Rudolf Cronau: Drei Jahrhunderte deutschen Lebens in Amerika Teil 4. Rudolf Cronau
Читать онлайн книгу.Lehrkräfte in hohem Grade befruchtend auf das Bildungs- und Erziehungswesen der Vereinigten Staaten wirkt.
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Hier geginnt Teil vier dieses Bandes:
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Deutschamerikanische Schriftsteller
Deutschamerikanische Schriftsteller
Gegenüber den achtunggebietenden Beiträgen, die das Deutschtum der Vereinigten Staaten auf fast allen Gebieten menschlicher Tätigkeit zur neuweltlichen Kultur lieferte, wollen seine Leistungen auf literarischem Gebiet verhältnismäßig gering erscheinen. Trotzdem mehr als 250 Jahre verflossen sind, seitdem Deutsche in die Neue Welt einzogen, kann man weder das Vorhandensein einer bestimmt ausgeprägten deutschamerikanischen Literatur, noch das Vorhandensein eines deutschamerikanischen Schriftstellerstandes behaupten. Literarische Größen gleich einem Gustav Freitag, Victor Scheffel, Paul Heyse, Friedrich Spielhagen oder Hermann Sudermann sind aus dem Deutschamerikanertum bisher nicht hervorgegangen. Die Deutschamerikaner sind mit sehr wenigen Ausnahmen nur Literaten aus Liebhaberei; weshalb die ihren Federn entsprungenen Werke auch nur vereinzelte Leistungen geblieben sind. Damit soll keineswegs gesagt sein, dass es den Deutschamerikanern an Begabung zu literarischem Schaffen fehle. Die Gründe für die verhältnismäßig geringe Zahl deutschamerikanischer Literaturwerke sind anderswo zu suchen.
Zunächst in dem beklagenswerten Umstand, dass die amerikanische Regierung sich bis zum Jahre 1909 nicht bereitfinden ließ, den Schutz, welchen sie jeder im Auslande gemachten technischen oder gewerblichen Erfindung, jedem Arbeitserzeugnis gewährt, in gleichem Umfang auch auf die geistigen Erzeugnisse fremdländischer Schriftsteller auszudehnen.
Bis zum Jahre 1893 waren sämtliche im Auslande erscheinenden Literaturwerke in den Vereinigten Staaten vogelfrei und konnten von jedermann nachgedruckt werden. Im Jahre 1893 kam ein Copyrightgesetz zustande, welches fremdländischen Schriftstellern Schutz für ihr geistiges Eigentum zugestand, sofern sie gewisse Bedingungen erfüllten. Die wichtigste schrieb vor, dass das betreffende Werk zur gleichen Zeit, wo seine Veröffentlichung im Auslande erfolgte, auch in den Vereinigten Staaten erscheinen müsse. Und zwar gedruckt von Typen und Platten, die in den Vereinigten Staaten hergestellt und gesetzt sein mussten.
Diese, lediglich die Interessen der amerikanischen Setzer und Drucker berücksichtigende Bedingung, die seitens der ausländischen Verleger aus finanziellen und technischen Gründen äußerst selten erfüllt werden konnte, machte den scheinbar gewährten Schutz völlig illusorisch. Infolgedessen konnte nach wie vor die gesamte Masse der im Auslande erzeugten Literatur seitens der amerikanischen Verleger und Zeitungsherausgeber kostenlos ausgebeutet werden.
Während der anglo-amerikanische Schriftsteller in seinem Erwerb Schutz empfing, indem man die im Auslande in englischer Sprache gedruckten Bücher mit sehr hohen Einfuhrzöllen belastete, blieb der deutschamerikanische Schriftsteller ohne solchen Schutz. Seine Produktion wurde erstickt durch die ungeheure Masse der in Deutschland und in anderen Reichen erzeugten Literatur, deren Schöpfungen, mochten es Bücher oder in Zeitungen veröffentlichte Romane und Aufsätze sein, in Amerika nachgedruckt werden konnten, ohne dass an ihre Urheber Honorare bezahlt werden mussten.
Unter solchen Umständen war die Existenzmöglichkeit deutschamerikanischer Berufsschriftsteller ausgeschlossen. Da sie für ihre Werke nur selten Verleger finden und klingende Erfolge erzielen konnten, so waren sie, um ihren Lebensunterhalt zu gewinnen, genötigt, sich in die Tagespresse zu flüchten. Wie viele Genies in dieser beim Erledigen der täglichen Routinegeschäfte verkümmerten, wer kann's sagen?
Nur wenigen blieb Zeit, in dem sie umbrausenden, ihre ganze Aufmerksamkeit und Kraft beanspruchenden Kampf des Lebens größere Werke zu schaffen. Glücklicher waren einzelne Ärzte, Gelehrte und Beamte, die im Besitz einträglicher Stellungen nicht auf Honorare zu sehen brauchten, sondern die Erzeugnisse ihrer Musse sogar auf eigene Kosten drucken lassen konnten.
Dass die Zahl solcher Werke keine große sein kann, versteht sich von selbst. Gegenüber der ungeheuren Menge billiger Nachdrucke der besten deutschen Werke ist sie verschwindend klein.
Trotzdem befinden sich unter den von Deutschamerikanern geschaffenen Werken, namentlich denjenigen geschichtlichen Charakters, manche, die wegen ihrer Auffassung und Darstellungsweise oder wegen ihrer auf sorgfältiger Quellenforschung beruhenden Angaben Beachtung und Verbreitung fanden.
Beispielsweise die acht Bände umfassende „Weltgeschichte“, welche von dem an den Aufständen in Baden beteiligt gewesenen Achtundvierziger Gustav von Struve während der Jahre 1850 bis 1860 in New York veröffentlicht wurde und wegen des streng demokratischen Standpunktes ihres Verfassers von Interesse ist.
Von Wert sind ferner Robert Clemen's „Geschichte der Inquisition“ (Cincinnati 1849); des Theologen Philipp Schaff „Geschichte der Christlichen Kirche“ (Mercersburg 1851), sowie „Amerika, seine politischen, socialen und kirchlich-religiösen Zustände“ (Berlin 1854). Die zu Halle geborene, unter dem Schriftstellernamen Taloj bekannt gewordene Gattin des Professors Eduard Robinson, eine geborene von Jakob, verfasste während ihres langjährigen Aufenthaltes in den Vereinigten Staaten eine „Geschichte des Kapitän John Smith“ (Leipzig 1847) und eine „Geschichte der Kolonisation von Neu-England“ (Leipzig 1847).
Viel gelesen wurden seinerzeit auch Friedrich Münchs „Erinnerungen aus Deutschlands trübster Zeit“. Der Rheinpreuße Gustav Brühl, welcher als Arzt in Cincinnati tätig war, schrieb das vorzügliche Buch „Die Kulturvölker Alt-Amerikas“. Rudolf Cronau lieferte in seinem zwei Bände umfassenden Werk „Amerika“ (Leipzig 1892) ein Gesamtbild der Entdeckung und Erschließung der Neuen Welt von der ältesten bis auf die neueste Zeit. Seine in den Bahamas und St. Domingo angestellten Forschungen über die erste Landestelle des Columbus und dessen Begräbnisstätte werden von den meisten Gelehrten für jene Fragen als entscheidend betrachtet.
Hermann A. Schumacher schilderte auf Grund sorgfältiger archivalischer Studien die im Auftrag der Augsburger Kaufleute Welser während der Jahre 1528 bis 1546 erfolgten Eroberungszüge nach Venezuela und Columbia. Franz Löher, Anton Eickhoff und Julius Goebel lieferten allgemeine Übersichten über die Geschichte des Deutschtums der Vereinigten Staaten, der erstgenannte in dem Buch „Geschichte und Zustände der Deutschen in Amerika“ (Cincinnati 1847). Friedrich Kapp schrieb eine wertvolle „Geschichte der Sklaverei“ (New York 1860), ferner vortreffliche Biographien der Generäle von Steuben (Berlin 1858) und Kalb (Stuttgart 1862); desgleichen eine Abhandlung über den „Soldatenhandel deutscher Fürsten nach Amerika“ (Berlin 1864), sowie eine „Geschichte der deutschen Einwandrung in den Staat New York“ (New York 1868). Alle Werke Kapps zeichnen sich durch künstlerische Ausgestaltung des verwendeten Materials und warme Färbung aus.
Oswald Seidensticker verdankt man „Bilder aus der deutschpennsylvanischen Geschichte“, die zum schönsten gehören, was die Geschichtsschreibung in Amerika hervorgebracht hat. Von Wichtigkeit sind ferner seine „Geschichte der deutschen Gesellschaft von Pennsylvanien“ sowie seine Forschungen zur Geschichte des deutschen Zeitungswesens und Buchdrucks in Amerika.
Hohen Wert besitzen auch die vorzüglichen Monographien mancher Mitglieder der „German Historical Society of Pennsylvania“. Insbesondere die erschöpfenden Studien von Julius Sachse, Samuel Pennypacker, Daniel Rupp, Daniel Cassel, Oskar Kuhns, Diffenderfer, Hartranft, Schmauk u. a. über die deutschen Einwandrer und Sektierer in Pennsylvanien.
Der Lehrer Hermann Schuricht erforschte die Geschichte des Deutschtums in Virginien; Emil Klauprecht und H. A. Rattermann diejenige der Deutschen im Ohiotal; Joseph Eiboeck schrieb die Geschichte der Deutschen in Iowa; Wilhelm Hense und Ernst Brumken diejenige der Deutschen in Wisconsin, und Professor Hanno Deiler jene der Deutschen am unteren Mississippi. Gustav Körner stellte wertvolle Notizen über „Das deutsche Element während der Periode 1818 bis 1848“ zusammen (Cincinnati 1880).
Gert Göbel schilderte in seinem Buch „Länger als ein Menschenleben in Missouri“ (St. Louis 1877) das Leben der deutschen Hinterwäldler; Friedrich Rübesamen das Grenzlerleben in Texas, Neu-Mexiko und Arizona.
Zahlreiche