Rudolf Cronau: Drei Jahrhunderte deutschen Lebens in Amerika Teil 4. Rudolf Cronau

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Rudolf Cronau: Drei Jahrhunderte deutschen Lebens in Amerika Teil 4 - Rudolf Cronau


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Werk. Der Austausch von Gelehrten ist ein wahrhaft kosmopolitischer Gedanke – nur dass dieser Kosmopolitismus die nationale Eigenart nicht auslöscht, sondern geradezu voraussetzt und steigert.“

       Und Professor Peabody fügte dem hinzu: „Der Besuch eines Professors ist eine vorübergehende Episode eines Semesters. Was von viel größerer Wichtigkeit ist, als die unmittelbare Wirkung eines einzelnen Vorlesungskursus, das ist die kumulative Wirkung dieser neuen Gelegenheit auf den Ehrgeiz und die Wünsche der jungen Leute. Viel wirksamer, als ein Austausch von Professoren an sich, wäre die Möglichkeit, durch den Austausch von Professoren die Mehrung des Austausches von Studenten zu fördern und den weiterblickenden, unternehmungslustigeren Studenten beider Länder die Erweiterung ihrer Lerngelegenheiten nahezulegen. Der Strom der studentischen Wanderung von den Vereinigten Staaten nach Deutschland ist bereits bedeutend, aber er bedarf sowohl der weiteren Ausdehnung wie der Direktion, welche ein frisch vom Mittelpunkt deutscher Wissenschaft gekommener Ratgeber geben könnte. Auf der anderen Seite könnte eine Gegenwandrung deutscher Studenten nach den Vereinigten Staaten und in soziale Verhältnisse, in denen Initiative und Fortschritt einen von Deutschland so scharf verschiedenen Lauf nehmen, lehrreich genug sein, um eine so kühne intellektuelle Entdeckungsreise zu rechtfertigen. Für die Vereinigten Staaten wenigstens liegt hierin die größte Bedeutung des akademischen Austausches. Der zunehmende Gedankenaustausch und Verkehr der jungen Gemüter in beiden Ländern würde eine Garantie für die Zukunft und die Bürgschaft internationaler Duldsamkeit, Freundschaft und Friedensliebe bedeuten. In Deutschland erwarten den amerikanischen Studenten viele Lehren, die er getrost nach Hause tragen kann, ohne einen Prohibitivtarif auf den wertvollsten deutschen Export fürchten zu müssen. Aber bei diesem Aneignen deutschen Wissens kann der Amerikaner zwei tiefere Lehren erhalten, welche sein Land noch sehr notwendig hat. Die erste dieser Lehren betrifft die Natur der Universität als einer Schöpfung, nicht des Geldes oder lediglich aus Gebäuden bestehend, oder aus ihrer Einrichtung, sondern groß durch die Gelehrsamkeit, die sie fördert, durch die Liebe zur Wissenschaft, welche sie erzieht, als eine Heimat des Idealismus, die sie darbietet. Die zweite Lehre, die sie erteilt, besteht in der Gelehrtennatur, in der Freude an dem selbständigen, fleißigen und zufriedenen Suchen nach Wahrheit, in dem Freisein von Selbstsucht und Ehrgeiz, in welchen Eigenschaften sich noch immer der schönste Typus deutschen Gelehrtentums kennzeichnet.“

      Der an den Universitäten bemerkbare Einfluss deutscher Methoden strahlt natürlich auch auf die anderen Lehranstalten und Volksschulen über, die bekanntlich einen großen Teil ihrer Lehrkräfte von den Universitäten beziehen.

      Die ausgezeichneten Ergebnisse des gegenseitigen Professorenaustauschs veranlassten im Jahre 1908 den Verwaltungsrat der Carnegie-Stiftung zur Förderung des Unterrichtswesens mit dem preußischen Kultusministerium Verhandlungen betreffs eines preußisch-amerikanischen Lehreraustauschs einzuleiten. Diese Verhandlungen kamen zum Abschluss, und es ward vereinbart, dass Preußen einen Oberlehrer und sechs Kandidaten entsenden solle, die in New York, Boston, New Haven, Worcester, Chicago und Exeter amtieren sollen. Die Vereinigten Staaten sollen zwölf Lehrer nach Preußen schicken, die hauptsächlich in den Universitätsstädten untergebracht werden. Zweifellos dürfte auch dieser Austausch von großem erzieherischem Wert sein.

      Der Einfluss deutscher Methoden erstreckt sich selbstverständlich auch auf die Kindergärten, jene von dem großen Menschenfreund Friedrich Fröbel angebahnte Neuerung, die man mit Recht zu den bedeutendsten Errungenschaften der modernen Pädagogik zählt.

       Es war Fröbel klar geworden, dass zwischen der Kinderstube, in welcher das Kind zwanglos schalten und walten darf, und dem unerbittliche Anforderungen stellenden Schulzimmer ein Übergang fehle, der dem Kind die Angewöhnung an die Pflichten und Gesetze der Schule erleichtere. Gerade die besten und talentvollsten Kinder, die eine Fülle von Lebenslust bekunden, empfinden den schroffen Wechsel von dem einem zum andern am schwersten. Die Kluft zu überbrücken, schuf Fröbel den Kindergarten, dessen Lieder, Spiele und unterhaltende Beschäftigungen das Kind unbewusst in das ernste Leben hinüberleiten.

      Der erste Kindergarten in den Vereinigten Staaten wurde bereits im Jahre 1858 von der Hannoveranerin Karoline Louise Frankenberg, einer Schülerin Fröbels, in Columbus, Ohio, gegründet. Fröbel selbst hatte schon im Jahre 1836 in seiner Broschüre „Wiedererweckung zum Leben“ auf die Vereinigten Staaten als dasjenige Land hingewiesen, welches vermöge seines freiheitlichen Geistes und reinen Familienlebens am besten dazu geeignet sei, um seine Gedanken einer idealen Kindererziehung zu verwirklichen und aus derselben moralischen Nutzen zu ziehen. Wahrscheinlich durch diese Worte ihres Meisters angeregt, traf Fräulein Frankenberg 1838 in den Vereinigten Staaten ein, um die amerikanische Jugend nach den Theorien Fröbels zu erziehen. Ihre gute Absicht fand jedoch kein Entgegenkommen und sie kehrte deshalb schon 1840 wieder nach Keilhau, dem Wohnsitz Fröbels, zurück, unterrichtete dort zunächst zwei Jahre unter der persönlichen Leitung Fröbels, um dann ihren Wirkungskreis nach Dresden zu verlegen, wo sie elf Jahre tätig war. Dann wandte sie sich wieder den Vereinigten Staaten zu und gründete einen Kindergarten in Columbus, Ohio. Auch sie musste alle jene Widerwärtigkeiten und Enttäuschungen durchmachen, die sich stets mit einem bahnbrechenden Pionierleben verknüpfen. Nur mit großer Mühe gelang es ihr, einige Schüler zu erhalten, denn die Eltern betrachteten das Anfertigen von Vögeln, Booten, Hüten und dergleichen aus Papier, das Formen in Sand und Lehm, das Marschieren und Singen lediglich als Spielerei, als die beste Art und Weise, den Kindern die Zeit zu vertreiben und sie vor Unheil und Torheiten zu behüten. Dass in diesem kindlichen Spiel ein hoher erzieherischer Sinn lag, war den wenigsten klar. In ihrem sechzigsten Jahre ward Fräulein Frankenberg infolge eines Unfalls gezwungen, ihre Schule aufzugeben und nach dem Lutherischen Waisenhaus in Germantown, Pennsylvanien, überzusiedeln. In dieser Anstalt führte sie das Kindergartenwesen mit großem Erfolge ein. Fräulein Elisabeth Peabody, welche als die eigentliche Gründerin des amerikanischen Kindergartenwesens gilt, besuchte dort Fräulein Frankenberg öfter, um sich Winke für ihren Kindergarten zu holen, den sie in Boston gegründet hatte.

      Fräulein Frankenberg starb in Germantown im Jahre 1882.

      * * *

       Wir können diesen Abschnitt nicht schließen, ohne der Bestrebungen zu gedenken, die gemacht wurden, um auch den Unterricht in deutscher Sprache, Literatur und Kulturgeschichte in die Lehrpläne der amerikanischen Bildungsanstalten einzufügen.

      Die in die Vereinigten Staaten eingewanderten Deutschen unterhalten seit langer Zeit deutsche Schulen, einesteils in dem Wunsch, ihren Kindern und Nachkommen die erhabenen Geistesschätze des deutschen Volkes zugängig zu machen, dann auch aus praktischen Gründen, die der Verfasser dieses Buches in einer im August 1903 von den „Vereinigten deutschen Gesellschaften der Stadt New York“ ausgesendeten Flugschrift in folgender Weise zusammenfasste: „Unsere öffentlichen Schulen sind diejenigen Anstalten, wo unsere Kinder für ihren späteren Kampf ums Dasein ausgerüstet werden sollen. Es muss demnach allen Eltern, welchen die Wohlfahrt und Zukunft ihrer Kinder nicht gleichgültig ist, daran gelegen sein, dass dieselben seitens der Schulen in erster Linie mit solchen Kenntnissen ausgestattet werden, welche die besten und sichersten Garantien für ihr späteres Fortkommen darbieten. Angesichts der Tatsache, dass die Handelsbeziehungen sämtlicher Länder Amerikas mit Deutschland in beständiger Zunahme begriffen sind, angesichts der Tatsache, dass in den Vereinigten Staaten allein mehrere Millionen Personen sich des Deutschen als Umgangs- und vielfach auch als Geschäftssprache bedienen, angesichts der von vielen amerikanischen Gelehrten zugestandenen Tatsache, dass die Kenntnis des Deutschen beim Verfolgen wissenschaftlicher Studien heutzutage geradezu unentbehrlich geworden sei, weil unzählige der wichtigsten neueren Werke aller Wissenschaften gerade in dieser Sprache geschrieben sind, angesichts der Tatsache endlich, dass von allen europäischen Sprachen Deutsch, die Mutter des Englischen, nach dem Englischen die verbreitetste ist und gegenwärtig von etwa 80 Millionen über den ganzen Erdball zerstreuten Personen geschrieben und gesprochen wird, geben wir unsrer Überzeugung Ausdruck, dass eine gründliche Kenntnis der deutschen Sprache für unsere Kinder von größter Wichtigkeit ist, weil diese Kenntnis ihre Befähigung zur späteren Teilnahme am wissenschaftlichen Leben erhöht und ihre Aussichten auf eine gesicherte Lebensstellung wesentlich verbessert.“

      Die betreffende Flugschrift erschien als ein Protest gegen von gewissen Seiten gemachte Versuche, den deutschen Sprachunterricht durch Vorschieben


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