Ivanhoe. Sir Walter Scott

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Ivanhoe - Sir Walter Scott


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Schweineschinkens emporhielt, »wird dafür sorgen, ein Bollwerk gegen den Spitzbuben zu errichten.«

      »Still, da kommt er,« sagte Cedric.

      Mit wenig Ceremoniell eingeführt, furchtsam und zögernd und mit mancher demüthigen Verbeugung vorwärts schreitend, näherte sich ein großer, hagerer, alter Mann, der durch die Gewohnheit, gebückt zu gehen, viel von seiner wirklichen Höhe verloren hatte, dem untern Ende des Tisches. Seine Züge, scharf und regelmäßig, mit einer Adlernase und durchdringenden dunklen Augen, seine hohe und gefurchte Stirn, sowie sein langes graues Haupt- und Barthaar hätten für schön gelten können, wären sie nicht die Zeichen einer seinem Stamme eigenthümlichen Physiognomie gewesen, der in jenen finstern Zeiten von dem leichtgläubigen und vorurtheilsvollen Pöbel ebenso verabscheut, als von dem habsüchtigen Adel verfolgt wurde, und der, vielleicht infolge eben jenes Hasses und jener Verfolgung, einen Nationalcharakter angenommen hatte, in welchem wenigstens viel Abstoßendes lag.

      Des Juden Kleidung, die sehr von dem Wetter gelitten hatte, bestand aus einem einfachen röthlichen Mantel mit vielen Falten, unter dem er eine Tunica von dunkler Purpurfarbe trug. An den Füßen hatte er große, mit Pelz besetzte Stiefel und um den Leib einen Gürtel, in dem ein kleines Messer neben einer Kapsel mit Schreibmaterialien, aber keine sonstige Waffe steckte. Eine hohe viereckige, gelbe Mütze von eigenthümlicher Form, die seine Nation tragen mußte, damit man sie von den Christen unterscheiden konnte, bedeckte sein Haupt. Er nahm dieselbe mit tiefer Demuth an der Thüre der Halle ab.

      Der Empfang dieses Mannes in der Halle Cedrics des Sachsen war von der Art, daß sie auch den ärgsten Feind des Stammes Israel hätte befriedigen müssen. Cedric selbst beantwortete die wiederholten tiefen Verbeugungen des Juden mit einem kalten Nicken und deutete ihm an, sich an das untere Ende des Tisches zu setzen, wo sich jedoch niemand erbot, ihm Platz zu machen. Im Gegentheil, als er an der Reihe vorüberging und jedem der dort Sitzenden einen furchtsam bittenden Blick zuwarf, machten die sächsischen Diener ihre Schultern so breit als möglich und fuhren fort, ihr Abendessen mit großer Beharrlichkeit zu verschlingen, indem sie den Bedürfnissen des neuen Gastes nicht die geringste Aufmerksamkeit zollten. Die Begleiter des Abtes bekreuzten sich unter Blicken frommen Abscheus, und selbst die heidnischen Saracenen drehten, als Isaak sich ihnen näherte, unwillig ihre Schnurrbärte in die Höhe und legten die Hände an die Dolche, als wären sie bereit, sich durch das verzweifeltste Mittel von der befürchteten Verunreinigung zu befreien.

      Wahrscheinlich würde derselbe Grund, welcher Cedric veranlaßte, diesem Sohne eines verstoßenen Volkes seine Halle zu öffnen, ihn auch bestimmt haben, seinen Dienern zu befehlen, Isaak mehr Höflichkeit zu erweisen; doch der Abt verwickelte ihn in diesem Augenblicke in eine höchst interessante Unterredung über die Zucht und den Charakter seiner Lieblingshunde, die er auch bei Gegenständen von größerer Wichtigkeit, als der war, daß ein Jude ohne Abendessen zu Bette gehen sollte, nicht würde unterbrochen haben. Während Isaak so von den Anwesenden ausgestoßen dastand wie sein Volk unter den Nationen und sich vergebens nach einem Willkommen oder Ruheplatz umsah, empfand der Pilger, der am Kamin saß, Mitleid mit ihm, überließ ihm seinen Sitz und sagte kurz: »Alter Mann, meine Kleider sind getrocknet, mein Hunger ist gestillt, Du aber bist naß und hungrig.« Mit diesen Worten schürte er die verglimmenden Feuerbrände an, die auf dem ungeheuren Herde zerstreut lagen, nahm von dem größern Tisch ein Gericht Suppe und gesottenes Ziegenfleisch, stellte es auf den kleinern Tisch, an dem er selber gespeist hatte, und schritt, ohne den Dank des Juden abzuwarten, auf die andere Seite der Halle; es blieb ungewiß, ob er dies that, um den nähern Umgang mit dem Gegenstande seines Wohlwollens zu vermeiden, oder in der Absicht, sich dem obern Ende des Tisches zu nähern.

      Hätte es in jenen Tagen Maler gegeben, die fähig waren einen solchen Gegenstand auszuführen, so würde der Jude, als er seine abgemagerte Gestalt niederbeugte und seine erstarrten und zitternden Hände über das Feuer ausbreitete, ihnen kein übles Sinnbild des Winters geliefert haben. Als die Kälte aus ihm gewichen war, wandte er sich begierig zu der dampfenden Schüssel, die vor ihm stand, und aß hastig und mit einem Behagen, das offenbar auf langes Fasten schließen ließ.

      Inzwischen setzten der Abt und Cedric ihre Unterhaltung über die Jagd fort, Lady Rowena schien sich mit einer ihrer Dienerinnen zu unterhalten, und der stolze Templer, dessen Augen von dem Juden zu der sächsischen Schönen wanderten, war mit Gedanken beschäftigt, die ihn sehr zu interessiren schienen.

      »Es wundert mich, würdiger Cedric,« sagte der Abt im Verlaufe ihrer Unterredung, »daß Ihr, so groß auch Eure Vorliebe für Eure männliche Sprache ist, wenigstens hinsichtlich der Jagdausdrücke der normännischen nicht Eure Gunst schenkt. Gewiß ist keine Sprache so reich an verschiedenen Benennungen, wie sie die Jagdfreuden fordern, gewiß liefert keine dem erfahrnen Waidmann so treffliche Mittel, sich über seine joviale Kunst auszudrücken.«

      »Guter Pater Aymer,« sagte der Sachse, »wißt, ich kümmere mich nicht um jene überseeischen Verfeinerungen, ohne die ich mich ebenso gut im Walde belustigen kann. Ich kann mein Horn blasen, ohne es recheate oder morte zu nennen, ich kann meine Hunde zur Jagd hetzen, das Thier abbälgen und zerlegen, ohne das neumodische Kauderwelsch curée, arbor, nombles und all das Geschwätz des fabelhaften Ritters Tristan anzuwenden.«

      »Die französische Sprache,« sagte der Templer, indem er seine Stimme zu dem absprechenden und gebieterischen Tone erhob, den er bei allen Gelegenheiten anwendete, »ist nicht nur die einzig natürliche Sprache der Jagd, sondern auch die der Liebe und des Krieges, in welcher die Damen gewonnen und die Feinde herausgefordert werden sollten.«

      »Thut mir in einem Becher Wein Bescheid, Herr Templer,« sagte Cedric, »und füllet noch einen für den Abt, während ich einige dreißig Jahre zurückblicke, um Euch eine andere Geschichte zu erzählen. In der Jugend Cedrics des Sachsen bedurfte eine angelsächsische Rede keiner Verzierung eines französischen Troubadours, wenn man sie einer Schönen ins Ohr flüsterte, und das Schlachtfeld von Northallerton konnte sagen, ob der sächsische Schlachtruf nicht ebensoweit innerhalb des schottischen Heeres gehört wurde, als das cri de guerre des kühnsten normännischen Barons. Dem Andenken der Tapfern, die dort fochten! Thut mir Bescheid, meine Gäste!« Er that einen tiefen Zug und fuhr mit noch größerer Wärme fort: »Eála! Das war ein Tag des Schildespaltens, als hundert Banner vorwärts geneigt wurden über die Köpfe der Tapfern, und das Blut umherfloß wie Wasser, und man den Tod für besser achtete als die Flucht. Ein sächsischer Barde nannte diese Schlacht: sveorda blaeddaeg, ein Fest der Schwerter – eine Versammlung der Adler zur Beute. Unter der Streitaxt erdröhnte Schild und Helm, der Schlachtruf war freudiger als das Jauchzen bei einer Hochzeit. Aber unsere Barden sind nicht mehr,« sagte er, »unsere Thaten sind von denen eines andern Geschlechts verdunkelt, unsere Sprache, unser Name selbst eilen dem Untergange entgegen, und niemand trauert um sie als ein alter einsamer Mann. Mundschenk! Kerl, fülle die Becher. Den Starken in den Waffen, Herr Templer, möge ihr Name und ihre Sprache sein, welche sie wolle, die jetzt hervorragen in Palästina unter den Streitern des Kreuzes!«

      »Es ziemt sich nicht für einen, der dieses Zeichen trägt, darauf zu antworten,« sagte Brian de Bois-Guilbert, »doch wem, außer den geschwornen Paladinen des heiligen Grabes, kann die Palme unter den Streitern zuerkannt werden?«

      »Den Hospitalitern,« sagte der Abt, »ich habe einen Bruder in jenem Orden.«

      »Ich will ihren Ruhm nicht schmälern,« sagte der Templer, »dennoch aber –«

      »Ich denke, Freund Cedric,« fiel Wamba ein, »wäre Richard Löwenherz weise genug gewesen, von einem Narren Rath anzunehmen, er wäre mit seinen fröhlichen Engländern zu Hause geblieben und hätte die Wiedereroberung des heiligen Grabes denselben Rittern überlassen, die am meisten dazu beigetragen haben, daß es verloren ging.«

      »Waren denn unter dem englischen Heere gar keine,« sagte Lady Rowena, »deren Namen würdig gewesen wären, neben den Rittern des Tempels oder des heiligen Johannes genannt zu werden?«

      »Bitte um Verzeihung, Fräulein,« entgegnete de Bois-Guilbert, »der englische Monarch brachte allerdings ein Heer tapferer Krieger nach Palästina, doch standen sie immer noch denen nach, deren Brust unaufhörlich das feste Bollwerk des heiligen Landes gewesen ist.«

      »Keinem


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