Deutsches Märchenbuch + Neues Deutsches Märchenbuch. Ludwig Bechstein

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Deutsches Märchenbuch + Neues Deutsches Märchenbuch - Ludwig Bechstein


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Mitte des Teiches, da das Wasser am tiefsten war,

       schwammen die Entchen auseinander, und der böse

       Menschenfresser nebst seiner Alten plumpten in die

       Tiefe und kamen um. Und Hänschen und Gretchen

       wurden sehr wohlhabende Leute, aber sie spendeten

       auch von ihrem Segen den Armen viel und taten viel

       Gutes, weil sie immer daran dachten, wie bitter es gewesen,

       da sie noch arm waren und betteln gehen mußten.

       Vom Zornbraten

       Es war einmal ein Ritter, der hatte neben vielem Geld

       und Gut ein böses Weib, das wußte er nimmer zu bemeistern,

       und war schier auf Erden kein ärger Weib

       zu finden. Er aber war ehrenhaft und sanften Muts.

       Beide hatten eine einzige Tochter, und die erzog die

       Mutter also in ihren eignen bösen Sitten und nach

       ihrem Schlag, daß sie arg und karg, mückisch und

       tückisch wurde. Gleichwohl hatte Gott das Maidlein

       zu einer schönen Jungfrau gebildet, daß wer sie

       schaute, dem deuchte sie ein Bild voll minniglicher

       Güte, wer aber näher mit ihr bekannt wurde, der nahm

       bald ihre Argheit wahr und mied sie gänzlich. Nun

       war die Jungfrau achtzehn Jahre alt und hätte gern

       einen Mann genommen, aber keiner kam, der ihrer begehrt

       hätte.

       Das bekümmerte den Vater mächtiglich, und eines

       Tages sprach er zu ihr: »Tochter, deiner Mutter Sitten

       und ihr übler Rat machen, daß du ohne Mann bleibest,

       oder aber, so einer dich nimmt, der nicht Lust

       hat, wie ich, böse Weibertücken geduldig zu tragen,

       so wirst du öfter geschlagen, als das Jahr Tage zählt,

       und wird dich noch baß gereuen, daß du so in allen

       Stücken deiner Mutter gefolgt bist und gefolgt hast.«

       Das hörte die Tochter des frommen Ritters sehr un-

       gern, und sprach zorniglich: »Ei, Herr Vater! Ihr

       könnt viel reden, ehe mir eurer Worte auch nur eins

       gefällt! Ihr habt meiner Mutter auch immer viel zu

       viel gute Lehren gegeben, die sie Euch nicht danket.

       Wißt Ihr was? Tut was Euch gut dünket, und lasset

       mich gewähren. Denn wenn auch schon morgen ein

       Freier käme, der mein begehrte, so wollte ich doch allezeit

       in der Ehe das längere Messer tragen.«

       »O meine Tochter!« antwortete der Rittersmann,

       »das dünkt mich nicht gut, daß du solche Gedanken

       hast. Du solltest doch darauf denken, besser zu sein,

       wie deine arge Mutter, sonst könnte es wohl kommen,

       daß du einen Mann bekämest, der so biderb und

       fromm ist, daß er dich bezwingt, und du hernach mit

       Scham, mit Schimpf und Schande nachgeben mußt.«

       »Ei ja wohl!« antwortete die Tochter. »Eh der

       Markt aus ist, gibt es noch mehr selben Kofents zu

       kaufen!« und solche häßliche Spottreden mehr, die sie

       dem Vater gab, so daß er zornig ausrief: »O du böse

       Chriemhilt! So du deinem Vater nicht folgen willt, so

       soll dir dein Rücken satt von Schlägen werden! Wer

       immer dein begehre, er sei Ritter oder sei Knecht, der

       soll dich haben, und soll dich ziehen nach seinem

       Willen!«

       »Oder ich ihn nach dem meinen!« erwiderte trotzig

       die Tochter, und andere Reden mehr, bis dieser Wortwechsel

       endete.

       Nun saß etwa drei Meilen weit von der Burg dieses

       guten Ritters ein anderer Rittersmann, der war reich

       an Geld und Gut und hatte Freiersgedanken, war auch

       hübsch vom Angesicht und höflich von Sitten, der

       vernahm auf Fragen und Sagen, wie schön und wie

       häßlich zugleich jenes Nachbarn Tochter sei, und

       dachte: ich wag es frei, und wende ihr Gemüt zur Tugend,

       und mache sie gut, wo nicht, so will ich sie

       doch um ihrer Schöne wohl oder übel nehmen. Ritt

       darauf mit seinen Gefreunden zum Vater der Maid

       und bat ihn um seine Tochter. Dieser Rittersmann offenbarte

       dem jungen Werber wie seine Tochter gesittet

       sei, und jener sprach: »Ich hab es wohl vernommen,

       aber gebt Ihr mir sie nur zum Weibe! Will Gott,

       daß wir nur ein Jahr miteinander leben, so sollt Ihr

       sehen, wie gut sie wird!« – Darauf antwortete der

       künftige Schwäher: »Gott soll Euch behüten vor

       ihrem Übelmut! Hütet Euch, denn wenn sie auf ihrer

       Mutter Spur kommt, so lebt Ihr bei ihr, wie lang sie

       lebe, nimmer einen guten Tag.« Der Freier beharrte

       aber bei seinem Entschluß, und es ward ein Übereinkommen

       getroffen und eine Eheberedung, daß der

       junge Ritter, sobald er wieder käme, die Maid mit

       sich nehmen und heimführen solle.

       Die Mutter wußte von dieser Verhandlung weder

       viel noch wenig, sondern gar nicht, daß die Tochter

       einem Mann verlobt war, und als sie's nun erfuhr,

       ward sie überaus zornig, rief die Tochter und sprach:

       »Tochter, wisse, daß mein Fluch dich trifft, wenn du

       nicht deinem Manne so widerstehst, wie deinem Vater

       ich mit Krieg und harter Rede allezeit und an jedem

       Ort. Höre, was ich dir ansage: Ich war ein kleines

       Mägdelein, als ich zu deinem Vater kam, viel geringer

       als du, denn du bist vollgewachsen. Drei Wochen

       lang schlug mich alle Tage dein Vater, daß ich krank

       wurde, und gab mir Wasser zur Labe, und doch hab

       ich meinen Streit gewonnen und mein Recht bis da

       immer behauptet!« »Mutter!« antwortete das feine

       Töchterlein, »ich sage Euch, und sollt ich tausend

       Jahre leben, so mache ich meinen Mann zum Affen.«

       Inzwischen kam nun der Tag der Heimführung; da

       kam der Ritter heran auf einem schönen Roß von

       hohem Preis, führte auch mit sich ein schlankes

       Windspiel und trug auf der Hand einen wohlgetanen

       Falken, nahm die Maid in Empfang ohne weiteres und

       setzte sie hinter sich auf sein Roß, entsandte seine

       Diener alle,


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