Deutsches Märchenbuch + Neues Deutsches Märchenbuch. Ludwig Bechstein

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Deutsches Märchenbuch + Neues Deutsches Märchenbuch - Ludwig Bechstein


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gemein mit einander haben!« Das ließ unser Herrgott

       gut sein.

       Nun als sie weiter mit einander gingen, begab es

       sich, daß sie zu einer Herde Schafe kamen, da sagte

       unser Herrgott zum Schwaben: »Gehe, Schwab, zu

       dem Hirten, heiße ihm uns ein Lämmlein zu geben,

       und koche uns das Gehänge oder Geräusch zu einem

       Mahle.« – »Ja!« sagte der Schwab, tat, wie ihm der

       Herr geheißen, ging zum Hirten, ließ sich ein Lämmlein

       geben, zog's ab und bereitete das Gehänge zum

       Essen. Und im Sieden da schwamm das Leberlein

       stets empor; der Schwab drückt's mit dem Löffel

       unter, aber es wollte nicht unten bleiben, das verdroß

       den Schwaben über alle Maßen. Nahm deshalb ein

       Messer, schnitt das Leberlein, dieweil es gar war, von

       einander und aß es. Und als nun das Essen auf den

       Tisch kam, da fragte unser Herrgott, wo denn das Leberlein

       hingekommen wär? Der Schwab aber war

       gleich mit der Antwort bei der Hand, das Lämmlein

       habe keines gehabt. »Ei!« sagte unser Herrgott: »wie

       wollte es denn gelebt haben, ohne ein Leberlein?« Da

       verschwur sich der Schwab hoch und teuer: »Es hat

       bei Gott und allen Gottes-Heiligen keines gehabt!«

       Was wollte unser Herrgott tun? Wollte er haben, daß

       der Schwab still schwieg, mußt er wohl zufrieden

       sein.

       Nun begab es sich, daß sie wiederum miteinander

       spazierten, und da läutete es abermals in zwei Dörfern.

       Der Schwab fragte: »Lieber, was läutet man

       da?« – »In dem Dorf läutet man zu einem Toten, in

       dem andern zur Hochzeit«, sagte unser Herrgott.

       »Wohl!« sprach der Schwab. »Jetzt gang du zur

       Hochzeit, so will ich zum Toten!« (vermeinte, er

       wolle auch hundert Gulden verdienen). Fragte den

       Herrn weiter: »Lieber, wie hast du getan, daß du den

       Toten auferwecket hast?« – »Ja«, antwortete der Herr,

       »ich sprach zu ihm, steh auf im Namen des Vaters,

       Sohnes und Heiligen Geistes! Da stand er auf.« –

       »Schon gut, schon gut!« rief der Schwab: »nun weiß

       ich's wohl zu tun!« und zog zum Dorfe, wo man ihm

       den Toten entgegentrug. Als der Schwab das sahe,

       rief er mit heller Stimme: »Halt da! Halt da! Ich will

       ihn lebendig machen, und wenn ich ihn nit lebendig

       mache, so henkt mich ohne Urtel und Recht.«

       Die guten Leute waren froh, verhießen dem Schwaben

       hundert Gulden, und setzten die Bahre, darauf der

       Tote lag, nieder. Der Schwab tät den Sarg auf, und

       fing an zu sprechen: »Steh auf im Namen der Heiligen

       Dreifaltigkeit!« Der Tote aber wollte nicht aufstehen.

       Dem Schwaben ward angst, er sprach seinen Segen

       zum andern und zum dritten Mal, als aber jener Tote

       sich nicht erhob, so rief er voll Zorn: »Ei so bleib liegen

       in tausend Teufel Namen!« Als die Leute diese

       gottlose Rede hörten, und sahen, daß sie von dem

       Gecken betrogen waren, ließen sie den Sarg stehen,

       faßten den Schwaben und eileten demnächst mit ihm

       dem Galgen zu, warfen die Leiter an und führten den

       Schwaben hinauf.

       Unser Herrgott zog fein gemachsam seine Straße

       heran, da er wohl wußte, wie es dem Schwaben ergehen

       werde, wollte doch sehen, wie er sich stellen

       würde, kam nun zum Gericht, und rief: »O guter Gesell,

       was hast du doch getan? In welcher Gestalt erblick

       ich dich?« Der Schwab war blitzwild und begann

       zu schelten, der Herr hätte ihm den Segen nicht

       recht gelehrt. »Ich habe dich recht belehrt«, sprach der

       Herr. »Du aber hast es nicht recht gelernt und getan,

       doch dem sei, wie ihm wolle. Willt du mir sagen, wo

       das Leberlein hinkommen ist, so will ich dich erledigen!

       « – »Ach!« sagte der Schwab, »das Lämmlein hat

       wahrlich kein Leberlein gehabt! Wes zeihest du

       mich?« – »Ei du willst's nur nicht sagen!« sprach der

       Herr. »Wohlan, bekenn es, so will ich den Toten lebendig

       machen!« Der Schwab aber fing an zu schreien:

       »Henket mich, henket mich! So komm ich der

       Marter ab. Der will mich zwingen mit dem Leberlein,

       und hört doch wohl, daß das Lämmlein kein Leberlein

       gehabt hat! Henket mich nur stracks und flugs!«

       Wie solches unser Herrgott hörte, daß sich der

       Schwab eher wollt henken lassen, als die Wahrheit

       gestehen, befahl er, ihn herab zu lassen, und machte

       nun selbst den Toten lebendig.

       Als sie nun mit einander wieder von dannen zogen,

       sprach unser Herrgott zum Schwaben: »Komm her,

       wir wollen miteinander das gewonnene Geld teilen,

       und dann voneinander scheiden, denn wenn ich dich

       allewege und überall sollte vom Galgen erledigen,

       würde mir das zu viel.« Nahm also die zweihundert

       Gulden und teilte sie in drei Teile Als solches der

       Schwab sahe, fragte er: »Ei Lieber, warum machst du

       drei Teile, so doch unsrer nur zween sind?« – »Ja«,

       antwortete unser lieber Herrgott, »der eine Teil, der

       ist mein; der andere Teil, der ist dein, und der dritte

       Teil, der ist dessen, der das Leberlein gefressen hat!«

       Als der Schwab solches hörte, rief er fröhlich aus:

       »So hab ich's bei Gott und allen lieben Gottes-Heiligen

       doch gefressen!« Sprach's und strich auch den

       dritten Teil ein, und nahm also Urlaub von unserm

       lieben Herrgott.

       Die Probestücke des Meisterdiebes

       Es wohnten in einem Dorfe ein Paar sehr arme alte

       Leute mutterseelenallein in einem geringen Häuslein,

       das ganz weit draußen stand, und hörte gerade mit

       diesem Häuslein das Dorf auf. Die beiden Alten

       waren brav und fleißig, aber sie hatten keine Kinder.

       Einen Sohn, einen einzigen, hatten sie gehabt, aber

      


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