Liebe und Eifersucht zur Zeit der freien Liebe. Hanns Sedlmayr

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Liebe und Eifersucht zur Zeit der freien Liebe - Hanns Sedlmayr


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Diskussion zu diesem Thema war überflüssig.

      Wenn ich es nicht lassen konnte trotzdem ein Gespräch über ein weltanschauliches Buch das ich gerade las zu beginnen, betrachtete sie mich mit einem ironischen, abschätzigen Lächeln und würgte damit mein Mitteilungsbedürfnis ab.

      Als ich einmal Marcuse zitierte, der für die freie Ausübung der Sexualität plädierte und die Kleinfamilie auflösen wollte, nickte sie nur zustimmend, fand aber keinen Grund das Thema zu diskutieren.

      Hinsichtlich der Auffassung, dass es keine göttliche Regie gibt und das Leben aus Zufall entstanden ist, waren wir uns einig.

      Mir wurde diese Einstellung durch meinen Vater vermittelt.

      Fides musste sich erst zu dieser Erkenntnis durchringen.

      Beide Eltern von Fides waren strenggläubige und unduldsame Katholiken. Eine strikte Einhaltung der Gebote war ihnen selbstverständlich. Dazu gehörte auch der Gottesdienst am Sonntag. Sie erwarteten das auch von ihren Töchtern. Beide waren auch willens, für diese Einhaltung, Druck auf ihre Töchter auszuüben.

      Für die Töchter war klar, dass es aussichtslos war, eine ablehnende Haltung zu den religiösen Grundsätzen der Eltern einzunehmen. Der Vater reagierte mit Wutausbrüchen, wenn er bei seinen Töchtern eine Abweichung vom katholischen Glauben entdeckte. Er war in einem Dorf, unter ärmlichen Bedingungen, als Halbweise aufgewachsen und vom Pfarrer gefördert worden und konnte mit Unterstützung der katholischen Kirche, eine höhere Schule zur Vorbereitung auf das Priesteramt besuchen. Er begann nach dem Abitur in München Theologie zu studieren, wechselte aber nach kurzer Zeit an die Technische Hochschule und immatrikulierte sich dort als Maschinenbauer.

      Die Mutter kam auch aus ärmlichen Verhältnissen. Ihre Eltern waren polnische Migranten, die kurz vor dem ersten Weltkrieg, nach Deutschland eingewandert waren. Sie hatte mit einem Begabten Stipendium die höhere Schule besucht, einige Jahre als Krankenschwester gearbeitet und dann Medizin studiert. Die Mutter war nicht so naiv in Ihrem Glauben wie der Vater. Sie hatte vier Kinder zur Welt gebracht, war aber prüde.

      Über Sex wurde in der Familie von Fides nicht gesprochen. Die Töchter wurden von den Eltern nicht aufgeklärt.

      Von ihrem 9 bis zum 15ten Lebensjahr lebte Fides in einem katholischen Internat. Die Atmosphäre in dem Internat war von Bigotterie und Kälte geprägt. Der überwiegende Teil der Schwesternschaft und der Mitschülerinnen kamen aus verarmten adeligen Familien.

      Eine der weltlichen Lehrerinnen, war eine Schwester der Mutter von Fides.

      Das Internat war in einem alten Kloster. Die Klassenzimmer und Schlafzimmer waren im Winter eiskalt. Die Schwestern sparten beim Brennmaterial. Ebenfalls im Internat, waren noch zwei Cousinen im gleichen Alter von Fides. Die kinderlose Schwester der Mutter war ebenfalls sehr fromm und war sehr kühl zu den ihr anvertrauten Kindern.

      Die Schwestern des Internats waren geprägt, von einem engstirnigen Katholizismus und von einem Adelsstolz. Den Frust, den sie in ihrem Leben erfahren hatten, gaben sie an die ihnen anvertrauten Kinder weiter. Sie verbreiteten Angst, um ihre Schülerinnen unter Kontrolle zu halten. Ständig wurde der Teufel beschworen, der die Mädchen in die Hölle hinabziehen will und dem man sich nur durch ständiges beten entziehen kann.

      Schon bei kleinen Vergehen reagierten sie mit eisiger Kälte. Kleinste Verstöße gegen die rigide Hausordnung wurden drastisch bestraft. Es waren keine körperlichen Züchtigungen, aber gemeine Bloßstellungen, die nachhaltige Verletzungen in den Kinderseelen bewirkten. Es war bei den Schwestern eine beliebte Strafe, während des Unterrichts, mit abgewendetem Gesicht im Eck stehen zu müssen oder in der Kirche nahe am Altar und außerhalb der Bänke, während der ganzen Messe, kniend, auf dem eiskalten Boden ausharren zu müssen.

      Fides fand enge Freundschaften bei ihren Mitschülerinnen. Die wenigen bürgerlichen Mädchen, schlossen sich eng zusammen. Der Alltag der Mädchen war voller Zwänge. Endlose Messen, in der kalten Kirche. Unverständliche Gebete, mehrmals am Tag.

      Im Kreis der Freundinnen von Fides, führte der ständige Druck den die Schwestern ausübten, zu einer Ablehnung von allem Religiösem. In der Mittelstufe wurden aufrührerische Schriften gegen den Katholizismus gelesen. Der Ausspruch von Karl Marx: „Religion ist das Opium für das Volk“ oder von Ludwig Feuerbach: „Gott sei lediglich eine Erfindung des Menschen“, wurde in geheimen Schlafsaalfesten diskutiert.

      Das Auffinden von kritischen Schriften gegen den Katholizismus, hätte unweigerlich zu einem Hinauswurf aus dem Internat geführt. Unter den Freundinnen von Fides, gab es Mädchen, die stolz drauf waren dieses Risiko einzugehen. Bei der Rückkehr aus den Ferien, wetteiferten die Freundinnen damit, wer das Buch mit der hitzigsten Kritik am Katholizismus mitgebracht hatte.

      Schriften, die sich gegen die sexuelle Unterdrückung der Frau richteten, wurden mit besonderer Leidenschaft diskutiert und in den Nächten mit Taschenlampen, unter der Bettdecke gelesen. Theodor Marcuses „Eros und Kultur“ war dabei der große Renner. Das Buch war für die Mädchen völlig unverständlich. Fides war damals 15 Jahre alt. Sie hatte mir erzählt, sie hätte nichts verstanden und nur so getan, als ob sie das Buch lesen würde, sie wäre aber sicher gewesen, dass es den anderen Mädchen auch so ergangen ist. Aber einige Mädchen wussten von ihren älteren Geschwistern was drin steht. Das genügte für hitzige Diskussionen. Theodor Fontanes Roman “Effi Briest“, war ebenfalls ein Hit im Freundeskreis von Fides und wanderte von Bett zu Bett. Es war ein Spiel mit dem Feuer. Auch das Buch eines gefeierten Schriftstellers, wie Theodor Fontane, war eine verbotene Lektüre, wenn darin eine untreue Frau vorkam. Auch wenn sie hart für ihre Untreue bestraft wird. Alle Mädchen waren sich einig, ein selbstbestimmtes freies Liebesleben, ohne Rücksicht auf Eltern, Freund oder Ehemann führen zu wollen. Trotz ihrer Freundschaften empfand Fides die Internatszeit als bedrohlich und fürchtete sich vor den bigotten Schwestern. Die Äbtissin war eine Prinzessin. Sie nahm die Bürgerlichen Mädchen nicht wahr. Nach dem Internat, kam Fides in eine Klosterschule, im Herzen Münchens, nur 100m vom Viktualienmarkt entfernt.

      Sie saugte alles auf, was sie an Kritik an der katholischen Kirche und auch grundsätzlich an Religionen finden konnte. Das führte sehr bald zu einer Abkehr von jeder Religion und zur Einsicht, dass es keinen Gott gibt. Sie konnte dabei ihre Erkenntnis in einem einzigen Satz zusammenfassen:

      „Wenn es einen Gott gäbe und er bei den Grausamkeiten und dem Elend, das Menschen ertragen müssen zusieht, dann wäre der Gott ein Monstrum.“

      Gleichzeitig mit ihr, hatte ihre Schwester diesen Prozess durchlaufen. Die ein Jahr ältere Schwester, war in diesem Prozess die Anführerin. Eva war die Belesenere von den beiden Schwestern. Sie konnte beißenden Spott, über alles Religiöse ausgießen.

      Nachdem Fides zur Einsicht gekommen war, dass es keinen Gott gibt, war das Thema Religion für sie erledigt. Während Eva gerne noch über die Religionen spottete, sah Fides keinen Grund mehr über das Thema zu sprechen.

      Die Abkehr, von jeder Art von Religion, war eine eigenständige Leistung der beiden Mädchen gewesen.

      Geistiger Mentor, für ihre pessimistische Ansicht über den Zustand der Menschheit und ihre Skepsis gegenüber politischen Systemen, wurde Udo, der Freund von Eva.

      Udo füllte bei beiden Mädchen die Orientierungslosigkeit, die die Religion hinterlassen hatte. Udo ließ nur Erkenntnisse aus den Naturwissenschaften gelten. Für weltanschauliche Diskussionen hatte Udo nur Spott übrig. Die Fähigkeit des Menschen zur naturwissenschaftlichen Forschung, empfand er als das einzige großartige, am ansonsten eher kümmerlichen Menschen. Für ihn war das die Welt, der er sich verschrieben hatte. Er war getrieben von einer Wissbegierde, die ihn zu einer Arbeitswut antrieb, hinter der alle anderen Bedürfnisse zurückstehen mussten.

      Seine physikalisch, medizinischen Experimente zwangen ihn oftmals dazu, weitgehend auf Schlaf zu verzichten. Er tat das, ohne auch nur die geringste Rücksichtnahme auf seinen Körper. Es gab bei Udo lange Perioden, in denen er ganz in seiner Forschung aufging. Mitunter kamen aber seine Bedürfnisse, nach Anteilnahme und Zuwendung, wie ein Vulkanausbruch zum Vorschein. Udo war dann ein mitreißender Gesprächspartner, der keine Banalitäten und keine Ungenauigkeiten durchgehen ließ. Es war dann schiere Lust seinen Gedanken zu folgen.

      Hinsichtlich


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