Zwischen meinen Inseln. Ole R. Börgdahl

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Zwischen meinen Inseln - Ole R. Börgdahl


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Tom beschäftigt. Sie spielt mit ihm, geht mit ihm in den Park und sie übt mit ihm sogar an der Schiefertafel. Sie kocht auch für uns. Ich brauche mich um nichts zu kümmern. Es kann nicht ewig so gehen, und in ein paar Wochen habe ich ja hoffentlich wieder mehr Zeit.

      Brisbane, 3. Juli 1916

      Ich habe von Olga ein paar Sätze russisch gelernt. Es interessiert mich einfach. Es ist gar nicht so schwer auszusprechen. Dann hat sie mir allerdings etwas in den russischen Buchstaben aufgeschrieben. Es sind ganz andere Lettern, es nennt sich Kyrillisch, und da wurde die Sache schon komplizierter. Es erinnerte mich ein wenig an die griechischen Buchstaben. Ich muss Olga jetzt bewundern, denn sie beherrscht sowohl das lateinische, als auch das kyrillische Alphabet. Ich möchte mir später unbedingt ein paar russische Redewendungen einprägen.

      Brisbane, 20. Juli 1916

      Vater hat mir aus Darwin einige holländische Zeitungen besorgt. Es ist eine schöne Abwechslung, weil ich bisher nur Bücher auf Holländisch gelesen habe, vor allem Romane. Die Sprache in der Zeitung ist natürlich ganz anders und es ist eine sehr gute Prüfungsvorbereitung.

      Brisbane, 2. August 1916

      Seit Montag habe ich nicht gelernt. Vater wollte diese Pause und ich darf auch vor Freitag nicht mehr an meine Bücher denken. Ich habe jetzt jeden Tag lange ausgeschlafen, wir waren mit Tom am Meer, im Park. Ich war auch alleine einkaufen, ich habe alles getan, um nicht ans Lernen zu denken. Ich habe morgen noch frei und dann darf ich mich wieder hineinstürzen.

      Brisbane, 14. August 1916

      Ich habe mich heute mit meinen Kommilitonen getroffen. Sie fiebern wie ich den Prüfungen entgegen. Es war sehr gut, mit einigen Leidensgefährten zu sprechen. Wir sind natürlich gleich auf den Lernstoff gekommen und darauf, wie jeder lernt. Ich habe festgestellt, dass ich schon sehr fleißig war. Ich habe dann auch nicht weiter über mein wöchentliches Pensum gesprochen. Vielleicht war es später dann doch zu viel und es schadet mir am Ende mehr als es genutzt hat.

      Brisbane, 20. August 1916

      An diesem Sonntag wurde ich verwöhnt. Ich habe lange geschlafen, mir wurde das Frühstück gemacht und später auch ein schönes Mittagessen. Mrs. Lovergrove ist abends gekommen und hat auf Tom aufgepasst, während Vater mich ins Kino eingeladen hat. Wir sind mit Bedacht etwas später gegangen, um die Nachrichtenfilme nicht sehen zu müssen. Ich wollte heute Abend nur fröhliche Dinge anschauen. Es lief dann auch ein lustiger Film, mit Wettrennen, Tortenschlachten und komischen Verwechselungen. Ich habe das heute Abend gebraucht, denn morgen früh um acht sitze ich in einem Klassenzimmer und schreibe an meiner ersten Prüfung.

      Brisbane, 23. August 1916

      Ich bin guter Dinge. Die schriftlichen Prüfungen liegen hinter mir. Das Mündliche wurde noch kurzfristig von heute auf morgen verschoben, was auch ganz gut ist. Ich muss durchschnaufen, kurz meine Kräfte sammeln, aber ich darf meine Hochform nicht verlieren, meine Spannung. Bis morgen wird es halten und dann werde ich auch die letzte Hürde genommen haben.

      Brisbane, 6. September 1916

      Vater und ich haben wieder einmal über die Landkarten geschaut. Wir haben uns die Orte angesehen, an denen Australier und natürlich auch Neuseeländer kämpfen, in Frankreich und in Palästina. Schon lange sind die Kämpfe auf Neuguinea vorüber. In Ozeanien haben wir die Deutschen schon besiegt, es wird Zeit, dass die Alliierten jetzt auch in Europa gewinnen und den Krieg beenden.

      Brisbane, 23. September 1916

      Ich habe einen Brief vom College erhalten, es war ganz spannend. Ich habe die Prüfungen bestanden, alle. In wenigen Tagen gibt es die Zeugnisse, dann stehen auch die Zensuren fest. Mit der Urkunde kann ich dann auch offiziell als Übersetzerin arbeiten. Zu einer richtigen Dolmetscherin, die auch im Staatsdienst arbeiten kann, fehlen mir allerdings noch ein paar weitere Prüfungen, aber ich hatte mich ja ohnehin nicht für diesen Beruf entschieden.

      Brisbane, 6. Oktober 1916

      Ich möchte jetzt gerne mit meinem Beruf Geld verdienen. Bisher habe ich ja eigentlich nur ein Taschengeld bekommen, für die Übersetzungen, die ich für die Anwaltskanzlei gemacht habe. Ich muss wohl auch meine Preise erhöhen, zumindest ein wenig, denn ich bin jetzt ja eine geprüfte Übersetzerin. Einige meiner Kommilitonen haben Anzeigen aufgegeben und ihre Dienste angeboten. Vater meinte aber, die beste Werbung sei die Empfehlung, nur dazu muss ich erst einmal jemanden haben, der mich weiterempfiehlt. Ich werde wohl doch auch eine Anzeige aufgeben.

      Brisbane, 18. Oktober 1916

      Heute gab es endlich die Zeugnisse und damit auch die Prüfungsnoten. In Französisch und Englisch habe ich in allen Kategorien ein »A« bekommen, alles andere wäre auch eine Enttäuschung gewesen. Ich will es abkürzen, in Spanisch gerade noch ein »A«, in Portugiesisch leider nur ein »B« und in Holländisch gerade noch ein »B«, aber auch nur, weil ich mich in der Prüfung ans Dolmetschen gewagt habe und es recht gut hinbekommen habe. Eine Gesamtnote habe ich nicht bekommen, weil die einzelnen Sprachen für sich stehen. Ich bin jedenfalls zufrieden und überglücklich.

      Brisbane, 3. November 1916

      Vater nimmt seinen Wanderstock auf jede Reise mit und er muss oft erzählen, woher er ihn bekommen hat, denn die Leute bewundern das gute Stück. Vater erklärt dann immer, dass es polynesische Handwerkskunst sei, dass die Verzierungen ihre Bedeutung haben und Vater erfindet auch kleine Geschichten und flunkert und amüsiert seine Zuhörer damit. Der Wanderstock glänzt noch, als wäre er eben erst gefertigt worden. Es gibt keinen Kratzer auf dem Schaft und auch kaum irgendwelche Gebrauchsspuren. Ich weiß, aus welchem Holz Onoo den Stock gemacht hat und dass er über dem Feuer extra gehärtet wurde. Er hat ihn versiegelt, ein Verfahren, das er von seinen Ahnen gelernt hat, zumindest tat Onoo damals sehr geheimnisvoll und es bestätigt sich ja auch. Vater wollte schon längst seine Initialen und die Jahreszahl in den Schaft des Stockes einsetzen lassen. Er ist jetzt zu einem Graveur gegangen, der sich über den ungewöhnlichen Auftrag gewundert hat. Es war wohl nicht so einfach, aber der Graveur hat schließlich doch gute Arbeit geleistet. Die Buchstaben »V.A.J.« und die Jahreszahl »1911« wurden unterhalb des Griffes in den Schaft eingraviert. Es waren die größten Buchstaben und Ziffern, die der Graveur aufzubieten hatte. Es soll Vater immer daran erinnern, wann er den Wanderstock von Onoo geschenkt bekommen hat. Mich erinnert das Jahr an etwas anderes.

      Brisbane, 19. November 1916

      Ich habe lange nach meinem Anhänger gesucht, den mit Onoos Perle darin. Ich trage ihn schon länger nicht mehr, aber ich stecke ihn mir immer ins Kleid, wenn ich das Haus verlasse. Die übrige Zeit liegt er dann auf meinem Nachttisch. Der Anhänger war aber weder im Kleid noch im Mantel. Ich habe ihn nirgends gefunden, nicht hinter dem Nachttisch, und auch nicht zwischen meinen Kleidern, am Boden des Schrankes, nirgends. Vater meinte dann, ich solle alle Möbel abrücken und das nicht nur in meinem Zimmer. Hinter der Garderobe habe ich ihn dann auch tatsächlich gefunden. Ich habe sofort nach der Kette gesucht, die zum Glück gut verwahrt in meinem Schmuckkästchen lag. Ich habe den Anhänger wieder aufgezogen und nun trage ich meine Perle ständig bei mir. Tom kam dazu und er hat mich das erste Mal gefragt, was das für ein Anhänger sei. Ich habe ihm dann die Perle seines Vaters gezeigt. Er hat sie mit seinem kleinen Zeigefinger berührt. Ich werde Tom von seinem Vater erzählen, nicht heute und auch nicht morgen, aber ich werde es machen.

      Brisbane, 12. Dezember 1916

      In den letzten Wochen habe ich mich mit der Schule im Bundesstaat Queensland beschäftigt. Es entspricht eigentlich dem englischen Schulsystem, welches ich natürlich auch nicht kenne. Ich kenne nur das Lycée de Tahiti, das dort von der katholischen Mission


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