Skizzenbuch. Mark Twain

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Skizzenbuch - Mark Twain


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ist das für ein Rascheln?«

      »Ich bin's.«

      »Was thust du denn?«

      »Ich bemühe mich, das obere Ende meiner Unterbeinkleider zu finden.«

      »Schnell, wirf das Zeug weg. Du wirst doch nicht diese Kleidungsstücke bei einem solchen Wetter anziehen wollen? Du weißt doch, daß allen Autoritäten zufolge wollene Stoffe den Blitz anziehen. O, Liebster, Bester, ist es nicht genug, daß man aus natürlichen Ursachen stets in Lebensgefahr schwebt? und du thust alles Erdenkbare, was die Gefahr vermehren kann. – So singe doch nicht! Wie kannst du auf den Einfall kommen?«

      »Nun, was kann denn das schaden?«

      »Mortimer, ich habe dir einmal, habe dir hundertmal gesagt, daß Singen Schwingungen in der Atmosphäre verursacht, die den Zug des elektrischen Stroms unterbrechen und – um alles in der Welt, wozu machst du die Thür auf?«

      »Gerechter Himmel, Weib, ist auch dabei Gefahr?«

      »Gefahr? Der Tod ist dabei. Jeder, der irgend darauf geachtet hat, weiß, daß einen Luftzug verursachen geradezu den Blitz herbeiziehen heißt. Du hast sie nur halb zugemacht, schließe sie fest und mach schnell, oder wir sind alle verloren. O, es ist etwas Fürchterliches, bei einem solchen Wetter mit einem Wahnwitzigen eingeschloßen zu sein. Mortimer, was thust du?«

      »Nichts, ich drehe eben den Wasserhahn auf, dieses Zimmer ist zum Ersticken dumpf, ich muß mir Gesicht und Hände netzen.«

      »Du hast scheints den letzten Rest deines Verstandes verloren. Wo der Blitz einen andern Gegenstand einmal trifft, schlägt er fünfzigmal ins Wasser. Drehe schnell zu. O, Lieber, ich sehe schon, daß nichts auf dieser Welt uns retten kann, ich glaube, daß – – Mortimer, was war das?«

      »Es war ein verfl. ... es war ein Bild, hab's heruntergestoßen.«

      »Dann stehst du also hart an der Wand? Eine unerhörte Unvorsichtigkeit. Weißt du nicht, daß es keinen besseren Leiter für den Blitz giebt, als eine Wand! Mach, daß du davon weg kommst. – Und eben warst du auch wieder nahe daran zu fluchen. O, wie kannst du so verzweifelt gottlos sein, während deine Familie in solcher Gefahr schwebt? Mortimer, hast du ein Federbett herthun lassen, wie ich dich gebeten habe?«

      »Nein, hab's vergessen.«

      »Vergessen? Es kann dich dein Leben kosten. Hättest du jetzt ein Federbett, um es in die Mitte des Zimmers zu breiten und dich darauf zu legen, so wärst du völlig in Sicherheit. Komm hier herein – schnell, ehe du noch weitere tolle Streiche machen kannst.«

      Ich versuchte es, aber die Kammer vermochte uns beide bei geschlossener Thüre nicht zu fassen, wenn wir nicht ersticken wollten. Ich schnappte eine Weile nach Luft, dann stürzte ich hinaus. Meine Frau rief:

      »Mortimer, es muß etwas zu deiner Rettung geschehen, gieb mir das deutsche Buch, das auf dem Kaminsims liegt, und ein Licht, – aber steck es nicht an. In dem Buche finden sich einige Ratschläge.«

      Ich holte das Buch auf Kosten einer Vase und anderer zerbrechlicher Sachen. Meine Frau schloß sich mit ihrem Licht ein, worauf ich einen Augenblick Ruhe hatte, dann rief sie heraus: »Mortimer, was war das?«

      »Nur die Katze.«

      »O, Jammer. Fang sie und sperr sie in den Wäschschrank ein. Rasch, lieber Schatz. Die Katzen sind voll Elektrizität, ich bekomme gewiß noch weiße Haare bei den furchtbaren Gefahren dieser Nacht.«

      Ich vernahm wieder das unterdrückte Schluchzen, sonst würde ich weder Hand noch Fuß geregt haben zu einem solchen Beginnen in der Dunkelheit, nämlich über Stühle und alle Arten von Hindernissen, die meist sehr hart und scharfkantig waren, auf die Katze Jagd zu machen. Endlich war es mir gelungen, Mieze in den Schrank zu schließen, freilich auf Kosten von über 400 Dollars an zerbrochenen Möbeln und Schienbeinen. Dann drang es dumpf aus dem Kämmerchen:

      »In dem deutschen Buche steht, es sei bei einem Gewitter am sichersten, sich mitten im Zimmer auf einen Stuhl zu stellen, – die Stuhlbeine müssen durch Nichtleiter isoliert werden, d. h. du mußt die Stuhlbeine auf Sturzbecher von Glas stellen – (Fzt – bum, bam, krach). O, höre doch. Eile dich, Mortimer, ehe du getroffen wirst.«

      Es gelang mir, die Gläser zu finden, es waren die letzten vier. Alle andern hatte ich zusammengeschlagen. Ich isolierte die Stuhlbeine und bat um weitere Verhaltungsmaßregeln.

      »Mortimer, dann heißt es: ›Während eines Gewitters entferne man Metalle, wie z. B. Uhren, Ringe, Schlüssel von sich und halte sich auch nicht an solchen Stellen auf, wo viele Metalle beieinander liegen, oder mit andern Körpern verbunden sind, wie an Herden, Öfen, Eisengittern u. dgl.‹ Verstehst du das, Mortimer! Heißt das, daß man Metalle bei sich behalten muß, oder fern von sich halten?«

      »Ja, ich weiß auch nicht recht, es kommt mir etwas unklar vor, ich kenne die Sprache nicht so genau. Wenn ich das Deutsch recht verstehe, so scheint es mir zu besagen, daß man Metall an sich haben soll.«

      »Ja, so muß es wohl sein, das sagt ja der gesunde Menschenverstand. Es wirkt wie beim Blitzableiter, weißt du. Setz deinen Feuerwehrhelm auf, Mortimer, der ist fast ganz aus Metall.«

      Ich holte ihn und setzte ihn auf, – ein recht schweres, plumpes und unbequemes Ding, in einer heißen Nacht in einem dumpfen Zimmer. War mir doch schon mein Nachtgewand mehr Bekleidung, als ich eigentlich bedurfte.

      »Mortimer, ich glaube, dein Unterleib bedarf auch eines Schutzes, willst du nicht so gut sein und deinen Bürgerwehrsäbel umschnallen?«

      Ich willfahrte.

      »Jetzt, Mortimer, mußt du noch etwas zum Schutz deiner Fuße haben, bitte, schnalle deine Sporen an.«

      Ich that es, ohne ein Wort zu sagen, und hielt meine gute Laune aufrecht, so gut ich konnte.

      »Mortimer, es heißt in dem deutschen Buch weiter: ›Das Gewitterläuten ist sehr gefährlich, weil die Glocke selbst, sowie der durch das Läuten veranlaßte Luftzug und die Höhe des Turmes den Blitz anziehen könnten‹; Mortimer, heißt das, daß es gefährlich sei, die Kirchenglocken während eines Gewitters nicht zu läuten?«

      »Ja, es sieht so aus. – Wenn dies das Partizip der Vergangenheit im Nominativ Singularis ist, – und das scheint mir so –; ja, ich denke, es heißt, daß in Anbetracht der Höhe des Kirchturms und in Ermangelung von Luftzug es sehr gefährlich sein würde, während eines Gewitters die Glocken nicht zu läuten, – und außerdem, siehst du nicht, daß gerade der Ausdruck – –«

      »Schon gut, Mortimer, verliere die kostbare Zeit nicht mit Reden, hole die große Tischglocke, sie ist gerade dort auf dem Vorplatz. Geschwind, lieber Mortimer, wir sind beinahe in Sicherheit; o mein Bester, ich glaube, wir kommen diesmal noch davon.«

      Unsere kleine Sommerwohnung steht oben auf einer Hügelreihe, die über ein Thal hineinschaut. Mehrere Bauernhäuser sind in unserer Nachbarschaft, das nächste 3-400 Yards entfernt.

      Als ich auf dem Isolierstuhle stehend, die schreckliche Glocke sieben oder acht Minuten lang geläutet hatte, wurden unsere Läden plötzlich von außen aufgerissen und eine Laterne fuhr blendend an das Fenster, während eine Stimme also sprach: »Was in aller Welt ist hier los?«

      Das Fenster war voll von menschlichen Köpfen und die Köpfe voll von Augen, welche mein Nachtgewand mit der kriegerischen Ausrüstung darüber, wild anstierten. Ich ließ die Glocke sinken, sprang verwirrt vom Stuhl herunter und sagte:

      »Es ist nichts los, gute Freunde; nur eine kleine Störung wegen des Gewitters; ich habe mich bemüht den Blitz abzuhalten.«

      »Gewitter? Blitz? Ei, Herr Mc Williams, haben Sie den Verstand verloren? Es ist eine schöne sternenhelle Nacht, keine Spur von Gewitter.«

      Ich schaute hinaus und war so erstaunt, daß ich eine Zeit lang kein Wort herausbrachte. Dann sagte ich:

      »Ich begreife das nicht, wir sahen das Zucken der Blitze ganz deutlich durch die Vorhänge und Läden und hörten den Donner.«

      Die


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