Die Stunde, eh' du schlafen gehst. Ханс Фаллада

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Die Stunde, eh' du schlafen gehst - Ханс Фаллада


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dir ein Beispiel sagen: das Duett am Ende des zweiten Aufzuges. Du gibst doch zu, Doktor, daß es ein Duett ist?«

      »Natürlich ist es ein Duett!«

      »Und wie nennt er es? ›Mein Schlager‹ nennt er es! Seinen, des hohen Herrn Babendererde höchstpersönlichen Schlager! Als ob ich nur so mitträllerte! Und er hat’s so weit gebracht, daß niemand mehr etwas dabei findet! – Sei still, Doktor, laß mich erst ausreden! Zu Anfang, das mußt du noch wissen, haben wir beide das Duett ganz vorn an der Rampe gesungen, aber er hat so lange gebohrt, bis er jetzt allein vorne steht, und ich darf von der zweiten Kulisse aus seine Wirkung erhöhen! Ist das wahr, Doktor, oder bilde ich mir auch das nur ein?«

      »Aber Marielen!« sagte der Arzt beschwichtigend. »Du warst doch selbst mit dieser Änderung einverstanden! Du fandest doch auch, es sähe bei einem solchen Volksstück mit Gesang gar zu opernmäßig aus, wenn ihr euer Liedchen wie eine große Arie an der Rampe schmettertet! Ihr seid schließlich beide keine Sänger, ihr seid Schauspieler, die auch ein bißchen singen …«

      »Danke, Doktor!« sagte die Marielen pikiert. »Du machst mir ja heute fabelhafte Komplimente! Ja, zuerst war ich einverstanden. Ich behaupte gar nicht, so listig zu sein wie der Babendererde! Erst hinterher ist mir aufgegangen, was das ganze Gerede von der ›Großen Oper‹ sollte! Er wollte alleine vorne stehen und allen Beifall alleine einheimsen! – Aber ich sage dir, Doktor, wenn der gute Gerd schlau ist, so bin ich listig! Ich lasse mich nicht von ihm in den Hintergrund drücken! Wenn keiner meine Rechte wahrt, wahre ich sie selber! Ich spiele ihm heute einen Streich, Doktor, an den soll er noch lange denken!« Sie kicherte. »Er wird schon sehen, was er heute allein da vorn an der Rampe macht!«

      »Liebes Kind!« sagte Doktor Altpeter, jetzt ernstlich besorgt. »Du wirst doch keine Stänkerei unter Kollegen anfangen?! Du hättest alle gegen dich!«

      »Nochmals dankeschön, lieber Doktor! Du hast es wirklich nicht nötig, mich darauf aufmerksam zu machen, wie allein ich an diesem Theater stehe! Nein, mein Freund, das ist ausgemacht: heute bekommt er seinen Denkzettel! Du kannst ruhig hingehen und es ihm erzählen. Auf das, was ich vorhabe, kommt er doch nicht. Reg dich nur nicht auf, Doktor! Du bist ein schlichtes Herz, du kannst dir einfach nicht vorstellen, wie eifersüchtig Kollegen sein können!«

      »Doch, doch, ich kann’s!« ächzte der Doktor.

      »Aber einmal muß man sich zur Wehr setzen, sonst denken schließlich alle, man ist nur ein Schminklappen!«

      Noch einmal wollte Doktor Altpeter zum Guten reden, da klingelte das Telefon. Marielen nahm den Hörer.

      »Ja? – Gerade eben haben wir von dir geredet, der Altpeter und ich! Er wird dir gleich davon erzählen. Ich bereite dir einen glänzenden Abgang vor! – Nu! Nu! Nu! Die Stimmung scheint mir bei dir aber gar nicht rosig für eine letzte Vorstellung in solcher Erfolgsrolle! – Ich soll nicht schwätzen? Ich bin nur eine Frau, lieber Gerd, Frauen schwätzen immer, große Männer tun große Taten – das ist das Ei des Kolumbus. Merke dir das, Babendererde, du wirst heute abend noch an das Ei des Kolumbus denken! – Ich soll dir den Doktor schicken? Aber natürlich, sofort! Er ist schon auf dem Wege zu Euer Gnaden! Immer Ihre gehorsame Dienerin, Herr Babendererde!«

      Sie legte den Hörer auf.

      »Doktorchen!« flötete sie. »Unser großer Mime hat ein Wehwehchen und bittet dich zu sich. – Und, wie gesagt, Diskretion wird nicht verlangt …«

      »Wie giftig du sein kannst, Marielen!« sagte der Arzt, schon unter der Tür, voll Bewunderung. »Aber man muß es dir lassen: du bist wundervoll in deinem Gift! In zwanzig Jahren wirst du mit deinen bösen Schwiegermüttern einen Welterfolg haben! – Ich bitte tausendmal um Verzeihung!« rief er, denn eine Puderquaste fuhr stäubend auf ihn zu. »Ich meinte, in fünfzig Jahren, Marielen!«

      Damit entrann er; erst auf dem Gang nahm er sich die Zeit, die gröbsten Puderspuren abzuklopfen.

      · · ·

      »Höre einmal!« sagte Babendererde zu dem eintretenden Arzt.

      »Nein, höre erst du!« unterbrach ihn Doktor Altpeter. »Ich war eben bei der Marielen – sie hat mal wieder einen akuten Neidanfall, fühlt sich von dir an die Wand gespielt.«

      »Laß sie! Wie gleichgültig mir das ist! Ich bin da eben von einem Krankenhaus angerufen …«

      »Einen Augenblick noch, Gerd! Es ist diesmal nicht nur ein platonischer Anfall, sie hat ernstlich vor, dich heute abend irgendwie reinzulegen. Ich habe vergeblich versucht zu erfahren, was sie vorhat.«

      »Soll sie tun, was sie will! Das ist unheilbar bei ihr! Mach dir keine Sorgen, Doktor, ich werde schon mit ihr fertig!«

      »Paß lieber auf, Gerd! Diesmal beabsichtigt sie etwas Ernstliches. Sie scheint ihrer Sache ganz sicher zu sein.«

      Einen Augenblick dachte Babendererde nach. »Und du hast keine Ahnung, in welcher Richtung sich die Gute betätigen will?«

      Doktor Altpeter schüttelte den Kopf.

      »Dann muß man es eben abwarten. Es wird schon schiefgehen. Hoffentlich schmeiße ich nicht ganz um. Nun«, setzte er, sich selbst beruhigend, hinzu, »das ist mir ja in meinem ganzen Leben noch nicht passiert. Aber heute ist ein Unglückstag, soweit ist alles richtig. Hör jetzt zu, Doktor. Ich bin eben von einem Krankenhaus angerufen worden – da ist ein junges Mädchen eingeliefert, das heute nachmittag bei mir war …«

      »Das ist ja das erste Mal«, rief Doktor Altpeter verblüfft, »daß man so etwas von dir hört! Der Babendererde und hat was mit jungen Mädchen! Was ist denn mit ihr los, Gerd?«

      »Du bist ein Vollidiot, Doktor!« sagte Babendererde ärgerlich. »Ich weiß gar nicht, warum ich dir Trottel überhaupt etwas erzähle. Die junge Dame – es ist eine völlig einwandfreie junge Dame, mein Herr Doktor Altpeter, die ich heute nachmittag übrigens zum ersten Mal gesehen habe –, also die junge Dame hat mir und meiner Pinkpank was vorgesungen, im Treppenhaus übrigens, damit du ganz beruhigt bist!«

      »Das muß sie sehr ermutigt haben, Gerd«, sagte der Doktor maliziös.

      »Ja, ich war ziemlich gemein zu ihr«, gab der Schauspieler reuig zu. »Ich bin eben völlig hinüber mit meinen Nerven, die ewige Schlaflosigkeit …«

      »Du wolltest mir von der jungen Dame erzählen, ausnahmsweise mal nichts von dir!«

      »Richtig, sie sang vor, und sie sang nicht einmal schlecht. Aber da war so ein Etwas, als wenn sie nicht nur vorsingen wollte, sondern, als wenn sie …, ich meine, es schien speziell mir zu gelten …, du verstehst doch, Doktor?«

      »Ich verstehe schon! Und weil das arme Huhn das Unglück gehabt hat, sich in dich zu verlieben, warst du grob mit ihr?«

      »Ja, ich fürchte, ich war ziemlich gemein. Sie ist noch blutjung und noch dazu aus der Provinz. Jedenfalls ist sie unseren etwas rauhen Ton nicht gewöhnt gewesen. Kurz und gut, eben erfahre ich, das Mädchen ist auf dem Wege von mir in einen Autobus gedammelt – ich hoffe, aus reiner Versunkenheit, nicht aus Absicht …«

      »Peinlich!« sagte der Arzt und schob die Unterlippe nachdenklich vor. »Äußerst peinlich! – Ist sie schlimm verletzt?«

      »Wie der Arzt mir eben sagte, so gut wie gar nicht. Der Wagen hat sie anscheinend nur zur Seite gestoßen. Ein paar Hautabschürfungen, ein etwas heftiger Fall …«

      »Da hast du aber Glück gehabt, Gerd! Du bist manchmal nämlich reichlich rauh, wenn es um die Sicherung deiner heiligen Arbeit geht. Du solltest dann und wann auch an die Gefühle deiner Mitmenschen denken!«

      »Ich weiß, Doktor, ich bin ein großer Egoist, ich bin gar nicht besser als die Marielen. Ich bin aber nicht so gewesen, ich bin erst so geworden. Aber sag selbst, muß man nicht so werden?! Wenn ich nur auf den zehnten Teil von all den Anliegen einginge, ich hätte nicht eine Minute frei für die Arbeit! – Die Leute scheinen zu denken, so ein Schauspieler geht einfach auf die Bühne und spielt los …«

      »Du wolltest mir von dem jungen Mädchen erzählen«, unterbrach ihn


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