Kind des Lichtes. Kerstin Wandtke

Читать онлайн книгу.

Kind des Lichtes - Kerstin Wandtke


Скачать книгу
Raven schien etwas zu bemerken, denn er legte schützend eine Hand auf ihren flachen Bauch und drückte diesen kurz.

      „Was hat meine kleine Fee?“ Flüsterte er ihr ins Ohr und folgte ihrem Blick dann.

      „Das ist der älteste Sohn des Dragons, Karak. Ich kenne ihn schon lange, du hast von ihm nichts zu befürchten, glaub mir.“ Wollte er sie beruhigen. Nun, dachte sie, das sehe ich anders und sie beschloss, diesem Mann vorerst, und wenn irgend möglich aus dem Wege zu gehen.

      „Wir werden sie nach Avalla begleiten.“ Mit schreckgeweiteten Augen sah sie rasch zu ihm auf und etwas in ihrem Innern zog sich fast schmerzhaft zusammen.

      „Du brauchst wirklich keine Angst zu haben, ich werde immer an deiner Seite bleiben, das verspreche ich dir.“ Doch ihr Blick ließ ihn seine Entscheidung schon bereuen. Nun, jetzt war es zu spät die Einladung noch auszuschlagen, aber er beschloss sein Versprechen nicht zu brechen.

      Der jüngste Sohn des Dragons, Jamihl, reichte ihnen ihr weiteres Mahl und alle aßen schweigend. Später am Abend, es wurde rasch kälter, drückten sich alle dichter ans Feuer und der Dragon ließ Raven noch einmal zu sich rufen. Raven hatte sein Lager, sehr zur Freude Alinas, etwas abseits aufgeschlagen. Diese schlüpfte schon einmal in die Felle, um hier auf ihn zu warten.

      „Raven, ich möchte nicht unhöflich erscheinen, aber warum spricht das Kind nicht. Seitdem du sie mit ins Lager brachtest sagte sie nicht ein Wort.“ Raven überlegte, wie er ihren Zustand erklären sollte, er erinnerte sich noch gut daran, wie sie auf den Namen Wolfskind reagierte. So sagte er vorsichtig und überlegend,

      „Ich denke, sie ist von Geburt an stumm, sie versteht aber alles was gesprochen wird und sie ist sehr klug.“ Raven sah den Dragon unruhig an, erwartete er doch Hohn oder schlechte Bemerkungen auf das eben gesagte, doch dieser blickte nur ruhig über das Feuer zu ihr.

      „Weißt du, wer sie ist, oder woher sie kommt?“ Raven sah nun ebenfalls zu ihr hinüber.

      „Nein, ich fand sie oben im Norden, inmitten eines höllischen Schneesturms, sie irrte völlig allein durch die Berge und wurde fast von Wölfen getötet.“ Der Dragon wandte sich wieder an ihn,

      „Nun, mein Sohn, das bezweifle ich.“ Sagte dieser vielsagend und Raven sah ihn überrascht an.

      „Sie hat wunderschöne Augen,“ sprach der Dragon jetzt leise und versonnen weiter.

      „Ich hatte einmal, ich war fast noch ein Knabe, Gelegenheit, in ein solches Augenpaar zu blicken. Sie war das schönste Geschöpf das ich je sah.“ Der Dragon schüttelte den Kopf, wie um die Erinnerung zu vertreiben und sah jetzt direkt in Ravens Augen.

      „Sie gehört nicht zu uns, sie trägt das Blut der alten Völker in sich. Sag, mein Sohn, teilst du mit ihr die Wonnen?“ Raven schüttelte verwirrt den Kopf, was wusste der Dragon nur von ihr?

      „Nun, du solltest es vielleicht tun, solange du noch Gelegenheit dazu hast. Ich denke nicht, dass du ihr dabei ernsthaft schaden könntest. Sie hat eine Aufgabe zu erfüllen und wir alle stehen nur am Rande des Ganzen.“ Eindringlich sah er Raven an, der das gesagte nicht richtig verstand.

      „Du solltest gut auf sie achtgeben, denn auf ihren Weg werden ihr viele weitere folgen.“

      „Was meinst du damit, Dragon, ich verstehe das alles nicht,“ Raven sah den Älteren jetzt hilflos an. Doch dieser schüttelte nur wieder vielsagend den Kopf.

      „Das ist euer leid, das Leid der Jugend, das ihr nicht mehr auf die Alten und deren Geschichten hört,“ polterte der Ältere nicht unfreundlich, „oder sie einfach Vergesst. Ihr werdet uns nach Avalla begleiten, und dort werde sich euch alles Offenbaren, zumindest das, was ich darüber weiß, doch nun,“ damit winkte er ab,“ lass mich bitte allein, ich muss Nachdenken.“ Raven erhob sich und kehrte, immer noch vom eben gehörten verwirrt, zu Alina zurück und zog sie wieder fest in seine Arme. Wieso sollte sie eine Aufgabe haben? Und wenn, welche konnte das sein?

      Und wer, bei den Göttern, folgte ihr? Und was bedeutete das mit dem alten Blut, mit den alten Völkern? Laut alter Legenden existierten diese schon lange nicht mehr. Raven sah den Dragon am Feuer sitzen. Ich glaube dir nicht alter Mann, dachte er und streichelte ihr dabei sanft übers Haar. Sie ist mein Leben, meine Liebe und nichts und niemand wird sie mir jemals wieder nehmen. Sie sah lächelnd zu ihm auf, froh, das er wieder zurück war und schmiegte sich jetzt eng an ihn. Später, als sie lange gemeinsam unter seinen Fellen lagen, sah er in ihre sonderbaren blaugrünen Augen und dachte noch einmal über die Worte des Älteren nach. Er hatte zwar Angst vor der Antwort, musste die Frage aber dennoch stellen.

      „Ist es wirklich dein Wunsch, mich auf meiner langen Reise zu begleiten?“ Sie nickte ernst.

      „Warum,“ er sah sie fest an, „warum willst du mich begleiten, bitte, ich muss es wissen.“

      Sie hob eine kleine Hand zu seinem Gesicht und streichelte es zärtlich. Fuhr mit ihren kleinen Fingern seinen Zügen nach, nahm dann seine und legte sie vorsichtig auf ihre Wange. Diese Antwort verstand er sofort und glücklich lächelnd zog er sie fest in seine Arme. Doch beiden entging an diesem Abend das hasserfüllte blaue Augenpaar, das zu ihnen hinüber starrte und in dessen Kopf langsam ein dunkler Plan reifte.

      Am Morgen, als sie das Lager abbrachen, ging alles sehr drunter und drüber, das Alina sich mit Absicht etwas abseits aufhielt. Mit Unruhe schaute sie dem Tumult zu. Doch plötzlich stand Karak in voller Größe hinter ihr und sah finster zu ihr hinunter.

      „Du bist so jung und so schön, aber ich bin kein Narr wie Raven und alle anderen. Mich kannst du nicht blenden.“ Sie schrak herum und sah mit Angst und totalem Unverständnis zu ihm auf. Dieser packte ihren Arm und drückte mit Macht zu, hielt sie mit eiserner Hand fest. So sehr sie sich auch wand, sie konnte sich diesem starken Griff nicht entziehen.

      „Du bist ein verfluchtes Menschenkind,“ spie er ihr entgegen, „nichts Besonderes oder Ungewöhnliches wie die alle glauben.“ Dabei nickte er wütend und voller Abscheu zum Lager.

      „Du kannst Zaubern, sicher, sonst wüssten diese Narren ja auch welche Schlange sich an ihrer Brust nährt.“ Sie wollte fort, doch er hielt sich immer noch mit aller Macht fest.

      „Bei mir wirkt dein Zauber nicht. Und, sei dir dessen stets bewusst, ich werde dich im Auge behalten, Hündin, und beim kleinsten Anzeichen das du irgendeine sonderbare Macht über meine Familie gewinnst, werde ich kommen und dich mit Vergnügen aus der Welt wischen.“ Damit ließ er sie jetzt los und sie rannte, so schnell sie konnte, zu Raven, den sie inmitten des Lagers stehen und mit einem der Männer reden sah. Ja, dachte Karak voller Abscheu, renne nur schnell zu deinem Beschützer, ich kann warten. Heute abend erreichen wir Avalla und dort bietet sich genügend Gelegenheit dir das zu geben was du verdienst. Kalt lächelnd betrat er wieder das Lager und begann seinen Brüdern beim Packen zu helfen. Alina erreichte Raven und fiel außer Atem neben ihm auf die Knie. Besorgt beugte er sich nieder und hob sie wieder hoch. Blass blickte sie zu ihm hoch.

      „Kleine Fee, was ist mit dir, du siehst aus als wäre der Teufel hinter dir her.“

      „Ich glaube nicht das der Teufel hinter ihr her ist,“ sagte der Rothaarige, mit dem er zuvor gesprochen hatte, „sondern mein Bruder Karak.“ Raven blickte über das Lager und entdeckte den Gemeinten beim verstauen seiner Schlaffelle. Sie sah zum Sprechendem auf und drückte sich ängstlich an Raven. Der Rothaarige sah aber nur zärtlich auf sie nieder.

      „Ich heiße Ramahl, du hast von mir nichts zu befürchten, nicht alle von uns sind wie jagende Wölfe, glaub mir.“ Er berührte danach Raven sacht an dessen Schulter.

      „Ich werde mal sehen, was mit ihm los ist. Haltet euch trotzdem etwas von ihm fern, er ist in letzter Zeit etwas Komisch geworden.“ Damit ging Ramahl durchs Lager auf Karak zu. Raven sah leicht verwirrt auf Alina nieder, wusste nicht so recht was er von alledem halten sollte.

      „Du bleibst von jetzt an immer in meiner Nähe, denn, auch wenn ich jemanden lange zu kennen glaube, so kann ich doch nicht in seine Seele blicken.“ Alina sah zu ihm auf und nickte, niemals wieder würde sie von seiner Seite weichen, auch in seiner


Скачать книгу