Georg Schweinfurth: Afrikanisches Skizzenbuch. Georg Schweinfurth

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Georg Schweinfurth: Afrikanisches Skizzenbuch - Georg  Schweinfurth


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II. – König von Belgien – 1835 - 1909

       Im Jahre 1879 wurde unter Vermittlung des deutschen Konsulats in Kairo meine Naturalisation als Reichsdeutscher ermöglicht, nachdem ich durch einen Machtspruch des Fürsten Bismarck, trotz meines Verbleibs in Ägypten, als preußischer Staatsbürger Aufnahme gefunden hatte.

      Im Hochsommer 1880 habe ich den Libanon durchzogen und im Jahr darauf mit Emil Riebeck eine botanische Erforschung der Insel Sokotra, dann auch einiger Teile der südarabischen Küste in Ausführung gebracht.

      Im Herbst 1881 teilte ich auf dem in Venedig zusammenberufenen Geographischen Kongress mit A. de Quatrefages den Vorsitz der für die Ausstellung von Karten und Reisewerken eingesetzten Prüfungskommission.

      Im Juni 1882 war ich nach einer dreimonatigen mit Kamelen ausgeführten Rundreise um Oberägypten nach Kairo zurückgekehrt, als alle Europäer, die dazu imstande waren, vor dem durch den ägyptischen Oberst Arabi-Pascha veranlassten Aufstand zu flüchten begannen. In Alexandria verbrachte ich, vor und nach der Beschießung der Stadt (d. h. der Forts) durch die englische Flotte, böse Tage und im Hause meines Freundes Eduard Friedheim war ich sogar mit diesem in arge Bedrängung durch den im Aufruhr befindlichen und bewaffneten Pöbel geraten, der wohl einzigen Lebensgefahr, der ich mich entsinne, in Afrika ausgesetzt gewesen zu sein. Es war am 11. Juli, als wir, im Begriff an Leinwandrollen aus den oberen Fenstern herabzugleiten, uns von den bewaffneten Volksmassen der Straße auf einen Balkon ausgesperrt sahen und gegen die Anstürmenden acht Stunden lang standzuhalten hatten. Wir flüchteten später nach dem großen Diakonissenhaus, das bis zur Landung der Okkupationstruppen als Zufluchtsstätte vieler Bedrängten einige Sicherheit darbot.

       Im April 1883 konnte ich an Bord des deutschen Kreuzers „CYKLOP“ (Kap.-Leutn. Kelch) von Alexandria aus eine behufs vorzunehmender Schießübungen ausgeführte Fahrt längs der Küste nach Westen mitmachen, die sich bis zu der damals zum türkischen Gebiet gehörigen Hafenbucht von Tobruk ausdehnte. Es war mir gestattet, an dieser selten betretenen Küste verschiedene Exkursionen zu unternehmen und meinen Sammlungen reiche Ausbeute zuzuführen.

      Als altes Mitglied der englischen Antisklavereigesellschaft habe ich an den Vorsitzenden Charles Allen von Berlin aus die Aufforderung telegraphiert, es müsse schleunigst gegen die Mahdisten im Sudan vorgegangen werden, weil General Gordon sich in Khartum in äußerst bedrängter Lage befände und es jetzt die elfte Stunde sei, wenn man ihn noch retten wolle. Die Times vom 19. Juli 1884 brachte meine Nachricht als Alarmdepesche, und ich erlitt vielen Tadel wegen Übertreibung der Gefahr. Immerhin glaubte ich mich später rühmen zu dürfen, den Entschluss zum Feldzug wenigstens gefördert zu haben, denn Gordon ist doch nur infolge der verspäteten Hilfe umgekommen.

       Obgleich von Anfang an ein sehr eifriges Mitglied der Deutschen Kolonialgesellschaft, war ich doch nicht in der Lage, ihren Bestrebungen von unmittelbar förderndem Nutzen zu sein, zumal, da ich kein einziges von unseren Kolonialgebieten aus eigener Anschauung kennen gelernt habe. Trotzdem wurde mir bereits im November 1886 unter dem Präsidium des Fürsten Hohenlohe-Langenburg die Ehrenmitgliedschaft dieser Körperschaft zuteil. Besonders bei zwei Anlässen bot sich mir eine Gelegenheit, in öffentlicher Rede die kolonialen Interessen zu vertreten. Bei der 59. Versammlung Deutscher Naturforscher und Ärzte hielt ich 1886 im Zirkus Renz zu Berlin einen Vortrag über „Europas Aufgaben und Aussichten im tropischen Afrika“, wo meine erregten Worte über unsere als „Abenteurer“ missachteten Vorkämpfer stürmischen Beifall fanden, wie mir ähnliches in meinem Leben nie zuteil geworden ist. Ich habe auch in einer am 17. August 1889 von der Deutschen Kolonialgesellschaft veranstalteten Protestversammlung gegen Englands Missachtung des vom Kongovertrag verheißenen freien Handelsverkehrs auf den Strömen, über „Deutschlands Verpflichtungen gegen Emin Pascha“ gesprochen und zur Begrüßung des aus Afrika zurückgekehrten Karl Peters am 25. August 1890 die Festrede gehalten.

Grafik 648

      Carl Peters – 1856 – 1918

      (siehe Bände 152 und 154 in dieser gelben Reihe)

      Nach Beendigung der von Karl Peters unternommenen Emin Pacha-Expedition war ich bis August 1891 Vorsitzender des Komitees der Peters-Stiftung, die zu einem die kolonialen Interessen in unserem Ostafrika fördernden Unternehmen (Dampfer auf dem See von Ukerewe) große Summen zusammenbrachte.

      Der Vorsitz im „Institut Egyptien“ wurde mir 1887 übertragen. Diese vorwiegend französische Gesellschaft vertrat, in Tradition der vom General Bonaparte 1798 unter gleichem Namen aus den der französischen Expedition beigegebenen Gelehrten gebildeten Körperschaft, schon seit 28 Jahren in Kairo die wissenschaftlichen Interessen.

      Am 1. Juli 1888 habe ich meine Wohnung in Kairo aufgegeben, um mich in Berlin ansässig zu machen. Damit meinen umfangreichen Herbarien eine bequeme Aufstellung gesichert würde, räumte mir der mit den Universitätsangelegenheiten im Kultusministerium beauftragte Ministerialdirektor Althoff das obere Stockwerk des an der Südostecke des damaligen Botanischen Gartens (jetzt des „Kleist-Parks“) gelegenen Häuschens ein, des sog. Steuerhäuschens, das ich 20 Jahre lang bewohnt habe, bis es im Jahre 1909 zum Abbruch gelangte, nachdem die große Gartenanlage nach Dahlem verlegt worden war. Auf des gütigen Althoff Betreiben wurden im neuerbauten Botanischen Museum zu Dahlem meinen Herbarien zwei große Stuben eingeräumt und sie kamen dort in ihren 102 Schränken zur Aufstellung. Gegen eine mir gewährte Rente wurde die Sammlung dem Staat vermacht und bei meinen Lebzeiten sollte sie von mir verwaltet werden.

       Obgleich ich nun in Berlin als Einwohner eingeschrieben war, habe ich doch in den Winter- und Frühjahrsmonaten immer wieder Ägypten oder Nordafrika (Algerien und Tunesien) aufgesucht, um meinen botanischen Forschungen nachzugehen und die Sammlungen zu bereichern.

      Die von mir längst sehnlichst erstrebte Ausbeutung von Jemen konnte ich in den Frühjahrmonaten 1889 und in dem vorhergegangenen Winter zur Ausführung bringen: „in memoriam divi Forskalii“, meines Vorgängers von 1763, wie es die den eingesammelten Pflanzen beigegebenen Zettel bekunden. Von den durch Forskal in Jemen aufgefundenen und neubeschriebenen Pflanzenarten konnte ich an den nämlichen Standorten Belege einsammeln, die den ursprünglichen Originalexemplaren als gleichwertig zu betrachten waren.

      Im Jahre 1891 wurde zum Studium von Kolonialfragen und zur vorbereitenden Besprechung von Regierungsvorlagen für den Reichstag in Berlin ein „Kolonialrat“ berufen, dem ich bis zu seiner am 18. Februar 1908 erfolgten Auflösung als Mitglied angehört habe. Als eine Art Ableger blieb vom Kolonialrat noch ein aus 11 Mitgliedern bestehender Sachverständigen-Ausschuss bestehen, zu dem ich gehörte, und dem als „Landeskundliche Kommission“ die Aufgabe zufiel, der kolonialen Zentralverwaltung Vorschläge zu Forschungsunternehmungen in den verschiedenen Gebieten zu unterbreiten. Die letzte Sitzung dieser von Hans Meyer präsidierten Kommission fand am 12. Juli 1919 statt.

      In den Jahren 1891-94 unternahm ich drei ausgedehnte Streifzüge, den letzten mit Max Schoeller, Alfred Kaiser und Ernst Anderssen durch die von Italien als „Colonia Eritrea“ in Besitz genommenen Teile von Nordabessinien. Ich erwarb dort, ebenso wie in Jemen sehr umfangreiche Sammlungen von getrockneten Pflanzen und berichtete verschiedenes über meine Wahrnehmungen in deutschen und italienischen Zeitschriften.

       Den Juli 1896 verbrachte ich bei meinen Verwandten am Seestrande von Riga, meiner Vaterstadt, die ich seit vielen Jahren nicht mehr aufgesucht hatte, da die Angehörigen sehr häufig nach Deutschland zu kommen pflegten. Ich wiederholte den Besuch im Juli und August 1900 und zum letzten Male im Juli 1905. Mein Vater war 1858 im Alter von 71 Jahren gestorben, die Mutter 1875 im Alter von 77 Jahren. Mein Bruder Alexander, der 12 Jahre älter als ich in Rom im Januar 1895 verstarb, ist, wie der Vater, nur 71 Jahre alt geworden. Er war von seltener musikalischer Begabung und, wie viele Kenner behaupteten, ein Künstler durch und durch. Obgleich er sich meist in Italien aufhielt, hatte er das vom Vater in Riga 1820 begründete Geschäft mit Erfolg fortführen können. Alexander hat eine Familienstiftung mit 12 Legaten hinterlassen, von denen ich eines bezog. Infolge der russischen Revolution ging es verloren.

      In den Jahren 1902 bis 1907 war ich vornehmlich bemüht, mit möglicher Gründlichkeit in die Geheimnisse der ägyptischen


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