Joseph Conrad: Das Ende vom Lied – Weihe – Hart of Darkness:. Joseph Conrad

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Joseph Conrad: Das Ende vom Lied – Weihe – Hart of Darkness: - Joseph Conrad


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Ufer; und Massy fuhr in seinem alten Ton wieder fort, mit jähem Anlauf, als würden ihm die Worte wie die Weise eines Spielwerkes durch Drehen eines Handgriffes erpresst.

      „Wenn mich jemals jemand darangekriegt hat, dann sind Sie es. Ich scheue mich nicht, das zuzugeben. Ich habe es gesagt – da. Was wollen Sie mehr? Ist es nicht genug für Ihren Stolz, Kapitän Whalley? Sie haben mich von allem Anfang an in die Tasche gesteckt. Das stimmt in jeder Hinsicht, wenn ich es recht überdenke. Sie haben mir erlaubt, die Klausel wegen Trunkenheit aufzunehmen, ohne etwas dazu zu sagen; Sie sahen nur recht bekümmert drein, als ich darauf bestand, es schwarz auf weiß zu haben. Wie hätte ich denn wissen können, was bei Ihnen nicht in Ordnung war? Gewöhnlich ist immer irgendwo etwas nicht in Ordnung. Und nun sehen Sie sich an: als Sie an Bord kamen, stellte es sich heraus, dass Sie seit vielen Jahren nichts anderes als Wasser zu trinken gewohnt sind.“

      Sein vorwurfsvolles Klagen hörte auf. Er versank in tiefes Brüten, nach der Art dummschlauer Menschen. Es schien unbegreiflich, dass Kapitän Whalley über den Ausdruck von Ekel in dem wuchtigen, gelben Gesicht nicht in Lachen ausbrach. Doch Kapitän Whalley hob den Blick nicht und saß in seinem Armstuhl, im Innersten verletzt, würdig und ohne Bewegung.

       „Es hat mir viel geholfen“, fuhr Massy eintönig in seinen Vorwürfen fort, „eine Entlassungsklausel wegen Trunkenheit gegen einen Mann aufzunehmen, der nichts als Wasser trinkt. Und Sie sahen noch dazu empört aus, als ich an jenem Morgen im Kontor des Rechtsanwalts meinen Entwurf vorlas – Sie sahen so bestürzt aus, Kapitän Whalley, dass ich ganz sicher war, Ihren wunden Punkt getroffen zu haben. Ein Reeder kann ja gar nicht vorsichtig genug sein in der Wahl seines Kapitäns. Sie müssen sich die ganze Zeit über ins Fäustchen gelacht haben... wie? Was wollten Sie sagen?“

      Kapitän Whalley hatte nur leise mit den Füßen gescharrt. In Massys seitlichen Blick trat eine dumpfe Feindseligkeit.

      „Aber bedenken Sie doch, dass es noch andere Entlassungsgründe gibt. Da ist zum Beispiel andauernde Nachlässigkeit, die an Unfähigkeit hinreicht – es gibt auch grobe und wiederholte Pflichtversäumnis. Ich bin kein ganz so großer Narr, wie es Ihnen wohl passen könnte. Sie sind in letzter Zeit nachlässig gewesen – indem Sie alles diesem Serang überlassen haben. Was denn! Ich habe diesen alten Affen von Malaien für Sie Peilungen nehmen sehen, als wären Sie selbst zu groß, um persönlich Ihren Dienst zu tun. Und wie nennen Sie denn die dumme, schluderige Art, in der Sie das Schiff eben jetzt über die Bank geführt haben? Glauben Sie, ich lasse mir das gefallen?“

      Mit dem Ellbogen gegen die Leiter hinter der Brücke gestützt, versuchte Sterne, der Erste Offizier, zuzuhören und zwinkerte dabei aus der Entfernung dem Zweiten Ingenieur zu, der für einen Augenblick heraufgekommen war und im Niedergang zum Maschinenraum stand. Während er sich an einem Bündel Putzwolle die Hände abwischte, sah der gleichgültig nach links und rechts zu den Uferbänken hinüber, die langsam an der „SOFALA“ vorbeiglitten.

      Massy wandte sich dem Deckstuhl voll zu. In seine Stimme kam wieder eine leise Drohung.

      „Nehmen Sie sich inacht! Ich kann Sie immer noch entlassen und Ihr Geld ein Jahr lang zurückbehalten. Ich kann...“

      Doch angesichts der stummen, starren Unbeweglichkeit des Mannes, dessen Geld ihn im letzten Augenblick vor völligem Ruin gerettet hatte, erstarb ihm die Stimme in der Kehle.

      „Nicht, dass ich Sie wegschicken wollte“, fing er nach einem kurzen Schweigen in töricht eindringlichem Ton wieder an. „Ich wünsche mir nichts Besseres, als freund mit Ihnen zu bleiben und das Abkommen zu erneuern, wenn Sie sich bereit erklären, mir mit noch ein paar hundert Pfund zum Einbau der neuen Kessel auszuhelfen, Kapitän Whalley. Ich habe es Ihnen schon früher gesagt. Die „SOFALA“ braucht neue Kessel; Sie wissen es so gut wie ich. Haben Sie sich das überlegt?“

       Er wartete. Das dünne Pfeifenrohr mit dem ungefügen Kopf am Ende hing von seinen dicken Lippen nieder. Die Pfeife war ausgegangen. Plötzlich nahm er sie aus den Zähnen und rang leicht die Hände.

      „Glauben Sie mir nicht?“ Er stieß den Pfeifenkopf in die Tasche seiner fadenscheinigen Jacke.

      „Es ist, als hätte man mit dem Teufel zu tun“, sagte er. „Warum sprechen Sie nicht? Zuerst waren Sie so hochnäsig und unnahbar gegen mich, dass ich kaum über mein eigenes Deck zu kriechen wagte. Nun kann ich kein Wort aus Ihnen herausbringen. Sie scheinen mich gar nicht zu sehen. Was soll das heißen? Meiner Seel! Sie erschrecken mich mit dem Taubstummentrick. Was geht in Ihrem Kopf vor? Was für Pläne wälzen Sie denn dort gegen mich, dass Sie kein Wort reden können? Sie werden mich niemals glauben machen, dass Sie – Sie – nicht wissen, wo Sie ein paar hundert Pfund hernehmen sollen! Sie haben mich dazu gebracht, den Tag zu verfluchen, an dem ich geboren wurde...“

      „Herr Massy“, sagte Kapitän Whalley plötzlich, ohne sich zu rühren.

      Der Ingenieur fuhr heftig zusammen.

      „Wenn das so ist, kann ich Sie nur bitten, mir zu vergeben.“

      „Steuerbord“, murmelte der Serang dem Steuermann zu und die „SOFALA“ bog um die zweite Biegung in die gerade Stromstrecke ein.

      „Uff!“ Massy schauerte. „Mir läuft es kalt über den Rücken. Warum sind Sie hierhergekommen? Was hat Sie dazu bewogen, an jenem Abend ganz plötzlich an Bord zu kommen, mit Ihrem großartigen Gerede und Ihrem Geld – und mich zu versuchen? Ich habe mich immer gefragt, was Ihr Beweggrund war. Sie haben sich an mich gehängt, um sich ein schönes Leben zu schaffen und sich an meinem Herzblut zu mästen, das sage ich Ihnen. War das nicht so? Ich glaube, Sie sind der schlimmste Geizkragen in der Welt, oder warum denn sonst...“

      „Nein. Ich bin nur arm“, unterbrach Kapitän Whalley mit steinernem Gesicht.

      „Stütze das Ruder“, murmelte der Serang. Massy wandte sich ab und sprach über die Schulter zurück.

      „Ich glaube es nicht“, sagte er in seinem rätselhaften Ton. Kapitän Whalley machte keine Bewegung. „Da sitzen Sie wie ein vollgefressener Geier – genau wie ein Geier.“

      Er schickte noch einen leeren Blick auf den Flusslauf und die beiden Ufer, anscheinend ohne etwas zu sehen, und verließ langsam die Brücke.

      * * *

      IX

       IX

      Während er sich zum Weggehen wandte, bemerkte Massy den Kopf Sternes, des Ersten Offiziers, der mit seinem leise vertraulichen Lächeln, dem roten Schnurrbart und den zwinkernden Augen am Fuß der Leiter wartete.

      Sterne war, bevor er auf die „SOFALA“ gekommen, Zweiter Offizier bei einer der großen Schiffahrtsgesellschaften gewesen. Diese Stellung hatte er „aus allgemeinen Gründen“, wie er sagte, aufgegeben. Die Beförderung sei sehr langsam gewesen, meinte er, und so sei es ihm an der Zeit erschienen, fortzugehen, um etwas rascher voranzukommen. Es schien, als wollte niemand sterben oder die Firma verlassen; alle klebten sie an ihren Plätzen, bis sie schimmelig wurden; er hatte das Warten satt und fürchtete überdies, dass, wenn wirklich ein Posten frei wurde, die besten Angestellten durchaus nicht sicher waren, die verdiente Beachtung zu finden. Überdies war der Kapitän, unter dem er zu dienen hatte, Kapitän Provost, ein unberechenbarer Mann, der, wie Sterne glaubte, aus dem oder jenem Grunde ein Vorurteil gegen ihn gefasst hatte. Höchstwahrscheinlich wohl, weil Sterne meistens mehr als seine Pflicht tat. Hatte er etwas versehen, so konnte Sterne wohl einen Tadel vertragen, wie ein Mann; er erwartete aber auch, wie ein Mensch behandelt und nicht immer wieder angeredet zu werden, als wäre er ein Hund. Er hatte Kapitän Provost klipp und klar gebeten, ihm zu sagen, worin er gefehlt habe, und Kapitän Provost hatte ihm in verächtlichster Weise geantwortet, er sei ein vollendeter Offizier, und wenn ihm die Art nicht passte, in der man mit ihm spräche, so sei hier die Laufplanke – er könne sofort an Land gehen. Aber jedermann wusste ja, was für ein Mann Kapitän Provost war. Eine Beschwerde bei der Gesellschaft hatte keinen Sinn. Kapitän Provost hatte zu großen Einfluss. Trotz allem musste er ihm ein gutes Zeugnis ausstellen. Er versicherte, dass er mit gutem Gewissen behaupten könne, es läge


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