was Leiden schafft. Hermann Brünjes

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was Leiden schafft - Hermann Brünjes


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ihr reinigt die Teiche, Ufer und Dämme dazwischen.“

      Beide sind offenbar stolz auf ihr Werk. Aber ich bin nicht hier, um einen Hochglanz-Werbeflyer zu machen, sondern eine sachliche, faktenorientierte Reportage. Aber ich sehe mir das Gelände natürlich genau an. Die Teiche sind teilweise durch Gräben und Rohre verbunden. Der hintere, kleinste Teich scheint ohne Zufluss zu sein. Ich frage meine Begleiter.

      „Die Teiche sind mit fließend Wasser verbunden. Vor den Rohren haben wir allerdings Filter und Gaze eingebaut. Wir wollen nicht, dass die Fische sämtliche Teiche bevölkern, sondern sortieren sie. Hier zum Beispiel, wo das frische Wasser besonders sprudelt, haben wir die jungen Forellen eingesetzt. Nur der letzte Teich ist von jeder Wasserzufuhr abgeschnitten. Er wird im Prinzip nicht genutzt.“

      Malle verströmt Fachkompetenz in Sachen Fischwirtschaft.

      „Und deshalb angeln wir dort auch nicht!“ Dennis will bei ihm Eindruck schinden, das spürt man. „Aber wir angeln nicht nur, wir üben auch Bogenschießen, paddeln, backen Stockbrot am Lagerfeuer oder schweben mit der Seilbahn dort über die Teiche.“

      Wie gesagt, ein Paradies für Kinder und Jugendliche. Neben der Hütte steht ein Gerätehaus aus Blech. Dorthin zieht mich Dennis zum Schluss des Rundgangs. Daneben liegen umgedreht zwei Kanus und dahinter stehen vier oder fünf blaue Regentonnen mit Deckel. Etwas weiter hinten sehe ich eine auf einem Bock platzierte Strohscheibe als Ziel für das Bogenschießen.

      „Kommen sie, hier lagert unsere Ausrüstung!“

      Die Doppeltür der Blechhütte steht offen. Angeln, Paddel, Schwimmwesten, Schnorchel, Schwimmflossen, eine Kiste mit Bällen, Gartengeräte wie Spaten und Harken, Drahtrollen, Sportbögen und Pfeile. Dennis nimmt einen der Sportbögen und zwei Pfeile heraus.

      „Herr Jahnke, wollen Sie es mal versuchen?“

      Malle grinst. „Dennis, willst du unseren Gast blamieren?“

      Das kann ich mir nicht bieten lassen. „Kein Problem!“

      Zwar bin ich mir meiner nicht mehr völlig sicher, es ist auch schon viele Jahre her, dass ich einen Bogen in der Hand hatte, aber Bogenschießen ist wie Fahrradfahren …

      Der erste Pfeil landet am Rand der Mitte, der zweite fast im Zentrum. Dennis kann es nicht fassen. Ich mutiere vielleicht zu seinem neuen Bogenschießguru.

      Malle sieht mich eher misstrauisch an.

      „Lernt man das als Reporter? Oder sind Sie im Verein?“

      „Beides falsch. Ich war früher bei den Pfadfindern. Was ihr hier macht, war im Jugendalter gewissermaßen mein Tagewerk. Davor hatten wir eine Clique. Da sind wir auf dem Truppenübungsplatz herumgestrolcht, haben Flitzebögen aus Haselnuss gebaut und waren allseits als gute Schützen bekannt.“

      Nun scheine ich auch in der Achtung Malles zu steigen.

      Das mit dem Truppenübungsplatz sage ich natürlich, um das Vertrauen des Munitionsfreaks zu gewinnen. Es ist aber nicht gelogen. Wir haben damals tatsächlich ein militärisches Sperrgebiet in der Nähe von Bremen als unser Spielgebiet genutzt.

      „Alle Achtung. Ein Bier?“

      Malle greift in den unter dem Vordach der Hütte stehenden alten Kühlschrank und holt eine Dose Astra heraus. Ich greife zu. Dennis geht zurück an seine Angel.

      Malle schaut mich nach dem ersten Schluck an.

      „Sie sind aber nicht hier, um sich alles anzuschauen?“

      „Doch. Ich gehe bei Spaziergängen manchmal mit meiner Frau an Ihrem Grundstück vorbei. Letztes Jahr habe ich gedacht, ich müsste mal rauskiregen, ob es zu verkaufen ist. Es ist hier absolut idyllisch.“

      „Das stimmt. Genau deshalb ist diese Anlage nicht zu verkaufen. Seit zwei Jahren gehört sie mir.“

      „Das habe ich dann gehört. Die Eltern von Ben haben es mir im letzten Jahr erzählt.“

      Das Misstrauen kommt zurück, ich rieche es beinahe.

      „Sie kannten Ben?“

      „Nein. Nur seine Eltern. Sie haben erzählt, dass Ben damals oft hier war. Aber Sie kannten Ben vermutlich recht gut.“

      Malle überlegt, wo es nichts zu überlegen gibt.

      „Ja. Alle hier kannten ihn. Er war ein toller Junge. Wir alle waren geschockt und erschüttert.“

      „Aber niemand hier ahnt, woran er gestorben ist?“

      Malle schaut mich fragend an. Er wirkt ehrlich.

      „Natürlich. Wir dachten schon an eine Fischvergiftung. Aber das wurde ausgeschlossen. Er und seine Mutter müssen irgendetwas anderes gegessen oder eingeatmet haben.“

      „Aber was?“

      Er zuckt mit den Achseln.

      Ich wechsle besser das Thema.

      „Die Jungen haben mir von den Granaten oben im Krater erzählt.“

      Er schweigt und ich spüre Widerstand.

      „Ich weiß, dass Sie die Granaten der Jungs entschärft und abgeholt haben. Danach haben sie sie vermutlich verkauft, an Sammler oder Schrotthändler. Von dem Geld haben Sie den Jungs dieses Spielzeug gekauft.“

      Ich zeige auf den Blechschuppen. Er nippt an seinem Bier und schweigt weiter, immer feindlicher.

      „Oder haben Sie die Bomben hier irgendwo zwischengelagert? In der Hütte? In einem der Fässer? Oder gar in einem der Teiche? Sie wissen ja, das wäre das Ende dieser Idylle.“

      Ich hoffe, er wird nun nicht handgreiflich. Auch deshalb bin ich heute Nachmittag gekommen. Ich wollte nicht allein auf diesen militanten Typ treffen, sondern zumindest Zeugen haben für das, was geschieht.

      Zum Glück scheint sich Malle unter Kontrolle zu haben.

      „Sie drohen mir? Was Sie da erzählen, ist komplett gelogen!“

      „Wenn hier Granaten sind, wäre das Gegenteil bewiesen.“

      „Man wird keine finden.“

      „Aber die Jungen könnten gegen Sie aussagen.“

      „Die wollen sich wichtigmachen und ihre eigenen Spielchen dort oben im Krater vertuschen.“

      „Okay. Vielleicht ermittelt die Polizei aber gegen Ihre Abnehmer: Munitions-Fetischisten, Neonazis, Reichsbürger.“

      Nun lacht er laut los. „So ein Blödsinn! Mit solchen Leuten habe ich nichts zu tun. Selbst wenn ich ein paar völkische Siedler kenne – ich bin Soldat gewesen, komme aus der Sportpädagogik und kümmere mich leidenschaftlich um Jugendliche.“

      „Hoffen wir, dass Ihre Leidenschaft den Jugendlichen nicht am Ende Leiden schafft.“

      „Ha, ha. Nettes, dummes Wortspiel.“ Er zerquetscht seine leere Bierdose und befördert sie gekonnt in einen mit Müll gefüllten roten Plastikeimer neben der Eingangstür seiner Hütte. Ganz offensichtlich ist unser Gespräch beendet.

      Malle geht auf Dennis zu. „Dennis, hat einer gebissen?“

      „Zweimal. Aber es hat nur gezupft. Vermutlich Rotaugen.“

      „Komm, lass mich mal versuchen.“ Er nimmt Dennis die Rute aus der Hand, holt die Pose ein und wirft den Köder an eine andere Stelle. „Manchmal hat man hier mehr Glück.“

      Ich schmeiße meine Dose ebenfalls in den Mülleimer.

      „Okay. Dann werde ich mich mal auf mein Rad schwingen. Ich denke, wir sehen uns wieder.“

      „Klar, wir wohnen ja Zaun an Zaun!“

      Dennis verabschiedet mich fröhlich. Malik Yilmatz dagegen ignoriert mich und starrt auf seinen Schwimmer. Er hat zukünftig ganz sicher keine große Sehnsucht nach mir.

      Конец


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