Deutsches Märchenbuch + Neues Deutsches Märchenbuch. Ludwig Bechstein

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Deutsches Märchenbuch + Neues Deutsches Märchenbuch - Ludwig Bechstein


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Würste dafür geben!« Aber der Bär

       brüllte wieder: »Behalte deinen Schinken und deine

       Würste! Nur wenn du mir versprichst, mir dasjenige

       zu geben, was dir zu Hause am ersten begegnet, so

       will ich dich nicht fressen.« Dies ging der Kaufmann

       gerne ein, denn er gedachte, wie sein Pudel gewöhnlich

       ihm entgegenlaufe, und diesen wollte er, um sich

       das Leben zu retten, gerne opfern. Nach derben Handschlag

       tappte der Bär ruhig ins Dickicht zurück; und

       der Kaufmann schritt, aufatmend, rasch und fröhlich

       von dannen.

       Der goldene Nußzweig prangte herrlich am Hut des

       Kaufmanns, als er seiner Heimat zueilte. Freudig

       hüpfte das jüngste Mägdlein ihrem lieben Vater entgegen;

       mit tollen Sprüngen kam der Pudel hinterdrein,

       und die ältesten Töchter und die Mutter schritten

       etwas weniger schnell aus der Haustüre, um den Ankommenden

       zu begrüßen. Wie erschrak nun der Kaufmann,

       als seine jüngste Tochter die erste war, die ihm

       entgegenflog! Bekümmert und betrübt entzog er sich

       der Umarmung des glücklichen Kindes und teilte nach

       den ersten Grüßen den Seinigen mit, was ihm mit dem

       Nußzweig widerfahren. Da weinten nun alle und wurden

       betrübt, doch zeigte die jüngste Tochter den meisten

       Mut und nahm sich vor, des Vaters Versprechen

       zu erfüllen. Auch ersann die Mutter bald einen guten

       Rat und sprach: »Ängstigen wir uns nicht, meine Lieben,

       sollte ja der Bär kommen und dich, mein lieber

       Mann, an dein Versprechen erinnern, so geben wir

       ihm, anstatt unsrer Jüngsten, die Hirtentochter, mit

       dieser wird er auch zufrieden sein.« Dieser Vorschlag

       galt und die Töchter waren wieder fröhlich, und freuten

       sich recht über diese schönen Geschenke. Die

       Jüngste trug ihren Nußzweig immer bei sich; sie ge-

       dachte bald gar nicht mehr an den Bären und an das

       Versprechen ihres Vaters.

       Aber eines Tages rasselte ein dunkler Wagen durch

       die Straße vor das Haus des Kaufmanns, und der häßliche

       Bär stieg heraus und trat brummend in das Haus

       und vor den erschrockenen Mann, die Erfüllung seines

       Versprechens begehrend. Schnell und heimlich

       wurde die Hirtentochter, die sehr häßlich war, herbeigeholt,

       schön geputzt und in den Wagen des Bären

       gesetzt. Und die Reise ging fort. Draußen legte der

       Bär sein wildes zotteliches Haupt auf den Schoß der

       Hirtin und brummte:

       »Graue mich, grabble mich,

       Hinter den Ohren zart und fein,

       Oder ich freß dich mit Haut und Bein!«

       Und das Mädchen fing an zu grabbeln; aber sie machte

       es dem Bären nicht recht, und er merkte daß er betrogen

       wurde; da wollte er die geputzte Hirtin fressen,

       doch diese sprang rasch in ihrer Todesangst aus dem

       Wagen.

       Darauf fuhr der Bär abermals vor das Haus des

       Kaufmanns, und forderte furchtbar drohend die rechte

       Braut. So mußte denn das liebliche Mägdlein herbei,

       um nach schwerem bittern Abschied mit dem häßlichen

       Bräutigam fortzufahren. Draußen brummte er

       wieder, seinen rauhen Kopf auf des Mädchens Schoß

       legend:

       »Graue mich, grabble mich,

       Hinter den Ohren zart und fein,

       Oder ich freß dich mit Haut und Bein!«

       Und das Mädchen grabbelte, und so sanft, daß es ihm

       behagte, und daß sein furchtbarer Bärenblick freundlich

       wurde, so daß allmählig die arme Bärenbraut einiges

       Vertrauen zu ihm gewann. Die Reise dauerte

       nicht gar lange, denn der Wagen fuhr ungeheuer

       schnell, als brause ein Sturmwind durch die Luft.

       Bald kamen sie in einen sehr dunkeln Wald, und dort

       hielt plötzlich der Wagen vor einer finstergähnenden

       Höhle. Diese war die Wohnung des Bären. O wie zitterte

       das Mädchen! Und zumal da der Bär sie mit seinen

       furchtbaren Klauen-Armen umschlang und zu ihr

       freundlich brummend sprach: »Hier sollst du wohnen,

       Bräutchen, und glücklich sein, so du drinnen dich

       brav benimmst, daß mein wildes Getier dich nicht

       zerreißt.« Und er schloß, als beide in der dunkeln

       Höhle einige Schritte getan, eine eiserne Türe auf,

       und trat mit der Braut in ein Zimmer, das voll von giftigem

       Gewürm angefüllt war, welches ihnen gierig

       entgegenzüngelte. Und der Bär brummte seinem

       Bräutchen ins Ohr:

       »Seh dich nicht um!

       Nicht rechts, nicht links;

       Gerade zu, so hast du Ruh!«

       Da ging auch das Mädchen, ohne sich umzublicken,

       durch das Zimmer und es regte und bewegte sich so

       lange kein Wurm. Und so ging es noch durch zehn

       Zimmer, und das letzte war von den scheußlichsten

       Kreaturen angefüllt, Drachen und Schlangen, giftgeschwollenen

       Kröten, Basilisken und Lindwürmern.

       Und der Bär brummte in jedem Zimmer:

       »Seh dich nicht um!

       Nicht rechts, nicht links;

       Gerade zu, so hast du Ruh!«

       Das Mädchen zitterte und bebte vor Angst und Bangigkeit,

       wie ein Espenlaub, doch blieb sie standhaft,

       sah sich nicht um, nicht rechts, nicht links. Als sich

       aber das zwölfte Zimmer öffnete, strahlte beiden ein

       glänzender Lichtschimmer entgegen, es erschallte

       drinnen eine liebliche Musik und es jauchzte überall

       wie Freudengeschrei, wie Jubel. Ehe sich die Braut

       nur ein wenig besinnen konnte, noch zitternd vom

       Schauen des Entsetzlichen, und nun wieder dieser

       überraschenden Lieblichkeit – tat es einen furchtbaren

       Donnerschlag, also daß sie dachte, es breche Erde und

       Himmel zusammen. Aber bald ward es wieder ruhig.

       Der Wald, die Höhle, die Gifttiere,


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