Verleumdet!. Dietmar Braunmiller

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Verleumdet! - Dietmar Braunmiller


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stärken. Aber das ist nun mal Politik. Ich will ihr aber noch weiter meine Begeisterung darlegen: " Liebste Nofretete, ich verstehe dich. Aber höre, was mich da so betrifft. Wie ist es möglich, dass dieses Hirtenvolk einen so abweichenden und reinen, klaren und disziplinierten Glauben hat? Vielleicht ist hier doch direkt ein göttlicher Wille am wirken und hat nun mich erreicht. Mich, den mächtigsten Herrscher dieser Welt. Ist es nicht eine Botschaft für einen Weg in eine neue Zeit? Wer, wenn nicht ich, kann hier neues auf diese Welt bringen? Ist es nicht auch meine ureigenste Aufgabe als Pharao den göttlichen Willen für diese Welt umzusetzen, wenn er mich erreicht?" Aufgewühlt muss ich mich erst mal fassen und sehe meine Frau fragend an. Meine Gattin Nofretete, die schönste und sicher auch eine der klügsten Frauen, denen ich in meinem Leben begegnet bin, sie sieht mich eine Weile nachdenklich an und spricht alsdann: "Lass uns doch diesen Sklaven rufen, diesen Jakob, und befragen. Wir wollen sehen, was wir noch gemeinsam von ihm erfahren können."

      Nofretete hatte völlig recht. Das schätzte ich so an ihr, diesen Pragmatismus, diesen Sinn für das Schürfen nach Hintergründen, das auf den Grund gehen. Ich ließ Jakob rufen und kaum eine merkliche Bewegung der Sonnenuhr, eine kleine Bewegung des Heiligen Schattenwurfs von Re später, war Jakob vor uns. Er war sichtlich aufgeregt, wie ihn die umwerfend schöne, ungeheuer mächtige und umgehend aufmerkende Nofretete sofort eingehend musterte. "Sklave", entgegnete sie ihm, "erkläre dich, was du unserem allerherrlichsten Pharao erzählt hast!" - Jakob nahm nun, nachdem er sich wieder von seiner Begrüßungsverbeugung wieder erhoben hatte, eine sichtlich stramme Haltung an. Meine Gebieterin, ehrwürdige Königin von Ober- und Unterägypten, Frau unseres mächtigen Pharao, nennen sie mich Jakob. So wurde ich von meinen Eltern genannt. Ehrwürdige Gebieterin, mein Volk, mein Stamm, gehört zu dem Volk, das noch vor wenigen Generationen ganz in ägyptischen Diensten stand und von unserem Ahnherr Moses aus Ägypten nach Palästina geführt wurde. Wir feiern diese Tat jedes Jahr als eine Führung Gottes. Eine Fügung, da wir überzeugt sind, dass er uns ausgewählt hat, um seine Herrlichkeit und Macht zu preisen, Er hat schon verschiedentlich durch Propheten und vor allem durch Moses zu uns gesprochen, um uns auf den Weg zu bringen. Der Weg eines jeden Einzelnen führt direkt zu ihm. Es gibt keine Zwischenstufen, seinen es Götter oder Menschen, wie bei den anderen Religionen, auch der ägyptischen. Alle sind gleich vor ihm, Egal ob Reicher oder Sklave. Jeder kann ihn direkt über das Gebet ansprechen, ohne Vertreter, ohne Bildnis, ohne große Rituale, einfach durch direktes Gebet. Unser Gott hat uns über Moses ein Gesetz vermittelt, über ein rechtschaffenes Leben vor ihm, über ein gottgefälliges, ehrliches Leben, Das Wichtigste dabei ist aber nach unserer Anschauung nicht das einzelne Gesetz. Entscheiden ist die Gesinnung, die du als Mensch in dir trägst. Es ist der Glaube an ihn selbst. Er führt uns durch die Zeit. Egal welche Verfehlungen wir auch begangen haben. Er verlässt uns nicht, Das ist sein Vermächtnis. Denn er hat uns als Volk aus der Sklaverei geführt, Seine Güte ist unendlich. Er ist der Urgrund allen dessen was ist. Darum hat er uns auch über Mose aufgetragen, ihm keinen Namen zu geben oder ein Bildnis zu machen, denn er ist alles, was ist, Über Moses hat er uns aufgetragen zu sagen, dass er der "Ich bin" ist. Damit sagt er uns, das er immer und überall da ist, durch alle Zeiten, oh ehrwürdige Königin! - Danke, dass ihr euch für diese Anschauung eures Sklaven interessiert. Ich freue mich euch von meinem Gott, von dem Gott Abrahams, meines Ahnvaters, berichten zu dürfen."

      Nicht nur ich war wiederum ehrlich erstaunt, ob dieses leidenschaftlichen Vortrags dieses Sklaven, Auch Nofretete zeigte einen leicht verblüfften und dabei aber höchst interessierten Gesichtsausdruck, Kein Wunder. Sprach dieser Jakob doch wie ein Gelehrter. Wie kam es nur. dass ein Fächersklave, von welchem Volk auch immer so eine Wortgewandheit entwickelte? Ich beschloss ihn umgehend dahingehend zu befragen. "Jakob! Wie kommt es, dass du als einfacher Sklave uns so wortgewandt über den Gott deines Volkes berichten kannst? Du sprichst ja als wärest du ein Gelehrter oder ein Priester?" Jakob hob seinen Kopf aus der nach unten gerichteten für Sklaven geziemenden Position und sprach: "Wisse, oh ehrwürdiger Pharao! Wir werden als Kinder schon dazu erzogen, in unserer Gemeinde schon als junger Mann beim Gottesdienst heilige Texte vorzutragen. Moses hat uns nämlich viele Geschichten zum Gesetz und das von ihm übertragene Wort unseres Gottes hinterlassen. Ebenso haben andere Propheten uns Überlieferungen zur Ermunterung und Erinnerung an die Gottgesandheit unseres Volkes hinterlassen. Jeder von uns wird also zu einem Kundigen der göttlichen Heilsgeschichte erzogen und ausgebildet." Jakob verstummte und nahm wieder die demütige Kopfhaltung eines Sklaven ein. Um ehrlich zu sein, ich war erschüttert. Soviel Kultur und Bildung bei jedem einzelnen dieses kleinen Beduinenvolkes. Es war unfassbar. Soviel Gleichheit unter ihnen. Und so viel Klarheit und Würde in ihrem Gottesbild, in ihrem Glauben. Wie abergläubisch und rückständig mutete mich da doch die Glaubenswelt meines Volkes, des mächtigsten Reiches unter des Sonne, des mächtigen Ägypten an. Schon mein Vater, Amenophis III., hatte über einer Reform des religiösen Lebens gegrübelt. Er hatte ein friedliches Weltreich von Nubien bis an den Euphrat übernommen. In dem bisher ungekannter Wohlstand herrschte. Die Menschen beschäftigten sich mit Mode und fremdländischen Speisen und Gewürzen. Nicht länger mit Kriegen und Schlachten. Zwar musste er auch dazwischen einmal einen Aufstand in Nubien niederwerfen. Seine Lieblingsbeschäftigung waren aber die schönen Dinge gewesen. Er ließ nicht nur einen prachtvollen Palast bei Luxor errichten. Nein er ließ auch gleich zum Palast noch einen großen See anlegen und beeindruckte die Welt mit den ungeheuren Memnonskolossen, riesigen Statuen, die von der ungeheuren Machstellung unseres Ägypten künden. - "Amenophis, mein geliebter Gatte!" Nofretete riss mich aus meinen Gedanken. Ich mochte diesen meinen Namen nicht, noch nie. "Amun ist zufrieden", ist seine Bedeutung. Ich war es nicht. Nicht mit diesem Fruchtbarkeitsgott einer Stadt. Auch wenn es das mächtige Luxor ist. „Ruf mich bitte bei meinem Krönungsnamen, Waenre. Du weißt genau, dass ich meinen alten Geburtsnamen nicht mag. Dann wenigstens bei meinem neuen Geburtsnamen, Echnaton!“, entgegenete ich ihr. "Amenophis!", Nofretete ließ nicht locker, vielleicht wollte sie mich necken – und vielleicht war es auch ein wenig die Macht der Gewohnheit, hatte sie mich doch vor 12 Jahren unter dem Namen „Amenophis“ geheiratet, "willst du Jakob nicht entlassen. Fürs erste hat er uns doch genug berichtet. Wir können ihn ja ein anderes Mal weiter befragen?" Oh, über meiner Grübelei, hatte ich ganz vergessen, dass Jakob immer noch in demutsvoller Sklavenhaltung vor uns stand. "Ja, natürlich. Du hast völlig recht!", entgegnete ich. Und an Jakob gewandt: "Danke für deinen interessanten Bericht! Du darfst dich zurückziehen." Kaum war Jakob weg, schaute mich Nofretete erwartungsvoll an. "Und?", entgegnete sie. Bevor ich ihr mein Innerstes ausschütten wollte, schickte ich erst mal alle Sklavinnen, die sich um unser Wohlergehen kümmerten, weg. Ich wollte erst mal keine Zuhörer bei den Gedanken, zu denen mich Jakob inspiriert hatte. Als alle aus dem Raum waren, konnte ich nicht länger an mir halten. "Das ist umwerfend! Was für ein Gottesbild, was für eine Kultur bei diesem armseligen Hirtenvolk! Das kann kein Zufall sein. Das ist nur mit göttlichem Einwirken zu erklären! Wo in aller Welt sollen denn diese einfältigen Bauern denn sonst zu solchem Gedankengut kommen! Das ist unserer Religionsvorstellung weit überlegen!" Ich konnte mich kaum beruhigen. Nofretete blickte nur amüsiert und ließ mich weiter sprudeln. Meinen Vater hat diese abergläubische altmodische Vielgötterei schon genervt. Da blickt ja in unserem Riesenreich eh keiner mehr durch. Bei jedem Volk in jedem Gau wieder andere Götter, andere Riten und andere Kulte!" So, jetzt hatte ich mich erst mal ausgesprochen und wollte nun aber auch wissen, was meine Geliebte, meine Gattin, dazu zu sagen hatte. Ich atmete erst ein paar mal durch und blickte sie erwartungsfroh an. "Also", hub Nofretete an zu sprechen, "ich weiß, was du meinst. Und ich muss sagen ich bin auch ehrlich beeindruckt davon, mit welcher Weisheit und Klarheit dieser Sklave da vor uns steht! - Aber lass uns die Sache nüchtern betrachten. Kann es nicht sein, dass dieses Hirtenvolk irgendwie aus den großen Reichen im Osten, aus China oder von den indischen Reichen beeinflusst wurde oder von dorther sogar zugewandert ist?" Ich musste zu dieser Frage nicht lange nachdenken, denn was in diesen Weltgegenden entstand, ließ ich mir sowieso regelmäßig von Gelehrten berichten, die entweder selbst hinreisen oder sich mit Handelsleuten aus diesen Weltgegenden unterhalten mussten. "Nein, geliebte Gattin, nein. Zwar gibt es große Weisheit und viel religiöse Kultur in den Reichen des Ostens, aber dieses Bauernvolk hat überhaupt nichts mit ihnen zu tun. Keine Stammesverwandtschaft, keine Zuwanderung aus dieser Gegend, nichts. Sie hausen oder ziehen als Nomaden umher in Palästina unter teils ärmlichen Bedingungen. Es handelt sich nur um ein kleines Gebiet in der Nähe des Toten Meeres. Nur wenige Menschen, kaum soviel wie unser Achetaton


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