Vier Jahre in der Stonewall Brigade. John Overton Casler

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Vier Jahre in der Stonewall Brigade - John Overton Casler


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unter seiner Aufsicht entkommen waren und drohten ihm damit, seine Unaufmerksamkeit zu melden. Wir hatten es jede Nacht mit einem anderen Burschen zu tun und jeder von ihnen ließ uns wortlos in unsere Zelle zurückkriechen. Soldaten mussten gelegentlich auf derartige Teufeleien zurückgreifen, wenn sie der Monotonie des Lagerlebens für einige Stunden entkommen wollten.

      Am 01. September verlegten wir unser Lager etwa 15 Kilometer näher an Alexandria heran. Wir lagerten nun anderthalb Kilometer außerhalb von Fairfax Court House und mein Regiment versah Vorpostendienst auf Munson's Hill, von wo aus wir Washington sehen konnten. Wir blieben eine Woche lang auf unserem Posten und machten uns eine schöne Zeit.

      Mein Vetter Smith Casler, der im 1st Kentucky Regiment diente, besuchte mich eines Tages im Lager. Wir hatten uns seit unserer Kindheit nicht mehr gesehen und als der Krieg ausbrach, lebte Smith in Louisville, Kentucky. Ich ließ mich für einige Tage beurlauben und wir beide besuchten das Schlachtfeld von Manassas, wo ich ihn mit der Gegend vertraut machte und ihm das Gelände zeigte, auf dem wir gekämpft hatten. Wir besichtigten die Marmorsäule, die man zu Ehren von General Bee an der Stelle seines Todes errichtet hatte und wir besuchten das Henry-Haus, wo wir zufällig einen der Söhne jener alten Dame trafen, die bei der Schlacht ums Leben gekommen war. Er wohnte in Alexandria und hatte sich durch die Linien geschlichen, um sein altes Zuhause zu besuchen, welches der Krieg in eine trostlose Ruine verwandelt hatte. Er war ausgesprochen freundlich zu uns und der Tod seiner Mutter betrübte ihn noch immer sehr. Er gab uns einen kurzen Überblick über sein bisheriges Leben und appellierte an uns, den Tod seiner Mutter zu rächen. Ich schätzte sein Alter auf circa 50 Jahre und wir schieden von ihm in gedrückter Stimmung und mit feuchten Augen. Am Abend suchten wir ein nahegelegenes Haus auf, in dem wir die Nacht verbrachten.

      Am folgenden Morgen gingen wir zur Bahnstation von Manassas, bestiegen einen Zug und fuhren nach Fairfax Station, wo wir die "Hampshire Guards" des 13th Virginia besuchten. Dort blieben wir zwei Tage lang, bevor ich mich von Smith verabschiedete und wir zu unseren jeweiligen Einheiten zurückkehrten. Bei meiner Rückkehr war das Regiment schon wieder zum Vorpostendienst eingeteilt. Unser neuer Posten befand sich bei Falls Church, dicht bei den feindlichen Linien. Wir erhielten ausgesprochen strikte Anweisungen, denn die hohen Tiere rechneten mit einem Angriff der feindlichen Armee.

      Ich stand in der ersten Nacht Posten und meine Befehle lauteten, auf alles und jeden zu feuern, was vor mir ein Geräusch verursachte und sich auf den Anruf "Halt!" nicht zu erkennen gab. Ich stand noch nicht lange in der Dunkelheit herum, als ich das Geräusch von Schritten auf trockenem Laub hörte. Ich rief: "Halt!" und das Geräusch verstummte.

      "Wer geht da?"

      Keine Antwort.

      Die Schrittgeräusche setzten wieder ein und ich hatte schon meine Muskete angelegt, als ich das Grunzen eines Schweines hörte. Der Captain hatte meinen Ausruf gehört und kam aus der Reservestellung herbeigeeilt. Ich schämte mich, von einem Schwein getäuscht worden zu sein, aber er versicherte mir, ich hätte genau richtig gehandelt, da der Feind bereits einige von unseren Vorposten getötet hatte, indem er sich in der Finsternis anschlich.

      Einmal, als das 13th Virginia auf Munson's Hill nahe Alexandria Posten stand, warf das Regiment zu seinem Schutze eine kleine Erdbrustwehr auf und die Unionsvorposten taten es ihm gleich. Im ersten Kriegsjahre feuerten die Posten beider Seiten so oft aufeinander, wie sich die Gelegenheit dazu bot. Später gingen wir die Sache etwas gelassener an. Unsere Vorposten trugen alte, instandgesetzte Musketen mit glatten Läufen. Die Gewehre der Yankees hatten eine größere Reichweite und es stellte sich rasch heraus, dass unsere Geschosse die feindlichen Linien nicht erreichten, während uns die feindlichen Kugeln um die Ohren pfiffen und jedes Verlassen der Deckung zu einem aufregenden Ereignis machten. Sie wussten, dass wir ihrem Feuer nichts entgegenzusetzen hatten und nutzten die Situation nach Kräften aus, indem sie sich auf ihre Brustwehren stellten, um unseren wirkungslosen Beschuss zu provozieren.

      Lieutenant P. W. Pugh vom 62nd Virginia, der vorübergehend im 13th Virginia diente, und einem weiteren Soldaten gelang es, zwei Unionsposten gefangen zu nehmen und sich ihre weittragenden Gewehre anzueignen. Pugh schlug vor, dass wir es den Yankees nun in eigener Münze heimzahlen könnten. Als am folgenden Tage die Unionsposten wieder mit ihren Provokationen begannen, zielten Pugh und sein Kamerad sorgfältig auf zwei der ungeschützten Yankees und feuerten. Die beiden sackten zusammen und verschwanden hinter der Brustwehr. Ob sie getroffen waren oder nicht, vermochten wir nicht zu sagen, aber fürderhin behielten die Jungs in Blau ihre Köpfe unten und einer von ihnen rief herüber: "Diese Gewehre habt ihr von uns gestohlen, ihr verdammten diebischen Rebellen!" Sie wussten nun, dass wir ihnen in angemessener Weise antworten konnten und verhielten sich ruhig.

      Wir blieben erneut eine Woche lang auf unserem Posten. Wir wurden nicht angegriffen und hatten reichlich zu essen. In unserer Nähe stand ein Farmhaus, dessen Bewohner vor dem Kriege geflohen waren. Im Garten des Hauses wuchsen Kartoffeln und anderes Gemüse, das wir abernteten und seiner Bestimmung zuführten. Die umliegenden Wälder waren voll von Kastanien, die wir einsammelten, wenn wir nicht gerade Posten stehen mussten.

      Schließlich kehrten wir ins Lager zurück und wenige Tage später erreichte uns die Order, die gesamte Armee solle sich nach Centreville zurückziehen und dort Feldbefestigungen errichten. Als wir das Lager verlassen wollten, stellte sich das Problem, dass der Zaun, der unseren Lagerplatz umgeben hatte, spurlos und vollständig verschwunden war, obgleich wir strikte Anweisungen erhalten hatten, ihn nicht anzurühren. Er war aber unbestreitbar nicht mehr da und natürlich wollte es niemand gewesen sein. Colonel Cummings wusste jedoch, dass sein Regiment verantwortlich war und so schickte er uns allesamt in die Wälder, um Zaunlatten anzufertigen und einen neuen Zaun zu errichten.

      Als wir nach Centreville zurückmarschierten, kamen wir nur sehr langsam voran und mussten häufig anhalten. Einmal hielten wir dabei an jener Stelle, wo zuvor das 1st Kentucky gelagert hatte und bei seinem Aufbruch hatte dieses Regiment einige Vorräte zurückgelassen, auf welche nun ein Sergeant aufpassen musste, bis einige Wagen kommen würden, um sie abzuholen. Wir hatten noch nicht lange Halt gemacht, als wir herausfanden, dass sich unter den herumstehenden Vorräten ein Fass voller Whiskey befand. Wir standen nun vor dem Problem, den Whiskey durch das Spundloch zu bekommen, ohne dabei entdeckt zu werden, aber ein Bursche besaß einen noch unbenutzten, langen Pfeifenstiel aus Schilfrohr. Diesen hatten wir bald durch das Spundloch gesteckt und wir wechselten uns dabei ab, den Whiskey aus dem Fasse zu saugen. Diese Methode erwies sich allerdings als zu langsam für so viele durstige Kehlen und so kippten wir das Fass schließlich auf die Seite und fingen den herausfließenden Whiskey in unseren Blechtassen auf. Der alte Sergeant entdeckte uns just in jenem Moment, als wir den Befehl zum Antreten erhielten, um unseren Marsch fortzusetzen. Er tobte und fluchte und keifte uns nach, dass das 1st Kentucky unsere gesamte Brigade verdreschen würde, wenn es nur hier wäre. Doch aller Zorn half ihm nichts, denn er hatte sein Fass und wir seinen Whiskey.

Grafik 7

       Wir stehlen Whiskey vom 1st Kentucky Regiment

      Während wir bei Centreville lagerten, hielten wir eine große Parade unter den Augen von John Letcher, dem damaligen Gouverneur Virginias, ab. Er überreichte jedem Regiment aus Virginia eine wunderschöne Staatsflagge und hielt eine kurze Rede, in welcher er verkündete, dass uns ein langer und blutiger Krieg bevorstünde.

      Es war jedermann strikt verboten, Whiskey an die Soldaten zu verkaufen oder ihn auch nur in ein Lager zu bringen, doch eines Tages kam ein Hausierer in unser Lager, der etwas kühner war als seine Kollegen und einige 20-Liter-Fässer voller Whiskey in seinem Wagen versteckt hatte. Er verkaufte seine Schmuggelware unter der Hand an die Soldaten. Meine Messe (wir waren acht Kameraden) beschloss, ein Fass zu kaufen, was wir auch taten und wir schafften es unbemerkt in unser Zelt und vergruben es unter einem der Betten. Einem aus der Messe wurde der Ausschank anvertraut, doch bereits wenige Tage später erhielten wir die Order, unseren Vorposten zu beziehen und nur die Kranken des Regiments durften im Lager zurückbleiben. Wir wählten also einen Burschen aus unserer Messe aus, der sich krank stellen sollte (er hatte sein diesbezügliches Talent bereits mehrfach bewiesen), damit er vom Postendienst freigestellt würde und sich im Lager um unser Zelt kümmern könne.


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