte. Der Reisewagen war ein kolossales Fuhrwerk, und drei Pferde von kräftigem Aussehen weideten das Gras auf dem kurzen Rasen hinter demselben ab.

      Einer der Männer, der auf dem Boden am Feuer saß, blickte nach Gervoise auf, als der Künstler einige Minuten dagestanden und die Gruppe von Wanderern gedankenvoll angeschaut hatte.

      »Wenn Ihr vielleicht das nächste Mal wieder dieses Wegs kommt,« sagte dieser Mann, eine kurze Thonpfeife aus dem Munde nehmend, »so werdet Ihr uns wiedererkennen, mein Freund. Ihr habt uns wenigstens lange genug angestarrt.«

      Gervoise Gilbert trat dem Feuer etwas näher — so nahe, daß sein hübsches Gesicht und das goldene Haar des Kindes von der hellen Flamme beleuchtet wurden.

      »Ich habe keine Beleidigung beabsichtigt, mein guter Mann,« sagte er. »Ich stehe zu tief in der Welt, um unverschämt zu sein. Ich bin ein Künstler und alle meine Wünsche stehen nach einem solchen Leben wie das Eurige. Ich bin arm und, wenn ich überhaupt leben will, so muß ich so leben wie Ihr zu leben scheint — von der Hand in den Mund, im Vertrauen, daß jeder Tag ein Mahl und ein Nachtlager bringen wird.«

      »Das ist wenigstens aufrichtig gesprochen,« sagte der Mann, inne Pfeife ausklopfend.

      »Es ist die Wahrheit,« antwortete Gervoise Gilbert düster.

      Während dieses Gesprächs hatte sich eine der Frauen von ihrem Sitz auf dem Wagentritt erhoben und dem Maler genähert.

      »Ist das Ihr Kind?« fragte sie, auf den goldgelockten Kopf blickend, der noch immer an des Vaters Brust ruhte.

      »Ja,« antwortete Gilbert, »und ohne dasselbe würde ich vielleicht in dieser Nacht einen gesunden Schlaf auf dem Grunde des Flusses gefunden haben.«

      »Armer, kleiner Bursche,« murmelte die Frau mitleidsvoll.

      »Ist seine Mutter todt?«

      »Ja,« antwortete Gilbert mit festem Tone.

      Sie war todt für ihn, dachte er. Seine beste Hoffnung war, daß sie in nicht langer Zeit für die ganze Welt todt sein würde.

      »Das ist schlimm,« sagte die Frau; »es ist sehr schlimm, für einen so kleinen Jungen wie er, ohne eine Mutter zu sein. Sie scheinen ihn lieb zu haben.«

      »Ihn lieb zu haben!« rief Gervoise, »mein Herzblut ist mir nicht so kostbar wie dieses Kind. Ich lebe nur seinetwegen. So tief ich auch gesunken bin, so wird vielleicht der Tag kommen, wo er reich und mächtig sein wird. Kluge Männer, die niemals durch Armuth zur Verzweiflung getrieben worden sind, werden mich vielleicht wahnsinnig nennen, daß ich von so etwas auch nur träume; aber ich träume davon bei Tag und Nacht.«

      Er sagte dies mehr zu sich als zu der Frau.

      »Gehen Sie diesen Abend noch weit?« fragte der Mann, der zuerst gesprochen hatte.

      »Nicht, wenn ich nicht muß. Ich suche ein Obdach für diesen Kleinen. Ich mache mir nichts daraus, unter einem Heuschober, oder auf bloßem Boden unter den Ginsterbüschen dort zu ruhen; aber der Knabe hat noch nie im Freien geschlafen.«

      »Und er soll heute nicht im Freien schlafen, Mister,« sagte die Frau, »wenn es Ihnen recht ist, daß er zu meinen beiden Jungen in den Wagen gelegt wird.«

      Ob es ihm recht war? Gervoise Gilbert nahm das Anerbieten dankbar an.

      »Ich dachte mir’s, daß es irgendwo in dieser weiten Welt doch noch Mildthätigkeit geben müsse,« sagte er, »und Dank dem Himmel, ich bin auf den rechten Weg gekommen, Sie zu finden.«

      Die Frau lachte gutmüthig.

      »Es ist keine so große Mildthätigkeit; einem Kinde ein Nachtlager zu geben,« sagte sie, den Knaben von Gilberts Armen nehmend.

      Georgey war vollkommen erschöpft. Er öffnete weder seine Augen, noch rührte er seine schlanken Glieder, als die Frau ihn in den Wagen trug und in das kleine Bett neben ihren eigenen Knaben niederlegte.

      »Kommen Sie,« sagte der Mann mit der Thonpfeife, »wenn Sie im Freien schlafen wollen. so werden Sie besser daran thun, hier zu schlafen, und Einer von uns kann Ihnen eine Decke leihen und Sie können auch eigen Mund voll Essen bei uns erhalten. Unser französischer Koch hat uns am letzten Dienstag aufgesagt, weil dieser Herr dort, der sehr eigen ist im Essen, — dabei deutete er auf einen Mann, dessen Haar nach Art der gewöhnlichen Seiltänzer aufgebunden war und dessen einziges Kleidungsstück in einem groben Rock zu bestehen schien, der ihn vom Kinn bis zu den Füßen einhüllte — »weil Mr. William Stockes, dessen Künstlername Montmorency ist, sich über die fricassierten Froschschenkel beklagte, daß sie nicht gar seien. So müssen Sie mit Hausmannskost vorlieb nehmen, die, wie ich glaube, in Leber und Schinken besteht.«

      Gervoise nahm diese so herzlich gebotene Einladung dankbar an.

      »Ich bin froh, wenn ich die Nacht bei Ihnen bleiben kann,« sagte er, »und noch lieber würde es mir sein, wenn ich mit Ihnen gehen könnte, vorausgesetzt, daß ich eine Beschäftigung fände, womit ich meinen Lebensunterhalt zu erwerben vermöchte.«

      Hier mischte sich der Herr mit dem aufgebundenen Haar und dem langen Rock in’s Gespräch.

      »Was den Lebensunterhalt betrifft,« sagte er, »so hängt das davon ab, was Sie zu leisten vermögen. Sie haben soeben gesagt, Sie seien ein Künstler. Sie wollen doch damit nicht sagen, daß Sie ein Künstler auf der Erde und in der Luft seien?«

      »Auf der Erde und in der Luft?« fragte Gervoise verblüfft.

      »Er meint, ob Sie ein Seiltänzer seien,« erläuterte der Mann mit der Pfeife. »Ich habe nie einen solchen Burschen gesehen, wie Bill.

      Er ist so in seine Kunst vernarrt, daß er glaubt, es gebe keine andere als die seinige. Er ist einer von den beschränkten Köpfen, die nie über ihren eigenen Familiencirkel hinaussehen können. Nein, Bill, ich will all das Geld, das ich in den Dreiprocentigen angelegt habe, verwetten, daß der Mann da nicht zur Seiltänzerzunft gehört.«

      »Leider nein,« antwortete Gervoise Gilbert. »Wenn ich auf dem Seile tanzen könnte, so würde ich vielleicht im Staude sein, Brod für mein Kind zu erwerben; aber ich kann es nicht, ich bin nur ein Maler.«

      »Ein Portraitmaler?«

      »Ja. ich kann Portraits malen.«

      Der Sprecher, der eine wichtige Persönlichkeit, der Principal der Bande und der Eigenthümer des Wagens war, ließ ein langes Pfeifen vernehmen.

      »Wenn Sie wirklich eine geschickte Hand im Portraitmalen sind, so glaube ich Ihnen ein Stück Arbeit geben zu können. Sie müssen wissen, daß wir eine Kunstreitergesellschaft sind, die während des Sommers durch England reift und in den größeren Orten und auf Märkten Vorstellungen giebt. Was ich wünsche, sind drei oder vier Costümeportraits von Musje Montmorency dort, von Mademoiselle 1’Amour, die meine Frau Nancy Cadgers ist, und von den zwei andern Damen, Madame Zepherine und Signora Floribella, und von den zwei Herren, die neben Mr. Montmorency sitzen, von denen der eine der Wüstenwirbelwind ist, der drei wilde arabische Hengste ohne Sattel reitet — die arabischen Hengste sind die Pferde, die dort grasen, — der andere ist unser deutscher Hanswurst« Herr von Volterschocker,


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