Magisches Kompendium - Chaosmagie - Erste Schritte der chaosmagischen Theorie und Praxis. Frater LYSIR

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Magisches Kompendium - Chaosmagie - Erste Schritte der chaosmagischen Theorie und Praxis - Frater LYSIR


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und auch „Thelema“ betiteln, also einmal die Thematik des Hexentums, der Naturreligion, das Leben mit dem Kreislauf der Natur, und einmal eine magische Sichtweise, die sich auf den wahren Willen bezieht, auf magische Ausbildungen, lange Exerzitien und Disziplin, sodass hier auch Yoga und allerlei zeremonielle Aspekte berücksichtigt werden müssen. Wicca und Thelema! Und was hat das jetzt mit der Chaosmagie zu tun?

      Tja, um es jetzt schon einmal kurz vorab zu sagen, obwohl das Thema in einem separaten Kapitel ausführlich behandelt wird, kann man sagen, dass die primären Ideen der Chaosmagie sich auf England beziehen, und hier im Grunde als eine Art Gegenbewegung, als eine Rebellion gegen Wicca und auch gegen Thelema zu verstehen ist. Doch dazu später mehr. Erst einmal soll es ausreichend sein, dass die klassische Magie, die meisten Menschen, die sich mit der Magie beschäftigen und hier ein bewusstes Handeln an den Tag legen, sich auf verschiedene Gottheiten, auf verschiedene Paradigmen, auf verschiedene Muster und auf verschiedene Kulturen beziehen. Und genau dies will die Chaosmagie nicht, und versucht dies auch so gut wie möglich zu vermeiden, es sei denn, der Chaosmagier will dies explizit ausführen. Es gibt gigantisch viele magische Zivilisationen und Kulturen, egal, ob es jetzt die sumerische, babylonische, mesopotamische, ägyptische, äthiopische, mitteleuropäische (hier wird gerne der Begriff der „Kelten“ verwendet, wobei dieser Begriff jedoch unkorrekt ist, da es niemals DIE Kelten gab, da es eine Bezeichnung der Besatzer war, der Römer, und hier es verschiedene Stammes- und Dorfkulturen gab), nordeuropäische (auch hier wird gerne ein falscher Begriff verwendet, in diesem Kontext der Begriff der „Germanen“, was hier auch wieder falsch ist, da es erneut nicht DIE Germanen gab, sondern dies auch wiederum eine Betitelung der Römer war), griechische oder römische Kultur ist, die Magie wird aus diesen Kulturen, Zivilisationen und Götterpanthea sehr oft und sehr gern verwendet. Dies ist auch absolut legitim, dies ist sinnig, dies ist vernünftig, doch für die Chaosmagie kontraproduktiv.

      Auch die verschiedenen Aspekte, die sich direkt auf die Natur beziehen, sodass eben hier die verschiedenen Gestirne vergöttlicht werden, oder andere Naturphänomene wie zum Beispiel Blitz und Donner, Stürme, Erdbeben etc., genauso wie Naturmonumente, wie zum Beispiel Bäume, Berge, Abgründe, Flüsse etc., läuft der Chaosmagie vollkommen konträr entgegen. Man kann hier sagen, dass der chaosmagische Mensch viel lieber die Idee verwendet, dass man selbst alles bestimmen muss, um damit zu arbeiten. Wenn man hier einen Werbeslogan erfinden müsste, könnte man folgende Aussagen treffen:

      „Nichts ist Wahrheit, alles ist Lüge, alles ist Illusion, alles ist möglich und jeder selbst erschafft sich seine Wahrheit und seine Realität!“

      Dies bedeutet, dass hier nicht direkt auf alle zivilisatorischen, magischen, kulturellen und energetischen Aspekte aus Ignoranz verzichtet wird, nein, ganz im Gegenteil, dies bedeutet, dass der chaosmagische Mensch ganz bewusst in die verschiedenen Zivilisationen, Kulturen und Götterpanthea eindringt, um hier die Energien herauszufinden, die für seine aktuelle Magie, für seine aktuelle Zielsetzung sinnvoll und notwendig sind. Hierbei ist es sehr spannend, dass eben die verschiedenen archetypischen Schwingungen eine gigantische Ambivalenz besitzen, die man aber erst dann erfahren wird, wenn man mit den jeweiligen energetischen Prinzipien eng zusammenarbeitet, oder sich intellektuell mit den Legenden, Mythen und Sagen beschäftigt. Nehmen wir sonst einfach mal den klassischen Vater Gott „Odin/Wotan“. Im archetypischen Kontext ist Odin/Wotan der liebevolle Vater. Er ist ein Patriarch, er ist ein Herrscher, ein wahrer König, der auch manchmal Gnade vor Recht ergehen lässt. Doch wenn man sich auf die verschiedenen Legenden, Mythen und Sagen des nordischen Pantheons einlässt, dann findet man den Umstand, dass Odin/Wotan auch ein Kriegsherr ist, der gnadenlos in die Schlacht zieht, und hier seiner Mordlust freien Lauf lässt. Wenn man dies erneut auf die Archetypen anwenden will, dann ist Odin/Wotan auch definitiv das Ungeheuer, aber auch der Jüngling, der Held und erst recht der Schurke. Warum der Schurke? Nun ja, Odin/Wotan ist dem Wochentag Mittwoch zugeordnet, genauso wie die Prinzipien Hermes und Merkur, und diese stehen wieder für die Gilde der Diebe und der Schurken. Man sieht also, dass hier gigantisch viele Verknüpfungen existieren, die für den Anfänger auch mehr als nur chaotisch sein können, was wiederum bedeutet, dass hier die Aussage, dass man für die Chaosmagie Wissen, Weisheit und Gnosis (Erkenntnis) benötigt, im wortwörtlichen Sinn zu verstehen ist.

      Und da Odin/Wotan eben auch ein großer Herrscher ist, der aber auch sein Reich durch Krieg expandiert hat, ist Odin definitiv auch ein Ungeheuer, genauso wie ein Held, genauso wie ein Jüngling, denn der Tatendurst, die Freude an Abenteuern, die Odin besitzt, findet man auch in sehr vielen der verschiedenen Legenden, Mythen und Sagen. Durch diese Ambivalenz passen aber sehr viele Götter perfekt in die Chaosmagie hinein. Es geht auch nicht darum, dass hier explizit ohne Götter agiert werden muss. Nein, die Chaosmagie sagt nur aus, dass jeder magische Mensch selbst bestimmen soll, selbst bestimmen muss, welchen Aspekt einer omnipräsenten Energie verwendet wird. Odin/Wotan ist hier ein passendes Beispiel, da er eben der liebevolle Vater, das Ungeheuer, der Held, der Jüngling und auch der Schurke ist. In der Chaosmagie muss man sich nicht festlegen. Gut, in einem Ritual, indem man mit Odin/Wotan arbeiten will, ist es mehr als nur kontraproduktiv, wenn man am Anfang des Rituals den Jüngling herbeiruft, und dann plötzlich das Ungeheuer benötigt, um im Anschluss den liebevollen Vater zu interviewen, der sich dann in einen Helden verwandeln soll. Für das Prinzip Odin/Wotan ist dies kein Problem, für das menschliche Energiesystem schon. Doch möglich ist es, gerade in der Chaosmagie. Da die Chaosmagie aber letztlich auch auf die ungeformten energetischen Potenziale zugreifen will, auf die Potenziale die man theatralisch „in der Finsternis“, „im Abgrund“, „in den Tiefen der Ozeane“ oder sonst wo finden kann, ist hier wieder ein besonderer Aspekt zu nennen. So geht es also auch darum, dass der chaosmagische Mensch eine große Experimentierfreudigkeit an den Tag legt, und eben auch mit dem Impulsiven, dem Chaotischen und letztlich mit allen unkontrollierbaren Energien hantieren will. Man könnte es damit vergleichen, dass man die ganze Zeit nur Fahrrad fährt, und plötzlich die Chance hat, auf ein 300 PS starkes Supersport Motorrad zu steigen, um dieses dann über die Rennstrecke zu prügeln. Das Fahrrad hat zwei Reifen und man benötigt Gleichgewichtssinn, das Motorrad hat zwei Reifen und man benötigt auch ein wenig Gleichgewichtssinn. Doch das war es auch schon. Und der Chaosmagier würde hier, zumindest in der Theorie, weniger Probleme damit haben, auf das Supersport Motorrad zu steigen, um dann seine Erfahrungen auf der Rennstrecke zu sammeln. Wird irre Spaß machen, kann aber auch irre gefährlich sein, wenn man sich selbst überschätzt. Und genau dies passt hervorragend für die Chaosmagie. Man kann mit der Chaosmagie sehr viel Spaß haben, man kann mit der Chaosmagie gigantisch viele Erfahrungen machen, man kann aber auch mit und in der Chaosmagie gehörig auf die Fresse fallen, sich viele Zähne ausschlagen, und, um es etwas zu dramatisieren, auch einen tödlichen Unfall erleiden.

      Wenn man nur Fahrrad fahren kennt, und plötzlich ein 300 PS starkes Motorrad unterm Gesäß hat, kann verdammt viel passieren. Um eine solche Gefahr zu vermeiden, wäre ein Blick in die Zukunft toll, oder? Natürlich spiele ich hier auf verschiedene Divinationsmethoden an, wobei es hier egal ist, ob man mit Tarotkarten arbeitet, oder mit anderen Karten aus dem Bereich der Chartomantik, mit Runen, mit dem I-Ging, mit der Geomantie oder mit welcher Methode man auch immer eine Weissagung ausführen will. Doch es gibt hier interessanterweise in den Reihen der Chaosmagie viele Kritiker, die sagen, dass jegliche Divination, jegliche Bedeutung, egal, ob es jetzt Tarotkarten oder Runen oder andere sind, stets falsch sein werden, da ausschließlich der Chaosmagier selbst bestimmt, was Wahrheit ist. Wow! Da hat irgendjemand wirklich die Divination vollkommen NICHT verstanden. Erstens, es geht überhaupt nicht um DIE Wahrheit, auch wenn es letztlich, selbst für Chaosmagier, unumstößliche Wahrheiten gibt. Wenn hier schon Diskussionen auftauchen, dann kann man sich am besten auf eine Diskussion einlassen, ob unter Normalbedingungen die Schwerkraft existiert. Für einige Chaosmagier scheint dies ja eine Lüge zu sein, sodass ich genau diese sehr gerne in einem Experiment testen möchte, ob Sprünge aus dem zehnten Stock mit dem Leben vereinbar sind, oder vielleicht doch nicht. Lüge und Wahrheit! Bei Divinationen geht es um Tendenzen, bei Divinationen geht es nicht um eine unumstößliche Wahrheit, bei Divinationen geht es darum, dass man dem eigenen Tagesbewusstsein Hinweise gibt, Hinweise die aus dem eigenen Unterbewusstsein kommen. Mehr ist es nicht. Und die Chaosmagie würde hier einen fatalen Fehler begehen, wenn die


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