Johann Wolfgang von Goethe: Gesammelte Dramen. Johann Wolfgang von Goethe

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Johann Wolfgang von Goethe: Gesammelte Dramen - Johann Wolfgang von Goethe


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sich als den glücklichsten der Menschen preisen. Dürfte ich nicht indes Ihrer Prinzessin aufwarten, an die er mir eine Unzahl Verbindlichkeiten aufgetragen hat?

      MANA. Sie werden ihr bald vorgestellt werden können. Sie hat uns befohlen, Ihnen diese und die anstoßenden Zimmer anzuweisen. Bedienen Sie sich davon, soviel und wie Sie's nötig finden.

      MERKULO. Wollen Sie mir erlauben, daß ich unsere Gerätschaften, deren freilich nicht wenige sind, herein- und in Ordnung bringen lasse?

      MANA. Nach Ihrer Bequemlichkeit.

      Merkulo mit einer Verbeugung ab.

      SORA. Wir wollen bleiben. Ich bin gar zu neugierig, was sie alles mitbringen.

      Es läßt sich ein lebhafter Marsch hören, und es kommt ein Zug. Merkulo voraus, der Oberste, die Wache, sodann Trabanten, welche Kasten von verschiedener Größe tragen, vier Mohren, die eine Laube bringen, und Gefolge. Sie umgehen das Theater. Die Kasten werden auf beiden Seiten, die Laube in den Grund und ein großer Kasten auf die Laube gesetzt. Die stummen Personen gehn alle ab, der Marsch hört auf. Es bleiben Sora, Mana, Merkulo.

      SORA. Wer sind denn die hübschen bewaffneten jungen Leute, und wer ist der Herr, der uns salutierte?

      MERKULO. Das ist der Oberste über des Prinzen Kriegsvolk, und die andern sind junge Edelleute, militärische Edelknaben meines gnädigsten Herrn und lose Vögel.

      MANA. Wir erstaunen, mein Herr! Sie führen Dekorationen mit sich! Wollen Sie etwa eine Komödie spielen? Vermutlich ist die Theatergarderobe in diesen Kasten?

      MERKULO. Verzeihen Sie, meine Damen! – Eigentlich sollte ich den Finger auf den Mund legen und Sie mit guter Art bitten, diesen Saal, der von nun an ein Platz der Geheimnisse wird, zu verlassen; allein wie vermag ich das gegen Ihre Güte und gegen Ihre Reize! Nur vor unheiligen fremden Augen bewahren wir unsere heiligen Empfindungen, nicht vor so angenehmen Seelen, deren Teilnehmung wir wünschen.

      SORA. Sagen Sie uns um 's Himmels willen, was soll die Laube?

      MERKULO. An diesem Zug, meine schönen Kinder, können Sie einen großen Teil des Charakters meines liebenswürdigen Prinzen erkennen. Er, der empfindsamste Mann von allen Männern, der für die Schönheiten der Natur ein gefühlvolles Herz trägt, der Rang und Hoheit nicht so sehr schätzt als den zärtlichen Umgang mit der Natur –

      SORA. Ach, das ist ein Mann für uns! Wir gehn auch gar zu gern im Mondschein spazieren und hören die Nachtigallen lieber als alles.

      MERKULO. Da ist eins zu bedauern, meine vortrefflichen Damen! Mein Prinz ist von so zärtlichen, äußerst empfindsamen Nerven, daß er sich gar sehr vor der Luft und vor schnellen Abwechselungen der Tageszeiten hüten muß. Freilich, unter freiem Himmel kann man's nicht immer so temperiert haben, wie man wünscht. Die Feuchtigkeit des Morgen- und Abendtaues halten die Leibärzte für höchst schädlich, den Duft des Mooses und der Quellen bei heißen Sommertagen für nicht minder gefährlich! Die Ausdünstungen der Täler, wie leicht geben die einen Schnupfen! Und in den schönsten wärmsten Mondnächten sind die Mücken just am unerträglichsten. Hat man sich auf dem Rasen seinen Gedanken überlassen, gleich sind die Kleider voll Ameisen, und die zärtlichste Empfindung in einer Laube wird oft durch eine herabfahrende Spinne gestört. Der Prinz hat durch seine Akademien Preise ausgesetzt, um zu erfahren, ob diesen Beschwerden, zum Besten der zärtlichen Welt, nicht abgeholfen werden könne? Es sind auch verschiedene Abhandlungen gekrönt worden; die Sache aber ist bis jetzo noch um kein Haar weiter.

      SORA. Oh, wenn je ein Mittel gegen die Mücken und Spinnen erfunden werden sollte, machen Sie es doch ja gemeinnützig! Denn wenn man oft in himmlischen Entzückungen aufgefahren ist, erinnert einen das leidige Geziefer, mit seinen Stacheln und krabbligen Füßen, gleich wieder an die Sterblichkeit.

      MERKULO. Inzwischen, meine schönen Damen, hat der Prinz, der seinen Genuß weder verschoben noch unterbrochen haben will, den Entschluß gefaßt, durch tüchtige Künstler sich eine Welt in der Stube zu verschaffen. Sein Schloß ist daher auf die angenehmste Weise ausgeziert, seine Zimmer gleichen Lauben, seine Säle Wäldern, seine Kabinette Grotten, so schön und schöner als in der Natur; und dabei alle Bequemlichkeiten, die Stahlfedern und Ressorts nur geben können.

      SORA. Das muß scharmant sein!

      MERKULO. Und weil der Prinz so sehr dran gewöhnt ist, wie er denn in jedem Lustschloß seine Natur hat, so haben wir auch eine Reisenatur, die wir auf unsern Zügen überall mit herumführen. Unser Hof-Etat ist mit einem sehr geschickten Manne vermehrt worden, dem wir den Titel als Naturmeister, Directeur de la nature, gegeben haben. Er hat eine große Anzahl von Künstlern unter sich. Ein würdiger Schüler von ihm ist dieser Mann hier, der unsere Natur auf der Reise besorgt und den ich die Ehre habe, Ihnen in dieser Qualität zu präsentieren. Was uns allein noch abgeht, das sind die kühlen Lüftchen. Die Versuche davon sind immer noch unvollkommen; wir hoffen aber, aus Frankreich auch diesem Mangel nächstens abgeholfen zu sehen.

      SORA. Um Vergebung, was ist in den Kasten da? Darf man's wissen?

      MERKULO. Geheimnisse, meine schönen Fräulein, Geheimnisse! Aber Sie haben das Geheimnis gefunden, die Geheimnisse meines Herzens aufzulösen, so daß Ihnen eben weiter nichts verborgen bleibt. Hier führen wir die vorzüglichsten Glückseligkeiten empfindsamer Seelen bei uns. In diesem Kasten sind sprudelnde Quellen.

      MANA. Oh!

      MERKULO. Hier in diesem ist der Gesang, der lieblichste Gesang der Vögel verborgen.

      MANA. Warum nicht gar?

      MERKULO. Und hier in diesem größern ist Mondschein eingepackt.

      SORA. Es ist nicht möglich! Lassen Sie's uns doch sehn.

      MERKULO. Es steht nicht in meiner Gewalt. Der Prinz allein weiß diese Herrlichkeiten in Bewegung und Leben zu setzen. Er ganz allein darf sie fühlen; ich könnte Ihnen nur den groben Stoff sichtbar machen.

      MANA. O wir müssen den Prinzen bitten, daß er uns die Maschinen einmal spielen läßt.

      MERKULO. Um 's Himmels willen, lassen Sie sich nichts merken! Und besonders unter dem Titel von Spielen würde der Prinz seine Liebhabereien nicht erkennen. Jeder Mensch, meine schönen Fräulein, treibt seine Liebhabereien sehr ernsthaft, meistens ernsthafter als seine Geschäfte. Indessen halte ich für Schuldigkeit, Ihr Vergnügen, soviel an mir ist, zu befördern, und wollte Ihnen gern unsre Raritäten, wenngleich nur leblos, vorzeigen, wäre nur die Dekoration des Saales einigermaßen mit dieser eingeschloßnen Natur übereinstimmend.

      MANA. So vollkommen muß man die Illusion nicht verlangen.

      SORA. Dem ist leicht abzuhelfen. Wir haben ja die gewirkten Tapeten, die nichts als Wälder und Gegenden vorstellen.

      MERKULO. Das wird allerliebst sein.

      SORA. He!

      Ein Bedienter kommt.

      Sagt dem Hoftapezier, er soll die gewirkte Waldtapete gleich herunterlassen!

      MERKULO. An mir soll's auch nicht fehlen.

      Musik.

      Er gibt ein Zeichen, und in dem Augenblicke, als sich die Szene in Wald verwandelt, verwandeln sich die Kasten in Rasenbänke, Felsen, Gebüsche und so

      weiter; der Kasten über der Laube in Wolken. Der Dekorateur wird sorgen, daß das Ganze übereinstimmend und reizend sei und mit der verschwindenden Dekoration einen recht fühlbaren Kontrast mache.

      MERKULO. Bravo! Bravo!

      SORA. O wie schön!

      Sie besehen alles auf das emsigste, solange die Musik fortdauert.

      MANA. Die Dekoration ist allerliebst.

      MERKULO. Um Vergebung, nicht Dekoration, sondern künstliche Natur nennen wir das; denn das Wort Natur, merken Sie wohl, muß überall dabeisein.

      SORA. Scharmant! Allerliebst!

      MERKULO. Da muß ich


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