Magisches Kompendium - Praxis der nordischen Magie. Frater LYSIR
Читать онлайн книгу.wird, sodass hier eine Ritualleitung nötig ist, um die energetische und auch die dramaturgische Essenz zu transportieren, dann bewegt man sich klar und deutlich im Godentum. Hier wären also die Titel „Gyðjas“ und „Goði“ sinnvoll. Wenn man hingegen die Blót für spezifische magische Operationen verwenden will, um zum Beispiel eine Reise in die Unterwelt zu machen, eine enge Arbeit mit dem Licht, oder um andere magische Operationen auszuführen, dann wären wieder die Titel „Seiðkona/Seiðkonur“ und „Seiðmaðr/Seiðmenn“ entsprechend zu wählen. Da aber zu den jeweiligen Blóts auch stets Übergänge geschaffen werden, Übergänge in die Anderswelt, sodass man hier hervorragend divinatorisch arbeiten kann, was speziell die Runen auf den Plan ruft, sodass man mit der Hilfe dieser magischen Werkzeuge all seine Operationen forcieren kann. Hierbei ist es egal, ob die Runen jetzt als Divinationshilfen, als Energieträger, als Initiationswerkzeuge oder als Insignien der Macht verwendet werden, da es in diesem Kontext auch um Galsterei geht, um den Runengesang um das innige arbeiten mit, in und durch die Runen, sodass hier die Titel „Galdrakona“ und „Galdramaðr“ denkbar sind. Welchen Titel will man führen? Muss man überhaupt ein Titel führen? Ist nicht alles Magie? Wie sieht man sich selbst, wie fühlt man, wie sind Wissen und Weisheit verteilt, wie sieht es das eigene Ego, wenn es um Titel, um Arbeitstitel geht? Sind es Titel, die man sich wirklich erarbeitet hat, oder sind es Titel, die das Ego gerne haben möchte, um sich aus der Masse hervorzuheben. In diesem Kontext sollte man immer bedenken, dass man anhand seiner Taten und nicht seiner Titel bewertet wird, bewertet von den Göttern. Wenn man mit den Göttern arbeitet, kann man sich die tollsten, lustigsten, überflüssigsten und bescheuertsten Titel geben, man wird aufgrund seiner Taten beurteilt, gewürdigt oder auch missachtet.
So sei noch einmal gesagt, dass die Blótrituale als Solorituale konzipiert sind, bzw. schriftlich so fixiert sind, gleichzeitig aber die Möglichkeit besitzen, hier Gruppenrituale oder auch Rituale für zwei Personen zu vollziehen. In diesem Kontext muss man selbst schauen, welche Abschnitte, Ritualteile und Formulierungen die einzelnen Personen übernehmen können. Dies wird aber überhaupt kein Problem sein, wenn man schon mal Rituale in Gruppen ausgeführt hat. Wenn man dies noch nicht getan hat, hat man bei den vorliegenden Ritualen sehr schöne Übungsmöglichkeiten. So ähnlich verhält es sich auch mit den Invokationen der Göttin und des Gottes. Auch hier muss man wieder selbst entscheiden, ob man sich wirklich beide Energien ins Energiesystem holen kann, ob das eigene Energiesystem damit umgehen kann, oder ob es nur eine Anrufung ist, die aus dramaturgischen Zwecken verwendet werden soll, sodass man zwar die Anrufung ausführt, hierbei bewusst aber energetisch dicht macht.
So wird es immer wieder dramaturgische Parts in den Ritualen geben, die bewusst so formuliert sind, dass man auch hier eine Art „Erklärung des Blóts“ besitzt, so wie man auch eine Absichtserklärung zu jedem Ritual, zu jedem Blót ausführt, wie auch eine dramaturgische Offenbarung, die sich jeweils auf die göttlichen Prinzipien bezieht. So gibt es hier also einige rituelle Teile, die man ohne Weiteres fortlassen kann, wenn man hier ein Soloritual macht. Wenn man eine Gruppenarbeit macht, wenn man mit mehreren Personen aktiv das Ritual gestalten will, zeigt die Praxis, dass diese rituellen Fragmente förderlich sind. Ob man die Rituale letztlich als magische Arbeit, als religiöse Arbeit, als Evolutionsmöglichkeit oder als Möglichkeit eines interreligiösen Austausches sieht, bleibt jedem selbst überlassen. Man kann in den Ritualen viel über sich selbst lernen, man kann sehr deutlich Energiearbeit leisten, man kann sich mit anderen Ebenen verbinden, man kann das ganze aber auch einfach als dramaturgische Handlung sehen, sodass man ein paarmal im Jahr eine bewusst religiöse Handlung vollzieht, um sich damit einfach von der anderen religiösen Masse des Christentums abzuheben. Jeder muss selbst für sich wissen und entscheiden, wie und warum die Rituale der Blóts, die hier abgedruckt sind, zelebriert werden. In diesem Kontext will ich auch kurz erwähnen, dass ich mich vollkommen bewusst dazu entschlossen habe, in die jeweiligen Blóts auch Fragmente des klassischen Sumbel einzufügen, auch wenn das klassische Trankopfer als eigenständiges Ritual verstanden werden kann. Die Praxis zeigt aber, dass es ein sehr passendes Puzzlestück ist, welches das ganze Ritual bereichert. Hierbei wird das Sumbel aber etwas abgewandelt, auch wenn es über drei Runden bzw. über drei Akte verfügt. Wie im klassischen Sumbel wird es ein Loblied, eine Lobrede auf die Götter geben, wobei es hier nur die Götter sind, die auch im eigentlichen Blótritual angerufen werden. Die zweite Trinkrunde bezieht sich dann auf die Ahnen, wie auch auf die Geister des Landes, und die dritte Runde beinhaltet Versprechen und Eide, Versprechen und Eide, die man sich aber selbst gibt, und die man so formulieren soll, dass sie bis zum nächsten Blót gelten bzw. halten.
Ok, und was ist jetzt mit der Grundstruktur der Blóts? Wurde doch schon gesagt! Öffnung, Mittelteil und Schließung! Aha! Geht es auch etwas genauer? Ja!
ERSTER SCHRITT! Öffnung, Schutz, Bannung, Weihe des Ortes!
In der Öffnung gibt es eine optionale Bannung, die man im Kontext der nordischen Vokabeln als „Gemærhaga“, „Wihaga“, „Vallgagar“, „Haga“ oder „Wiha“ bezeichnen kann, was in diesem Kontext einfach nur die Bereitstellung des rituellen Ortes, die Bannung aller störenden Energien und die Weihe des Platzes sind. Es ist also eine klassische, rituelle Öffnung, die es in allen erdenklichen magischen Ritualen gibt.
ZWEITER SCHRITT! Begrüßung, Ehrerbietung, Heilazzen!
Wenn dann die allgemeine Eröffnung vollzogen wurde, und man sich im individuellen Teil des jeweiligen Blóts befindet, werden natürlich die jeweiligen göttlichen Prinzipien angerufen, invoziert, eingeladen, begrüßt, geehrt und „Heil willkommen“ geheißen. Dies wird manchmal auch mit dem Begriff des „Heilazzen“ umrissen, was ein altdeutsches Wort ist, und sich auf das „Heil“ bezieht, also auf eine Segnung, auf eine Heilung, auf eine Begrüßung, sodass mit dieser Vokabel der Umstand erschaffen wird, dass die göttlichen Prinzipien nicht wie jeder andere Ritualteilnehmer begrüßt werden, sondern eine entsprechende Ehrbekundung erhalten.
DRITTER SCHRITT! Absichtsbekundung, Statement, Bekanntmachung, Rede!
Wenn die göttlichen Prinzipien anwesend sind, gibt es rituelle Fragmente, in denen die Götter selbst reden, sodass man hier eine allgemeine „göttliche Rede“, ein vorher verfasstes Channeling, eine Bekundung, ein Statement und eine Absichtserklärung findet, wobei die Absichtserklärung von den Ritualteilnehmern zustande kommt, und nicht von den invozierten Göttern.
VIERTER SCHRITT! Entzündung, Feuer frei, es brennt!
In jedem Blót wird eine besondere Kerze entzündet, die im Vorfeld dem jeweiligen Blót zugeordnet werden soll, sodass man hier nicht nur einfach eine Kerze auspackt und hinstellt, sondern diese im Vorfeld verschönert, verziert, schmückt und auch energetisch weiht. Man kann dies auch durch ein großes Lagerfeuer vollziehen, wobei man dann sehr klar die Brandschutzbedingungen beachten muss, gerade wenn man im Sommer ein Blót in der freien Natur feiert. Hier ist Sicherheit absolut notwendig, denn niemand will einen Waldbrand entfachen. Daher ist eine Kerze, gegebenenfalls auch ein Grablicht, welches schon so abgebrannt ist, dass kein offenes Feuer austreten kann, die beste Wahl für den Sommer. Im Winter sieht es wieder anders aus, bzw. wenn man einen eigenen Garten hat, mit einer eigenen Feuerstelle, dann kann man hier natürlich auch ein großes Feuer entfachen. In diesem Fall schmückt man keine Kerze, sondern einen großen Holzscheit, der als Stellvertretung der Kerze dient.
FÜNFTER SCHRITT! Anrufung! Dramaturgie! Erklärungen! Lobpreis!
In diesem Schritt muss man selbst aktiv werden, sodass es hier eigentlich keine vorgefertigten Texte geben kann. Es geht um eine Art Dankesgebet, wobei im Vorfeld die Heldentaten der jeweiligen Götter, die zum Blót eingeladen sind, erzählt werden können, wobei man hier nicht alle Sagen zitieren muss, sondern kurz und knapp die eigentlichen Kernpunkte herausarbeiten kann, wobei es klassisch ist, dass man diese in einer besonderen Form, poetisch oder durch einen Gesang vorträgt. Hier kann man schon das Reimschema der Galsterei verwenden, wenn man dies denn will.
Im Anschluss daran kommen die persönlichen Dankesreden, sodass man den anderen Ebenen, den Göttern dankt, was einem bisher widerfahren ist,