Storm. Johannes Anders

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Storm - Johannes Anders


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dass wir abdrehen, damit sie das echte Gold in den Kreuzer laden konnten.“

      „Und die Kreuzerbesatzung?“

      „Die haben sie wohl überwältigt!“ Er wandte sich an seine Ordonnanz. „Ich brauche sofort eine Verbindung mit Admiral Drayk Schreiber!“

      Die Verbindung kam innerhalb weniger Minuten zustande.

      „Admiral, der schnelle Kreuzer OBERST VILLA flieht mit einem Teil der campanulischen Devisenreserven! Tun Sie alles, um ihn aufzuhalten!“

      „Was zum …“ Der Admiral verschwand kurz von der Bildfläche, um dann wiederaufzutauchen. „Wir haben den Kreuzer erfasst. Er verlässt bereits die Stratosphäre des Planeten. Die campanulischen Raumaufklärungsverbände können ihn abschießen.“

      „Sind Sie verrückt? Wollen Sie unsere Devisenreserven pulverisieren? - Fangen Sie das Ding irgendwie ein, aber machen Sie nichts kaputt!“

      „Unsere Einheiten wurden bereits alarmiert. Wir tun was wir können, um den Kreuzer abzufangen, bevor er über die Einstein-Rosen-Brücke entkommt.“

      „Sie müssen mehr tun, verdammt! Was Sie können reicht nicht aus! Leisten Sie Übermenschliches! Das sind Sie Campanula schuldig!“

      „Nun beruhigen Sie sich mal, Oberst! Sie haben die Sache verbockt, nicht wir.“

      Die Erinnerung an sein Versagen ließ bei Oberst Nova die Luft raus wie aus einem lecken Luftballon. „Kriegen Sie den Mistkerl!“, flüsterte er leise. „Sonst ist Campanula pleite!“

      Auf der Brücke des gekaperten Kreuzers OBERST VILLA war eine ausufernde Party im Gange. Die Piraten hatten ein Fass Rum mitgebracht, dessen Inhalt sie nun freudig durch ihre Kehlen rinnen ließen. Alsbald war Stimmung aufgekommen und Gesänge wurden angestimmt.

      „He, Mari! Wie hast du das mit der Bank hingekriegt?“, wollte einer der wilden Burschen wissen. „Wie hast du sie dazu gebracht, zwei Tresorräume zu bauen?“

      „Die Bank? - Ach, die Bank gehört mir.“

      „Was, die Bank gehört dir? Ich glaube es nicht. Die Bank gehört ihr!“

      „Ja, Mann, raube keine Bank aus, die dir nicht selbst gehört!“

      „Aber mal ehrlich: So eine Bank ist doch teuer. Oder etwa nicht? Wie haben wir das bezahlt?“

      „Wir hatten einen Investor.“

      „Will der nicht sein Geld wiederhaben?“

      „Hundertfach.“

      „Halsabschneider und Otterngezücht! Was für eine Scheiße!“

      „Ja, Scheiße, aber macht nichts. Wir geben es ihm nicht. Wir sind Piraten!“

      „Wir geben es ihm nicht? - Ay, Mari, du bist die Größte!“

      Trotz des Besäufnisses hatte eine Piratin die Ortung im Auge behalten. „Mari, die gesamten campanulischen Raumaufklärungsverbände sind hinter uns her“, meldete sie.

      „Macht nichts“, wiegelte Mari ab. „Die fliegen auch nicht schneller als ihr schneller Kreuzer hier.“

      „Aber sie kommen jetzt auch von den anderen Planeten und versuchen, uns einzukreisen. Bald sind sie in Schussweite!“

      „Egal. Die schießen nicht auf uns. Wir haben ihr Gold.“

      Als die ersten Warnschüsse vor dem Bug des Kreuzers explodierten, wurden den Piraten allerdings doch mulmig zumute.

      „Sie legen ein Sperrfeuer, um uns den Weg über die Einstein-Rosen-Brücke abzuschneiden. Sollen wir zurückfeuern?“

      „Noch nicht“, lehnte Mari Ried ab. Sie ließ sich ihre Laune nicht im Geringsten verderben.

      Kurz darauf beendete eine Piratenflotte ihren relativistischen Sprung im Campanulasystem. Die Schiffe hatten alle unterschiedliche Typen. Manche waren nur gestohlene Privatyachten, in die nachträglich ein Werfer eingebaut worden war. Sie begannen sofort, auf die campanulischen Raumaufklärungsverbände zu feuern.

      „Nun“, lachte Mari Ried. „Wenn ihr Lust habt, könnt ihr ein wenig mitmachen.“

      Die Piraten jubelten und schossen ebenfalls auf die campanulischen Verbände, die irritiert Ausweichmanöver flogen.

      „Ich wusste gar nicht, dass wir so viele Schiffe haben“, wunderte sich einer der Piraten.

      Mari Ried grinste nur.

      Das Bild von Jet Rockheim flackerte im Holo auf. Wie Mari trug er eine bunte Uniform. „Dein Plan hat funktioniert“, jubelte er, ebenfalls breit grinsend. „Und nun reiht euch ein, damit wir hier verschwinden, ehe die Raumaufklärung sich wieder sammelt. Wie heißt denn euer supermodernes Kreuzerchen?“

      „OBERST VILLA“, antwortete Mari. „Aber ich denke, wir werden ihn stilecht in REVENGE umbenennen.“

      „Das ist ein würdiger Name für das schnellste Schiff der Piratenflotte“, stimmte Jet zu.

      2 Storm

      Sie lag auf der Liege und konnte sich nicht bewegen. Ihr Körper reagierte nicht auf die Befehle, die ihr Gehirn aussandte. Verzweifelt versuchte sie, sich zu konzentrieren. Wackle, großer Zeh, wackle!, befahl sie. Aber der Zeh bebte nicht einmal leicht. Anderer großer Zeh, wackle du! Aber auch der andere Zeh reagierte nicht. Sie schien auch den Kontakt zu ihrer mechanischen Hälfte völlig verloren zu haben. Die Drogen, unter die man sie gesetzt hatte, blockierten das fragile Mensch-Maschine-Interface.

      Sie wurde wütend, sehr wütend auf die, die ihr das angetan hatten.

      Aber Wut half nicht weiter.

      Ich brauche einen Schock, dachte sie. Ein Schock hatte schon einmal geholfen. Sie erinnerte sich daran, wie sie das Seil an der Kabinendecke befestigt hatte. Wie sie auf den Hocker stieg. Wie sie sich das Seil um den Hals legte. Aber würde es reichen, sich nur daran zu erinnern, wie sie gesprungen war? Wie sie baumelte?

      „Haaaa!“

      Die Liege war plötzlich verschwunden, und Storm saß aufrecht in ihrem Bett.

      Stille.

      Es ist vorbei, beruhigte sie eine Stimme in ihrem Kopf. Du hattest einen Alptraum.

      Es war die Stimme von Coach Juli.

      Warum hast du mich nicht geweckt?, fragte sie.

      Ich konnte nicht erkennen, ob es ein guter oder ein schlechter Traum war, dachte die abtrünnige KI der Vlock, der Storm im künstlichen Teil ihres Gehirns Asyl gewährte.

       Weck mich doch einfach immer, wenn ich träume!

      Du weißt, dass das nicht geht, dozierte Juli. Menschen müssen träumen.

      „Ach, verdammt!“, fuhr es ihr heraus.

      Es war noch mitten in der Nacht, aber Storm hatte keine Lust, weiterzuschlafen. Was bedeutete auch schon Nacht, wenn man im All unterwegs war.

      Unser Schlafzyklus entspricht immer noch dem von Neu Paris auf Mené, erklärte die KI. Du wirst sterbensmüde sein, wenn wir morgen dort ankommen.

      „Meine Güte, bist du ein Besserwisser!“

      Storm machte sich frisch und schlenderte durch das Schiff. Die FERDINAND MAGELLAN war bereits vor Tagen in der Nähe des Tyros-Systems angekommen. Relativistische Sprünge direkt in bewohnte Sternensysteme waren aus Sicherheitsgründen verboten, deshalb näherte sie sich nun langsam mit Unterlichtgeschwindigkeit an. Überall im Schiff zeigten Holos die blaue Kugel des Planeten Mené zusammen mit dem schrumpfenden Abstand in Lichtminuten und der noch verbleibenden Flugzeit. Aktuell waren es noch gut 32 Stunden.

      Storm setzte sich in ein leeres Bordcafé, das noch geöffnet hatte. Die Mannschaften hatten freibekommen, um sich auf die Landung vorzubereiten. Die meisten packten ihre Sachen und schmiedeten


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