Hauptwerke: Der Kaufmann von Venedig, Der Widerspenstigen Zähmung, Die Komödie der Irrungen, Ein Sommernachtstraum, V.... William Shakespeare

Читать онлайн книгу.

Hauptwerke: Der Kaufmann von Venedig, Der Widerspenstigen Zähmung, Die Komödie der Irrungen, Ein Sommernachtstraum, V... - William Shakespeare


Скачать книгу

      Die finstre Nacht stiehlt heimlich sich davon;

      Wir werden bei Bassanios Fest erwartet.

      JESSICA.

      Ich mach' die Türen fest, vergülde mich

      Mit mehr Dukaten noch, und bin gleich bei Euch.

      Tritt zurück.

      GRAZIANO.

      Nun, auf mein Wort! 'ne Göttin, keine Jüdin.

      LORENZO.

      Verwünscht mich, wenn ich sie nicht herzlich liebe.

      Denn sie ist klug, wenn ich mich drauf verstehe,

      Und schön ist sie, wenn nicht mein Auge trügt,

      Und treu ist sie, so hat sie sich bewährt.

      Drum sei sie, wie sie ist, klug, schön und treu,

      Mir in beständigem Gemüt verwahrt.

      Jessica kommt heraus.

      Nun, bist du da? – Ihr Herren, auf und fort!

      Der Maskenzug erwartet schon uns dort.

      Ab mit Jessica und Salarino.

      Antonio tritt auf.

      ANTONIO.

      Wer da?

      GRAZIANO.

      Signor Antonio.

      ANTONIO.

      Ei, ei, Graziano, wo sind all die andern?

      Es ist neun Uhr, die Freund' erwarten Euch.

      Kein Tanz zu Nacht, der Wind hat sich gedreht,

      Bassanio will im Augenblick an Bord;

      Wohl zwanzig Boten schickt' ich aus nach Euch.

      GRAZIANO.

      Mir ist es lieb: nichts kann mich mehr erfreun,

      Als unter Segel gleich die Nacht zu sein.

      Beide ab.

      Siebente Szene

      Belmont. Ein Zimmer in Porzias Hause.

      Trompetenstoß. Porzia und der Prinz von Marokko treten auf, beide mit Gefolge.

      PORZIA.

      Geht, zieht beiseit' den Vorhang, und entdeckt

      Die Kästchen sämtlich diesem edlen Prinzen! –

      Trefft Eure Wahl nunmehr!

      MAROKKO.

      Von Gold das erste, das die Inschrift hat:

      »Wer mich erwählt, gewinnt, was mancher Mann begehrt.«

      Das zweite, silbern, führet dies Versprechen:

      »Wer mich erwählt, bekommt so viel, als er verdient.«

      Das dritte, schweres Blei, mit plumper Warnung:

      »Wer mich erwählt, der gibt und wagt sein alles dran.«

      Woran erkenn' ich, ob ich recht gewählt?

      PORZIA.

      Das eine faßt mein Bildnis in sich, Prinz:

      Wenn Ihr das wählt, bin ich zugleich die Eure.

      MAROKKO.

      So leit' ein Gott mein Urteil! Laßt mich sehn,

      Ich muß die Sprüche nochmals überlesen.

      Was sagt dies blei'rne Kästchen?

      »Wer mich erwählt, der gibt und wagt sein alles dran.«

      Der gibt – wofür? für Blei? und wagt für Blei?

      Dies Kästchen droht: wenn Menschen alles wagen,

      Tun sie's in Hoffnung köstlichen Gewinns.

      Ein goldner Mut fragt nichts nach niedern Schlacken,

      Ich geb' also und wage nichts für Blei.

      Was sagt das Silber mit der Mädchenfarbe?

      »Wer mich erwählt, bekommt so viel, als er verdient.«

      So viel, als er verdient? – Halt' ein, Marokko,

      Und wäge deinen Wert mit stäter Hand:

      Wenn du geachtet wirst nach deiner Schätzung,

      Verdienest du genug, doch kann genug

      Wohl nicht so weit bis zu dem Fräulein reichen.

      Und doch, mich ängsten über mein Verdienst,

      Das wäre schwaches Mißtraun in mich selbst.

      So viel, als ich verdiene? – Ja, das ist

      Das Fräulein; durch Geburt verdien' ich sie,

      Durch Glück, durch Zier und Gaben der Erziehung;

      Doch mehr verdien' ich sie durch Liebe. Wie,

      Wenn ich nicht weiter schweift' und wählte hier?

      Laßt nochmals sehn den Spruch, in Gold gegraben:

      »Wer mich erwählt, gewinnt, was mancher Mann begehrt.«

      Das ist das Fräulein: alle Welt begehrt sie,

      Aus jedem Weltteil kommen sie herbei,

      Dies sterblich atmend Heil'genbild zu küssen.

      Hyrkaniens Wüsten und die wilden Öden

      Arabiens sind gebahnte Straßen nun

      Für Prinzen, die zur schönen Porzia reisen.

      Das Reich der Wasser, dessen stolzes Haupt

      Speit in des Himmels Antlitz, ist kein Damm

      Für diese fremden Geister; nein, sie kommen,

      Wie über einen Bach, zu Porzias Anblick.

      Eins von den drei'n enthält ihr himmlisch Bild.

      Soll Bleies in sich fassen? Läst'rung wär's,

      Zu denken solche Schmach: es wär' zu schlecht,

      Im düstern Grab ihr Leichentuch zu panzern.

      Und soll ich glauben, daß sie Silber einschließt,

      Von zehnmal minderm Wert als reines Gold?

      O sündlicher Gedanke! Solch ein Kleinod

      Ward nie geringer als in Gold gefaßt.

      In England gibt's 'ne Münze, die das Bild

      Von einem Engel führt, in Gold geprägt.

      Doch der ist drauf gedruckt: hier liegt ein Engel

      Ganz drin im goldnen Bett. – Gebt mir den Schlüssel,

      Hier wähl' ich, und geling' es, wie es kann!

      PORZIA.

      Da nehmt ihn, Prinz, und liegt mein Bildnis da,

      So bin ich Euer.

      Er schließt das goldne Kästchen auf.

      MAROKKO.

      O Hölle, was ist hier?

      Ein Beingeripp, dem ein beschriebner Zettel

      Im hohlen Auge liegt? Ich will ihn lesen.

      »Alles ist nicht Gold, was gleißt,


Скачать книгу