20.000 Meilen unter dem Meer - Band 2. Jules Verne

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20.000 Meilen unter dem Meer - Band 2 - Jules Verne


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bleiben, sind ersten Ranges; die bei hundert bis achthundert nicht durchfallen, bilden die zweite Sorte; für die dritte Sorte endlich, die Saatperlen, gebraucht man Siebe mit neunhundert bis tausend Löchern.

      – Das ist sinnreich, sagte Conseil; ich sehe, daß hier das Classificiren mechanisch vor sich geht. Könnte uns mein Herr auch sagen, was die Ausbeutung der Perl-Austernbänke einträgt?

      – Laut Sier's Buch sind die Fischereien Ceylons jährlich für die Summe von drei Millionen Haifische verpachtet.

      – Franken! versetzte Conseil.

      – Ja, Franken! Drei Millionen Franken wiederholte ich. Aber ich glaube, diese Fischereien tragen jetzt nicht mehr so viel ein, wie früher. Ebenso ist es mit den amerikanischen, die unter Karl V. vier Millionen Franken brachten, gegenwärtig auf zwei Drittheil herabgesunken sind. Im Ganzen kann man den allgemeinen Ertrag der Ausbeutung der Perlen auf neun Millionen Franken anschlagen.

      – Aber, fragte Conseil, man führt ja doch einzelne Perlen von sehr hohem Preis an?

      – Ja, Lieber. Man sagt, Cäsar habe der Servilia eine Perle überreicht, die nach heutiger Münze auf hundertundzwanzigtausend Franken geschätzt wurde.

      – Ich habe, versetzte der Canadier, meiner Braut, Kat Tender – die übrigens einen Anderen geheiratet hat, ein Perlenhalshand gekauft, das kostete nur ein und einen halben Dollar, und doch – der Herr Professor kann mir's kecklich glauben – wären diese Perlen nicht durch ein Sieb mit zwanzig Löchern gegangen.

      – Guter Ned, erwiderte ich lachend, das waren unechte Perlen, blos Glaskugeln, innen mit orientalischer Essenz bestrichen.

      – Ach! diese Essenz, erwiderte Ned, muß theuer sein.

      – Sie kostet soviel wie nichts. Es ist nur die silberweiße Substanz der Schuppen des Weißfisches die man im Wasser sammelt und in Salmiak aufhebt. Sie ist ganz werthlos.

      – Vielleicht hat Kat Tender deshalb einen Anderen geheiratet, erwiderte Meister Land nachdenklich.

      – Aber sagte ich, um auf den hohen Preis von Perlen zurück zu kommen, ich glaube nicht, daß je ein Fürst eine von höherem Werthe besaß, als die im Besitz des Kapitäns Nemo.

      – Diese hier, sagte Conseil, und wies auf das prachtvolle Kleinod in seinem Glaskasten.

      – Ich irre gewiß nicht, wenn ich ihren Werth auf zwei Millionen anschlage ...

      – Franken! sagte Conseil lebhaft.

      – Ja, sagte ich, zwei Millionen Franken, und ohne Zweifel hat sie den Kapitän nur die Mühe des Einsammelns gekostet.

      – Ah! rief Ned-Land, könnten wir nicht morgen bei dem Ausflug eine gleiche finden?

      – Bah! sagte Conseil.

      – Und warum nicht?

      – Was sollen an Bord des Nautilus Millionen uns nützen?

      – An Bord nicht, sagte Ned-Land, aber ... sonst wo.

      – O! sonst wo! versetzte Conseil mit Kopfschütteln.

      – In der That, sagte ich, hat Ned-Land Recht. Und wenn wir jemals eine Perle von einigen Millionen Werth nach Europa oder Amerika bringen, so gäbe das mindestens ein starkes Beweismittel der Echtheit, und zugleich der Erzählung von unseren Abenteuern einen hohen Werth.

      – Das glaub' ich wohl, sagte der Canadier.

      – Aber, sagte Conseil, der stets auf das Belehrende bei den Dingen zurück kam, ist diese Perlenfischerei mit Gefahr verbunden?

      – Nein, versetzte ich lebhaft, zumal bei einigen Vorsichtsmaßregeln.

      – Was hat man bei dieser Arbeit zu riskiren? sagte Ned-Land, höchstens, daß man einige Schluck Seewasser zu verschlingen hat!

      – So ist's, Ned. Beiläufig, fuhr ich fort, indem ich des Kapitäns Nemo leichten Ton anzunehmen suchte, fürchten Sie sich vor den Haifischen, wackerer Ned?

      – Ich! erwiderte der Canadier, ein Harpunier von Profession! Es ist ja mein Geschäft, ihrer zu spotten!

      – Es handelt sich nicht darum, sagte ich, sie mit einem Haken zu fangen, auf das Verdeck zu ziehen, ihnen den Schwanz abzuhauen, den Leib aufzuschlitzen und ihr Herz in's Meer zu werfen!

      – Es handelt sich also ...?

      – Ja, das ist's eben.

      – Im Wasser?

      – Ja, im Wasser.

      – Meiner Treu', mit einer tüchtigen Harpune! Sie wissen, mein Herr, diese Haifische sind sehr ungeschlachte Thiere. Sie müssen sich umdrehen auf den Bauch, um nach Ihnen zu schnappen, und unterdessen ...

      Ned-Land sprach das Wort »schnappen« auf eine Weise aus, daß es einem kalt über den Rücken lief.

      »Nun, Conseil, was denkst Du von diesen Haifischen?

      – Ich bin ganz auf der Seite meines Herrn.

      – Das ist mir schon recht, dachte ich.

      – Wenn mein Herr den Haifischen Trotz bietet, sagte Conseil, so sehe ich nicht ein, warum sein treuer Diener nicht mit dabei wäre!«

      Drittes Capitel

      Eine Perle von zehn Millionen

      Die Nacht kam heran, ich legte mich zu Bette und schlief ziemlich schlecht. In meinen Träumen spielten die Haifische eine bedeutende Rolle.

      Am folgenden Morgen weckte mich um vier Uhr der Steward, welchen der Kapitän Nemo besonders zu meinen Diensten bestellt hatte. Ich stand rasch auf, kleidete mich an und ging in den Salon.

      Der Kapitän Nemo wartete schon auf mich.

      »Herr Arronax, sagte er zu mir, sind Sie bereit zu gehen?

      – Ja.

      – Folgen Sie mir gefälligst.

      – Und meine Gefährten, Kapitän?

      – Sie sind schon in Kenntniß gesetzt, und erwarten uns.

      – Werden wir nicht unsere Skaphander anziehen? fragte ich.

      – Noch nicht. Ich habe den Nautilus jener Küste nicht zu nahe kommen lassen, und wir sind von der Bank von Manaar ziemlich weit ab in hoher See; aber ich habe unseren Nachen zurecht machen lassen, der uns genau an den Punkt bringen wird, wo wir ausschiffen werden, dadurch wird uns eine weite Ueberfahrt erspart. Er bringt unsere Tauchapparate mit, welche wir in dem Moment, wo diese unterseeische Untersuchung beginnt, anziehen werden.«

      Der Kapitän Nemo führte mich zu der Mittelleiter, welche auf die Plattform führte. Ned und Conseil befanden sich schon da, voll Freude über »die Vergnügungspartie,« welche vorbereitet wurde. Fünf Matrosen des Nautilus warteten, die Ruder in der Hand, in dem Nachen, welcher mit einem Tau an Bord befestigt war.

      Es war noch dunkle Nacht. Wolkenstreifen bedeckten den Himmel, und ließen nur hie und da Sterne erblicken. Ich wendete meinen Blick dem Lande zu, sah aber nur einen trüben Streifen, der drei Viertheil des Horizonts von Südwest nach Nordwest schloß. Der Nautilus, welcher während der Nacht die Westküste Ceylons hinauf gefahren war, befand sich im Westen der Bai, oder vielmehr des Golfs, welcher durch dieses Land und die Insel Menaar gebildet wird. Dort, unter düsterem Gewässer, befand sich die Perlmuschelbank, ein unerschöpfliches Feld, das über zwanzig Meilen weit sich erstreckt.

      Der Kapitän Nemo nebst mir, Conseil und Ned-Land, wir saßen im hinteren Theile des Bootes; der Führer desselben stand beim Steuer, seine vier Genossen faßten ihre Ruder; das Bindseil wurde losgeknüpft und wir fuhren ab.

      Das Boot steuerte in südlicher Richtung nicht sehr eilig. Ich beobachtete, daß die kräftig unter'm Wasser geführten Ruderschläge nur von zehn zu zehn Secunden auf einander folgten, nach der allgemein bei den Kriegsmarinen


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