Georg Schweinfurth: Afrikanisches Skizzenbuch. Georg Schweinfurth

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Georg Schweinfurth: Afrikanisches Skizzenbuch - Georg  Schweinfurth


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erscheint und die Möglichkeit mancher sonst rätselhaften Wüstenexistenz zu erklären vermag.

       Heuschreckenschwärme, welche nicht selten die Oase heimsuchen, gewähren dem Fennek eine erwünschte Abwechslung in der Kost. Die stellenweise so häufigen großen Wüstenkäfer aber lässt er stets unberührt, obgleich er die zum Teil so hart gepanzerten Eidechsen mit Stumpf und Stil zu verzehren pflegt. Im Falle der Not, so behaupten die Bewohner, soll der Fennek sogar zu den Fröschen seine Zuflucht nehmen, deren es in den zahlreichen Tümpeln und Pfützen der Oase eine Menge gibt. Seine blutdürstige Fuchsnatur bekundet aber der Fennek vornehmlich im Beschleichen des zahmen Federviehs. Er schrickt selbst vor halbwüchsigen Truthühnern nicht zurück. Beim Blutsaugen befolgt er ein eigenes Verfahren. Mit seinen nadelscharfen, kleinen Zähnen vermag er sich so festzubeißen, dass ich ihn manchmal an den Fingern eines von ihm Gebissenen hängen bleiben sah, bis ihn die Kraft des menschlichen Armes von sich schleuderte. Jedes Geflügel wird vom Wüstenfuchs entweder an der Brust oder am Rücken gepackt, alsdann saugt er trotz alles Zappelns und Flügelschlagens demselben das Blut aus. Man hat mir dutzendweise die Leichen der so Hingemordeten gebracht, immer war an ihnen der Hals unversehrt, und nur einige feine Löcher am Rumpfe verrieten die Todesart. Der Vernichtungskampf, welcher neben den Nilfüchsen, die stellenweise daselbst ebenfalls von außerordentlicher Häufigkeit sind, von den Fenneks allen Hühnern und Tauben der Großen Oase bereitet wird, ist in der Tat so groß, dass die Einwohner von der tückischen Begabung dieser unabwehrlichen Räuber die übertriebensten Vorstellungen haben.

       Als kurz nach der Zeit, da mir eine große Zahl eingefangener Fenneks wieder entwichen war, ihre nächtlichen Angriffe auf das Geflügel der Ortschaft zufällig sich vermehrt hatten, schrieben die Oasenbewohner es dem Umstande zu, dass die Flüchtlinge ihren Brüdern in der Wüste den Weg zur Stadt gezeigt hätten; ihr Schaden, meinten sie, sei nun größer, als der bei dem Fange der Fenneks ihnen aus meiner Kasse zugeflossene Gewinn. Jede Jahreszeit bietet in der Oase den Raubtieren eine andere Art Futter dar, auch an vegetabilischer Kost, wie sie ihnen erwünscht ist, fehlt es nicht.

      Vom Nilfuchse behaupten die Einwohner, dass er zur Erntezeit die Weizenfelder bestehle. Vom Wüstenwolf ist es allgemein bekannt, dass er ihnen zur Sommerszeit die Gurken und Melonen wegfrisst, alle diese Tiere aber scheinen der Dattelfrucht vor allen anderen Leckerbissen den Vorzug zu geben, und gewiss nicht der letzte dabei ist der Fennek. Seine Vorliebe für Datteln gab zur Entstehung des Märchens Veranlassung, dass er auf Bäumen lebe und sich Nester baue; es hieß, er klettere so gewandt wie eine Katze – dergleichen Unglaubliches mehr wurde von seinen Lebensgewohnheiten berichtet. Die im August beginnende Dattelernte ist daher eine Zeit der Feste für diese Tiere, und die überall in den öden Felstälern des östlichen Oasenrandes zerstreut umherliegenden Dattelkerne legen Zeugnis ab von dem Überfluss jener Tage.

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      Fünf Tage in die unzugängliche Bergwildnis am Roten Meer – Ein Reise-Brief

       Fünf Tage in die unzugängliche Bergwildnis am Roten Meer – Ein Reise-Brief

       Meine im Januar 1865 ausgeführte Reise durch die Wüste von Keneh bis Kosser glich einem angenehmen Spaziergang bei uns in der Frühlingszeit. Botanische Sammlungen wurden nicht viel gemacht, da die Vegetation noch sehr im Rückstande war. Die überall massenhaft auftretende Zilla, die zweijährige Kruzifere, die arabisch „Silli“ heißt, und von der die vorjährigen Stauden alle in Blüte standen, bedingt hauptsächlich das üppige Grün, in das diese Felsentäler gekleidet erscheinen, und bietet den Kamelen eine unerschöpfliche Weide. Wenn wir des Abends unser Lager aufschlugen, da warf ich meine Matte auf die hohen Dorndickichte der Sille und verfiel auf dem elastischen Federpolster, das ich mir solchergestalt bereitet hatte, bald in einen ungestörten erquickenden Schlaf, umfangen von den Träumen der Reise und den roten Blütenmassen der von mir beschriebenen und abgebildeten Pflanzen. Aus dem Schmutz des unerträglichen Nilstaubes so schnell in die reine trockene Wüstennatur versetzt zu werden, die freie Luft dieser Gebirgseinöden einzuatmen, an dem majestätischen Ernst der dunkeln Felsmassen und der feierlichen Ruhe, die überall herrscht, sich zu erbauen, bot mir einen hohen Genuss. Hier begann erst das wahre Reisen, nachdem mich widrige Winde und andere Unannehmlichkeiten so lange im Niltal zurückgehalten hatten. Während dieser Tage lebte ich fast ausschließlich von der Jagd, da ich täglich zahlreiche Felsentauben und zweierlei Steinhühner erlegte, die im Winter häufiger zu sein scheinen, als in den heißeren Monaten. Für denjenigen, der in dieser Jahreszeit vom Nil an das Rote Meer gelangt, erscheint der Wechsel der Temperaturverhältnisse sehr auffallend. Es fehlen nämlich hier die kalten taureichen Nächte, wie sie dem Niltal und namentlich dem begrenzenden Wüstensaum eigentümlich sind; denn die Seeluft, stets bestrebt, alle Unterschiede auszugleichen, verleiht dieser Küste einen milden Winter und einen verhältnismäßig kühlen Sommer, letzteres gilt hauptsächlich für Kosser. Südlich vom Wendekreise greifen natürlich ganz andere Verhältnisse Platz.

      Von Kosser aus unternahm ich einen Ausflug zu den südlich gelegenen Gebirgen, dem Gebel (= Berg) Abu Tiur und Gebel Ssubah, die durch ihre schönen blauen Umrisse, die sie am Horizont gewähren, schon früher meine Neugierde aufgestachelt hatten. Ich mietete mir einen Abadi (Eingeborenen) und ein Kamel und trat so die gemütliche Wanderung an. Mein nächstes Ziel war der Brunnen Hendosse, der 5 deutsche Meilen in SSW von Kosser gelegen ist. Die botanische Ausbeute während dieser Tour war zwar keine reiche zu nennen, sie bot mir indes mancherlei neue Gesichtspunkte und bereicherte immerhin meine Sammlungen mit neuen Formen und schönen Exemplaren. Hier in den dem Meere näher gelegenen Gebirgen war übrigens die Vegetation um wenigstens einen Monat vor derjenigen der Wüste voraus.

       Am 21. Januar verließ ich gegen Mittag Kosser und wandte mich südwärts, die einförmige Küstenebene durchschneidend. Nach einem langsamen Marsch von 20 Minuten betraten wir das durch flache diluviale Nagelfluhfelsen begrenzte Uadi Murssefa, in dem wir 45 Minuten langsam nach Südwest zogen. Dann verengt sich das Uadi (= Tal), das mit einer ziemlich dichten Vegetation von Zygophyllum bekleidet erscheint, und in dem man zwischen wild zerklüfteten etwa 60 Fuß hohen Kalkfelsen 10 Minuten nach Süden geht. In einem offenen Uadi geht es alsdann weitere 10 Minuten nach Südwest auf eine Kette dunkler Vorgebirge zu.

      Indem der Pfad ansteigt, durchziehen wir 20 Minuten stark marschierend ein rechts durch Sandsteinfelsen, links durch roten Granit eng begrenztes Tal. Späterhin folgt rechts ein niederer Hügelzug von schwarzem Diorit. Von 100–150 Fuß hohen Hügeln begrenzt, die rechts aus Diorit, links aus Granit bestehen, verbreitert sich das Tal in südlicher Richtung 15 Minuten weit und senkt sich alsdann, zur Linken verflachte Felsen des gleichsam schlackigen durchlöcherten Korallenkalk der Meeresküste zeigend, 10 Minuten lang gegen SSW.

       Abwärts steigend, durchschneidet man weiterhin eine Fläche auf die Gebirge nach Süden zu gehend. Ein von schwarzen Dioritfelsen eng eingeschlossenes Tal beginnt, dessen Rinnsal durch zahlreiche umherrankende Koloquinten, die überreich mit Früchten behangen, geziert erscheint. 35 Minuten marschiert man stark durch das anfangs nach Südwest, dann etwas Ost, Südwest und West gewundene Tal, wo einige Seyalbäumchen (Acacia tortilis D.) auftreten. Steilabfallende 100 Fuß hohe Wände von grünlichem Glimmerschiefer bilden die Hauptmasse des Gesteins. Süd zu West, dann WSW, W, S zu W, und schließlich WSW gehend, marschiert man 30 Minuten weiter allmählich ansteigend. Sille-Vegetation tritt zum ersten Male hier auf und verzögert den Marsch des hungrigen Tiers. Dieses Uadi-System wird von den Leuten als Uadi Sireb bezeichnet. Das letzte ausgeprägte Tal verlassend, das sich weiter in WSW hinzieht, marschiert man alsdann südwärts in einem kleinen ansteigenden Uadi, wo sich der Abu Tiur zuerst den Blicken darstellt. Rechts zeigt sich der Gebel Ssubah oder Ssubaï, der „Fingerberg“, so benannt wegen der zahlreichen Zacken, die sein langhingestreckter Kamm trägt. Späterhin taucht in sehr weiter Ferne noch der Gebel Schedit im äußersten Links auf. 30 Minuten in S zu W und stets ansteigend durchwandert man diese Seitentäler und geht abwechselnd S und SW noch 35 Minuten durch unregelmäßige Diorithügel weiter, bis man einen weithin gekennzeichneten hellen Hügelrücken von der Eozän-Formation vor sich hat, abwärts steigend auf dem letzten Teil des Marsches.

      In dem eine Viertelstunde breiten von SO nach NW verlaufenden Uadi Abu Tundub, so benannt wegen der in ihm auftretenden Capparis decidua


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