Mörderischer Handel. Ute Dombrowski

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Mörderischer Handel - Ute Dombrowski


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ich hole mal ein bisschen weiter aus. Seit etwa drei Jahren geht hier in Eltville etwas vor sich, was mir absolut nicht zusagt: Alte Häuser verschwinden und kurze Zeit später stehen moderne und vor allem teure Neubauten an deren Stelle, obwohl die alten Häuser nicht in einem Zustand waren, dass man sie abreißen musste. Ich habe ein wenig recherchiert, weil ich auch immer preiswerte Wohnungen für Freunde suche, war im Amt und habe nachgefragt. Man wollte mir keine Auskunft geben und ich hatte das Gefühl, dass meine Fragen sehr unerwünscht waren. Die zuständige Sachbearbeiterin wollte mich sehr schnell wieder loswerden und hatte mich hinausbefördert.“

      „Warum das denn? Das ist doch ein ganz harmloses Thema.“

      „Anscheinend nicht, denn überall, wo ich gefragt habe, tat man so, als wäre das ein Tabu. Bei einem Gottesdienst hat mich dann eine alte Bekannte angesprochen, die sehr enttäuscht war. Sie hatte ihr Haus verkauft und war entsetzt, als es plötzlich abgerissen wurde. Ein Mann in Arbeitskleidung hatte ihr gesagt, dass der Schwamm im Mauerwerk war und es nicht gerettet werden konnte. Das müssen Sie sich mal vorstellen, du kommst aus nostalgischen Gründen zu deinem alten Haus, denkst, es ist in guten Händen und dann ist es weg. Traurig.“

      „Und Sie denken, das geht nicht mit rechten Dingen zu?“, fragte Bianca nachdenklich und knabberte an ihrer Unterlippe. „Wie hängt das denn mit Ihrem Nachbarn zusammen?“

      „Zwei Männer, die sehr düster aussahen, klingelten eines Abends bei mir und überreichten mir das Schreiben einer Immobilienfirma aus Frankfurt. Dann waren sie wieder weg. Ich bin hinterhergegangen und habe gesehen, dass sie auch bei meinen Nachbarn geklingelt haben.“

      Ferdinand erkundigte sich, ob Peter Jischeck das Schreiben noch hatte und der holte es aus dem Arbeitszimmer.

      Er las vor, was dort geschrieben stand: „Sehr geehrter Herr Jischeck, gerne möchten wir Ihnen ein besonderes Angebot unterbreiten. Im Rahmen der Erhaltung des außergewöhnlichen Charmes von Eltville suchen wir für unsere solventen Kunden schöne alte Häuser und bieten Ihnen neben einer modernen Wohnung im Rhein-Main-Gebiet eine Summe von fünfhunderttausend Euro. Wir sind bestrebt, das Gesicht der Stadt zu erhalten und hoffen auf Ihre Zustimmung. Mit freundlichen Grüßen … Mehr steht da nicht.“

      „Das ist schon sehr dreist. Wow, einfach mal blanko eine halbe Million. Hört sich das seriös an? Ich bin mir nicht sicher.“

      Ferdinand war aufgestanden und hatte die Rückseite des Hauses betrachtet. Es musste mal gestrichen werden und die Fenster waren schon einige Jahre alt, auch das Dach war nicht neu. Der Garten mit seinem alten Baumbestand reichte bis zu einem Zaun, hinter dem der Sülzbach plätscherte.

      „Das klingt nicht seriös“, sagte Peter Jischeck, der jetzt neben Ferdinand stand. „Man hat sofort den Gedanken, dass es einen Haken gibt.“

      „Sind Sie darauf eingegangen?“

      „Nein, ich habe den Brief weggelegt und bisher kam nichts weiter. Beim Bernd war das anders. Ich bin allerdings auch oft unterwegs.“

      „Hat Ihnen Bernd Fregge etwas Genaueres erzählt?“

      „Er hat genau denselben Brief bekommen und als die Männer wieder aufgetaucht sind, hat er ihn vor deren Augen zerrissen. Er wollte einen Anwalt einschalten, weil er das Verhalten der Männer sehr unangenehm fand. Der eine hat sogar einen Blumentopf umgetreten. Das hat ihm Angst gemacht, aber wie die meisten hier würde er sein Haus niemals verkaufen.“

      Ferdinand stutzte.

      „Wie die meisten? Wollten Sie nicht sagen wie alle?“

      „Nein, drei Häuser wurden bereits verkauft.“

      „Wann fing denn das alles an?“

      „Vor einem Jahr etwa. Die drei Häuser stehen aber immer noch leer.“

      Sie liefen zurück zum Tisch, wo Bianca den Brief betrachtete. Der Name des Immobilienbüros sagte ihr gar nichts.

      „Ludger von Etzelsbach. Immobilien rund um den Erdball. Was für ein Slogan. Ich möchte mir den Kerl gerne ansehen.“

      „Dann machen wir morgen einen Ausflug in die Main-Metropole.“

      „Sehr gut, schauen Sie dem Mann mal auf die Finger“, begeisterte sich Peter Jischeck und schlug auf den Tisch. „Es kann nicht sein, dass die schönen alten Häuser für diese modernen Bauten weichen müssen. Irgendwie befürchte ich nämlich, dass hier ein neuer Wohnkomplex entstehen soll.“

      „Wir werden uns schlau machen. Bitte melden Sie sich umgehend bei uns, wenn es etwas Neues gibt“, sagte Bianca und gab ihm ihre Karte.

      „Und passen Sie auf sich auf“, ergänzte Ferdinand.

      Der Pfarrer zog die Augenbrauen hoch.

      „Warum das denn? Ist der Tod von Bernd etwa kein Unfall gewesen?“

      „Wir ermitteln noch. Haben Sie letzten Dienstag jemanden bei Ihrem Nachbarn gesehen?“

      Peter Jischeck schüttelte den Kopf.

      „Sie können Paula Grinzow fragen. Die ist die Nachbarin auf der anderen Seite und sie weiß immer alles, wenn Sie verstehen. Tag für Tag sitzt sie am Fenster und beobachtet das Geschehen.“

      „Danke, Herr Jischeck, wir melden uns. Einen schönen Tag noch.“

      Bianca und Ferdinand gingen durch den kühlen Hausflur wieder hinaus und auf der Straße bogen sie direkt nach rechts. Schon vom weitem sahen sie eine alte, weißhaarige Frau, die mit den Armen auf ein Kissen gestützt aus dem Fenster schaute. Neugierig streckte sie den beiden Ankömmlingen den Kopf entgegen.

      „Sind Sie auch welche von den Immobilienleuten?“

      Bianca grüßte freundlich und stellte sie vor. Gleichzeitig hielt sie der Frau ihren Ausweis hin.

      „Ach, na sowas! Jetzt kümmert sich die Polizei darum?“

      „Was meinen Sie?“, fragte Ferdinand.

      „Die Typen kommen mit ihren Schmeicheleien nicht durch und schicken jetzt euch?“

      „Nein, Frau Grinzow, im Gegenteil. Wir sind hier, weil wir Licht in die Angelegenheit bringen wollen. Dürfen wir hineinkommen?“

      Bianca lächelte so nett sie konnte und nach kurzer Überlegung ließ die alte Frau sie eintreten.

      „Ich lasse ja sonst niemanden ein, den ich nicht kenne. Man weiß ja nie, ob man dann nicht ausgeraubt wird oder tot in der Ecke liegt. Ich bin neunzig Jahre alt und hatte schon oft Angst.“

      Als Bianca und Ferdinand wieder draußen auf der Straße standen, ahnten sie, dass hier ein ganz großer Fall seinen Anfang nahm.

      4

      Peter Jischeck saß unter dem großen Kirschbaum und schrieb einen Brief an seine Schwester. Er wusste, dass es per Mail schneller ging, aber er liebte es, wenn der Füller mit einem leisen schabenden Geräusch über das samtige Papier flitzte. Der Pfarrer schrieb mit seiner schönen Schnörkelschrift eine Einladung zu seinem Geburtstag. Wie immer würde die ganze Familie zusammenkommen.

      „Hallo, Paps“, ertönte eine weibliche Stimme hinter seinem Rücken.

      Er drehte sich um und lächelte einer jungen Frau mit blonden langen Haaren entgegen. Sie war schlank und hatte die gleichen sanften grauen Augen wie ihr Vater.

      „Beatrice, schön, dass du mich besuchen kommst. Setz dich. Oder nein, geh bitte rein und mach uns doch eine schöne Tasse Kaffee.“

      Beatrice Jischeck-Bröck küsste ihren Vater auf die Wange, strich ihm über die Schulter, stellte ihre Handtasche ab und eilte leichtfüßig ins Haus. Peter beendete seinen Brief, hielt das Blatt schräg, um noch einmal zu kontrollieren, ob die Tinte trocken war, nickte und faltete den weißen Bogen zweimal. Als er ihn in den Umschlag geschoben und alles zusam­mengeräumt hatte, kam Beatrice mit einem Tablett wieder hinaus. Sie goss ein und setzte


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